Schweizer Nati hat das Achtelfinal-Ticket in der Tasche!
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Endlich Klarheit:Schweizer Nati hat das Achtelfinal-Ticket in der Tasche!

Vladimir Petkovic im Interview
«So hole ich mir Kraft während der EM»

Vier Wochen ist die Nati nun zusammen in der Blase. Trainer Vladimir Petkovic (57) erklärt im Blick-Interview, wie er sich als Mensch pflegt – und warum es manchmal gut ist, sich einen Tag nicht zu sehen.
Publiziert: 23.06.2021 um 01:34 Uhr
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Aktualisiert: 23.06.2021 um 09:39 Uhr
Interview: Andreas Böni aus Rom

Die Sonne knallt runter in Rom, es sind über 30 Grad und Trainer Vladimir Petkovic wirkt auf dem Trainingsplatz entspannt. Er weiss: Die Nati hat das Minimalziel EM-Achtelfinal erreicht. Nun kommt zwar mit Frankreich, Deutschland, Portugal oder Belgien ein dicker Brocken – doch damit fällt auch der Druck. Weil ein Ausscheiden nicht so enttäuschend wie jene an der EM 2016 gegen Polen (5:6 nach Elfmeterschiessen) oder an der WM 2018 gegen Schweden (0:1) wäre.

Doch wie tankt der Nati-Coach Kraft? Mit Blick hat er im Mai darüber gesprochen und gestern seine Aussagen aktualisiert.

Vladimir Petkovic, wie funktionieren Sie als Mensch während des Turniers?
Vladimir Petkovic:
Ich bin einer, der sehr stark versucht, eine gute Balance zwischen Arbeit und Erholung zu haben. Es ist in diesen langen Turnier-Abschnitten wichtig, sich als Mensch zu pflegen. Und sich auch mal innerhalb der Gruppe zu distanzieren, sich so selbst Erholungsphasen zu erlauben und auch mal für sich zu sein.

Vladimir Petkovic erzählt im Blick-Interview, wie er sich während der anstrengenden Turnier-Phase Kraft holt.
Foto: TOTO MARTI
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Wie machen Sie das?
Mal sitze ich einfach auf dem Balkon. Mal lese ich die News auf dem Ipad oder schaue Fernsehen. Oder, wenn ich Gesellschaft will, spiele ich nach dem Essen mal Tischtennis. Ich muss immer spüren, was ich brauche.

Verzichten Sie auf Alkohol während des Turniers?
Nein. Wir haben jeweils eine Flasche Wein auf dem Tisch für den Staff. So kann jeder, der will, ein oder zwei Gläser trinken. Aber natürlich nicht die Spieler.

Schauen Sie Netflix?
Bisher nicht. Aber meine Tochter hat mir das installiert. Auf diesen vielen und langen Reisen, die wir machen mussten, habe ich nun einige Filme geschaut.

Mit Ihrer Frau sprechen Sie in dieser Zeit? Oder schotten Sie sich auch da ab?
Ich hoffe, Sie spricht mit mir… (lacht) Nein, natürlich reden wir oft, wir sind ja 34 Jahre verheiratet.

Über Fussball?
Eher weniger. Ich schicke ihr ja nicht die Video-Aufnahmen vom Training, damit sie mir die Aufstellung macht… (lacht). Im Ernst jetzt: Wir reden darüber, was sie den ganzen Tag gemacht hat, wie es bei uns läuft, was uns bewegt, was es neues gibt.

Hoffen wir, dass es bei diesem Turnier keinen neuen Doppeladler-Fall gibt…
Wir hatten die eine und andere Nebensächlichkeit, welche Polemiken ausgelöst haben. Aber wir haben das intern rasch geklärt und sind dabei immer in Aktion geblieben. Wir haben beeinflusst, was wir konnten und sind schliesslich mit positiven Energien rausgekommen.

Was machen Sie anders als an ihren ersten beiden Turnier 2016 an der EM in Frankreich und 2018 an der WM in Russland?
Es ist dieses Mal anders, weil man keinen richtigen Stamm-Ort hat. Man hat immer wieder andere Reize. Ich denke, das kann ein Vorteil sein. Das ist eben das, was ich zu Beginn sagte: Diese Abwechslung zwischen Arbeit und Erholung muss sich die Waage halten, das ist ganz wichtig. Auch mal Distanz zu halten, dass man sich wieder vermisst. Es ist auch gut, mal einen Tag den Trainer nicht zu sehen.

Ja, aber der Ausgleich ist schon schwierig, wenn man weder die Familie sehen darf noch raus kann.
Aber man kann es zum Beispiel für Video-Gespräche mit den Angehörigen nutzen. Und sie müssen Zeit haben, sich zu pflegen.

Wie muss man sich den Kontakt mit den Spielern vorstellen?
Ich muss es spüren, wann ein Einzelgespräch oder ein Teamgespräch nötig ist. Aus dem Bauch heraus. Ich höre ganz gerne und ganz oft Meinungen, die ich dann für mich einordne. Von Spielern, vom Staff. Und manchmal spüre ich auch, dass es jetzt besser ist, wenn einer aus meinem Führungsteam mit einem Spieler spricht. Die Abläufe sind bei uns schon ganz gut drin.

Wie läuft Ihre Spielvorbereitung ab mit Videostudium und Mannschaftssitzung?
Meist kommt unser Video-Analyst Vincent Cavin mit einer Video-Analyse von ihm und von Assistenztrainer Manicone mit einem ersten Entwurf von 14 bis 18 Minuten über den Gegner zu mir. Ein Prozess der bereits einige Wochen vorher gestartet war. Wir kürzen es dann auf zehn Minuten zusammen. Am Tag vor der Partie zeigen wir es am Abend den Spielern und analysieren den Gegner. Und nach dem Spiel bekommt jeder Spieler seine Daten, jede Ballberührung. Und das ganze Spiel, wenn er will. Aber manchmal ist es auch wichtig, sich einfach nur zu erholen nach einem Spiel und Kopf freizubekommen. Und wir sind gerüstet um für den Achtelfinal den gleichen Prozess durchzuführen

Vor dem Türkei-Spiel hätten Sie ja Marco Streller oder Alex Frei einladen und über die WM-Playoffs 2005 reden können...
Alles ein bisschen schwierig im Moment mit der Blase, in der wir leben müssen… Wir dürfen nicht raus und niemand darf rein. Aber es gibt ja auch Video-Messages für die Motivation, einmal sprach Hockey-Trainer Patrick Fischer zu uns. Mit der richtigen Mischung zwischen Erholung und Arbeit tun wir alles, um für den Achtelfinal bereit zu sein.

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