Fifa-Präsident Infantino verrät, wen er im Achtelfinal unterstützt
«Ich weiss, wem ich bei Schweiz gegen Italien die Daumen drücke»

Gianni Infantino ist als Sohn italienischer Einwanderer im Wallis geboren und aufgewachsen. Im Blick schreibt der Fifa-Präsident exklusiv, wie ihn das Duell seiner beiden Fussball-Länder berührt – und wem er die Daumen drückt.
Publiziert: 28.06.2024 um 01:06 Uhr
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Aktualisiert: 28.06.2024 um 08:27 Uhr
Gianni Infantino*

Im Berliner Olympiastadion, dem Ort, an dem auch das Finale der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2006 stattfand, betreten Italien und die Schweiz schon bald den Rasen. Ich werde natürlich das Spiel mit einer ganz besonderen Aufmerksamkeit verfolgen.

Ich bin Italiener. Ich bin Schweizer. Ich bin Fifa-Präsident. Aber ich bin vor allem eines: ein leidenschaftlicher Fussballfan.

Wenn ich an Schweiz-Italien denke, wandern meine Gedanken sofort zurück in die achtziger Jahre, genauer gesagt, in den November 1984, als ich mein erstes Spiel zwischen der Schweiz und Italien als Zuschauer miterleben durfte. Es war ein Freundschaftsspiel auf der Pontaise in Lausanne. Ich war damals 14 Jahre alt und bereits grenzenlos in den Fussball verliebt.

Hat Gianni Infantino schwer beeindruckt: Das Länderspiel Schweiz – Italien 1984 auf der Lausanner Pontaise (hier Bregy im Zweikampf mit Bagni, r.)
Foto: Blick
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Ich erinnere mich an viele Details von diesem Tag vor fast vierzig Jahren. Der Verlauf in einer etwas willkürlichen Reihenfolge: zunächst die Fahnen und die Farben in einem für mich wunderschönen Stadion. Unsere Fan-Gruppe aus dem Oberwallis. Antonio Cabrini, der für Italien ein Tor schiesst, der von allen geliebte Paolo Rossi in der Startformation, zusammen mit meinem Idol Spillo Altobelli. Für die Schweiz spielte der Walliser Alain Geiger als Libero und es traf – natürlich – Georges Bregy per Freistoss. Bregy und ich kommen aus dem gleichen Ort: dem fantastischen Oberwallis, ich aus Brig, er aus Raron. Wobei ich neidlos zugeben muss, dass er weitaus besser spielen konnte als ich.

Das Spiel endete 1:1. Ich verliess das Stadion ziemlich zufrieden. Wir gingen dann schnell zum Bahnhof, um den letzten Zug nach Hause zu erwischen. Aber offensichtlich waren wir nicht die Einzigen, die zurückmussten. Direkt vor dem Bahnhof von Lausanne, beim Fussgängerstreifen, trafen ich und meine Kollegen nämlich auf Paul Wolfisberg. Ja, den Schweizer Nationaltrainer. Höchstpersönlich. In unserer Gruppe waren wir schon damals nicht wirklich schüchtern. Wir gingen also auf ihn zu und begannen, über das Spiel zu sprechen.

«Jungs, ich muss euch unterbrechen, denn ich möchte euch etwas sagen.» Wir starrten ihn mit grosser Neugier an, mussten aber nicht lange auf den Rest seiner Rede warten.

«Also, Jungs, wenn ich den Rossi und den Altobelli gehabt hätte, hätte die Schweiz sicherlich gewonnen», sagte er mit einem Zwinkern. Vielleicht, weil wir alle das Trikot der Azzurri trugen. Oder vielleicht, weil wir ihn gerade im Schweizerdeutschen (oder genauer gesagt Oberwalliser) Dialekt angesprochen hatten. Aber wenn ich jetzt im Nachhinein darüber nachdenke, war er sicherlich mehr amüsiert als verwirrt.

Damals standen übrigens auch Beppe Bergomi und Antonio Di Gennaro für Italien auf dem Platz, die das EM-Spiel für das italienische Fernsehen kommentieren werden. Für das Schweizer Fernsehen sind jüngere Jahrgänge am Werk.

Ich habe seitdem im Laufe der Jahre viele Spiele zwischen Italien und der Schweiz gesehen. Immer mit einem besonderen Kribbeln. Für das bevorstehende Spiel bin ich jedoch relativ gelassen. Ich weiss, wem ich die Daumen drücke: Ich mache diesmal meinem guten Freund Pierluigi Collina eine Freude, und werde für den Schiedsrichter sein.

Weil ich Fifa-Präsident bin. Weil ich Italiener bin. Weil ich Schweizer bin. Aber vor allem, weil ich ein leidenschaftlicher Fussballfan bin.

*Gianni Infantino (54) ist seit 2016 Fifa-Präsident. Seine Eltern stammen aus Kalabrien und der Lombardei, geboren und aufgewachsen ist er im Wallis.  

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