Verständlicherweise leckt Spanien nach dem dramatischen Ausscheiden im Penaltyschiessen im EM-Halbfinal gegen Italien seine Wunden. Der Einzug ins Endspiel war doch so nah!
Einer, der die Pleite zumindest kurz nach Schlusspfiff, nicht verdaut hat, ist Ex-Spanien-Verteidiger Gerard Piqué. Der Barça-Star twittert kurz nach dem entscheidenden Jorginho-Elfmeter seinen Unmut und wettert gegen den Modus.
«Es ist kein Zufall, dass in den vier letzten Penalty-Shootouts an der Euro und der Copa America immer jene Mannschaft gewann, die zuerst schiessen durfte», schreibt Piqué. «Statistiken zeigen, dass der Erste mehr Optionen hat. In einem Turnier wie diesem ist das für mich unfair. So gibts trotz Unentschieden ein Nachteil für das eine Team.»
- 28. Juni: Frankreich gegen Schweiz, EM-Achtelfinal. Die Schweiz schiesst zuerst und kommt weiter.
- 01. Juli: Peru gegen Paraguay, Copa-Viertelfinal. Paraguay schiesst zuerst, aber Peru kommt weiter.
- 02. Juli: Schweiz gegen Spanien, EM-Viertelfinal. Spanien schiesst zuerst und kommt weiter.
- 03. Juli: Uruguay gegen Kolumbien, Copa-Viertelfinal. Kolumbien schiesst zuerst und kommt weiter.
So weit so gut. Piqués Aussage stimmt also nicht ganz. Die Tendenz ist aber ersichtlich. Tatsächlich gewinnt jene Mannschaft, die zuerst schiessen darf, laut Statistik zu 60 Prozent. Psychologie-Fachleute erklären das mit dem erhöhten Druck, den der zweite Schütze verspüre, weil er bereits die Konsequenzen eines möglichen Fehlschusses kenne. Das könne zu einer Überbelastung durch Stress führen.
Eishockey-Variante oder ABBA?
Welche Alternativen gäbe es denn, damit es «fairer» werden würde? Ex-Fifa-Boss Sepp Blatter hat in der Vergangenheit vorgeschlagen, ein Penaltyschiessen analog zum Eishockey einzuführen. Jeder Spieler läuft vom Mittelpunkt aus los und muss innert sieben Sekunden abschliessen. So die Idee. Dieses Format gab es übrigens in der nordamerikanischen MLS während den 90er-Jahren, hat sich allerdings nicht nachhaltig durchgesetzt.
Eine andere Variante, die immer wieder diskutiert wird, ist, dass die Reihenfolge ändert. Aktuell wird abwechslungsweise angetreten. Also: A, B, A, B, A, … etc. Ein Vorschlag lautet, die Schützen im Format A, B, B, A, A, B, … etc. schiessen zu lassen. Ob das mehr Fairness bringen würde, ist fraglich. Der von Psychologen benannte Druck des Zweitschiessenden wäre damit nicht immer beim gleichen Team …
Zurück zu Piqué. Klar, so ein Ausscheiden ist und bleibt bitter. Aber, lieber Gerard, wir Schweizer haben uns nach dem Ausscheiden gegen deine Spanier, die zuerst schiessen durften, auch nicht beschwert … (leo)