Fussball-Mythen auf dem Prüfstand
Kehren neue Besen wirklich gut? Und gleichen sich Glück und Pech aus?

Der Fussball ist voll von Mythen. Doch halten diese auch der Realität stand? BLICK hat Statistiken gewälzt und liefert dadurch spannende Antworten.
Publiziert: 04.05.2020 um 16:01 Uhr
Kommts zum Elfmeterschiessen, versagen die Engländer regelmässig. So auch Frank Lampard 2006 gegen Portugal. Er scheiterte an Goalie Ricardo.
Foto: AP
1/8
Daniel Leu

Der Mythos: Engländer können keine Penaltys schiessen!

Klammern wir das Elfmeterschiessen erst einmal aus. An den letzten sechs Fussball-Weltmeisterschaften gab es aus dem Spiel heraus 104 Penaltys, verteilt auf 45 verschiedene Nationen. 81,7 Prozent davon wurden versenkt. Und die Engländer? Die haben alle fünf Strafstösse verwandelt. Mit anderen Worten: 100 Prozent!

Die nervenstarken Schützen
1998: Alan Shearer (Achtelfinal Argentinien)
2002: David Beckham (Vorrunde Argentinien)
2018: Harry Kane (Vorrunde Panama)
2018: Harry Kane (Vorrunde Panama)
2018: Harry Kane (Achtelfinal Kolumbien)

Müssen die Engländer aber ins Elfmeterschiessen, siehts tatsächlich düster aus. Bislang war in der Geschichte der WM 27-mal ein Penaltyschiessen nötig. Dabei wurden 279 Elfer getreten. 196 wurden verwandelt. Das entspricht einer Trefferquote von 70,3 Prozent.

Und die Engländer? Sie mussten viermal zu einem Penaltyschiessen antreten, und hatten bei 19 Versuchen gleich 8 Fehlschüsse zu verzeichnen. Ihre Trefferquote? Bei schwachen 57,9 Prozent.

Die nervenschwachen Schützen
1990: Stuart Pearce (Halbfinal Deutschland)
1990: Chris Waddle (Halbfinal Deutschland)
1998: Paul Ince (Achtelfinal Argentinien)
1998: David Batty (Achtelfinal Argentinien)
2006: Frank Lampard (Viertelfinal Portugal)
2006: Steven Gerrard (Viertelfinal Portugal)
2006: Jamie Carragher (Viertelfinal Portugal)
2018: Jordan Henderson (Achtelfinal Kolumbien)

Ganz anders übrigens Belgien, Südkorea und Paraguay. Sie haben bislang all ihre Strafstösse verwandelt. Auf dem letzten Platz – Sie ahnen es – die Schweiz mit 0 Prozent. In Worten: null!

Die Antwort: Erhalten die Engländer während des Spiels einen Elfmeter zugesprochen, sind sie treffsicher. Geht es aber ins Penaltyschiessen, beginnen ihre Nerven tatsächlich zu flattern und sie verschiessen häufig.

Der Mythos: Glück und Pech gleichen sich in einer Saison wieder aus!

Wie lassen sich im Fussball Glück und Pech objektiv bestimmen? Eine Möglichkeit ist es, die Pfosten- und Lattenschüsse eines Teams zu zählen. Wie oft traf man selbst nur die Torumrandung? Und wie oft profitierte man davon, dass dies dem Gegner passierte?

Wir haben sämtliche 126 Torumrandungstreffer der letzten Super-League-Saison analysiert. Der grösste Profiteur war Sion. Sie selbst trafen nur 9-mal das Gehäuse, profitierten aber gleich 18-mal davon. Der grösste Pechvogel war – neben St. Gallen – Meister YB: 14 Pfosten- und Lattenschüsse zuungunsten der Berner, aber nur 7 zugunsten.

Dass sich Glück und Pech in einer Saison aber tatsächlich ausgleichen können, zeigt das Beispiel des FC Thun. Nach Halbzeit der Saison hatten die Berner Oberländer eine Minus-8-Bilanz (2-mal Glück, 10-mal Pech). Doch am Ende der Spielzeit war es beinahe ausgeglichen 13:14.

Die Glücksrangliste
1. Sion + 9
2. Lugano + 8
3. GC + 7
4. Luzern + 1
5. Thun - 1
6. Xamax - 2
7. Basel - 2
8. Zürich - 6
9. St. Gallen - 7
YB - 7

Die Antwort: Glück und Pech gleichen sich – zumindest was die Anzahl der Pfosten- und Lattentreffer betrifft – während einer Saison nicht aus.

Der Mythos: Neue Besen kehren gut!

Der Erfolg bleibt aus, also muss der Trainer entlassen und ein neuer her, denn es heisst ja bekanntlich: Neue Besen kehren gut. Doch stimmt das auch? Wir haben die letzten drei Trainerentlassungen pro aktuellen Super-League-Klub untersucht. Berücksichtigt wurden dabei nur Coaches, die mindestens zehn Liga-Spiele am Seitenrand gestanden haben.

Trainer, die entlassen wurden, holten im Schnitt in den letzten zehn Spielen vor ihrem Rauswurf 1,2 Punkte. Die neuen nach ihrer Benennung in den ersten zehn Spielen 1,6 Punkte. Also ein Plus von 0,4 Punkte!

Dass ein Trainerwechsel manchmal nur sehr kurzfristig etwas bringen kann, zeigt das Beispiel Uli Forte. Als er 2013 den Job bei YB übernahm, hatte sei Vorgänger Bernard Challandes in den zehn Spielen zuvor einen Punkteschnitt von 1,1. Unter Forte ging es steil bergauf. In den ersten fünf Spielen holte er das Maximum von 3 Punkten im Schnitt. In den nächsten fünf Spielen aber nur noch 0,2 Punkte.

Beim FCZ aber war Forte erfolgreich. Er holte in seinen ersten zehn Spielen 1,5 Punkte mehr im Schnitt als sein Vorgänger. Wohl auch, weil sieben Partien davon Challenge-League-Spiele waren.

Die besten neuen Besen
1. Uli Forte (Zürich) + 1,5
2. Stéphane Henchoz (Xamax) + 1,1
2. Giorgio Contini (St. Gallen) + 1,1
2. Peter Zeidler (St. Gallen) + 1,1
5. Jeff Saibene (Thun) + 1,0
5. Gerardo Seoane (Luzen) + 1,0

Die schlechtesten neuen Besen
1. Marc Schneider (Thun) - 0,7
2. Joël Magnin (Xamax) - 0,6
3. René Weiler (Luzern) - 0,5
4. Bojan Dimic (Servette) - 0,4
5. Sami Hyppiä (Zürich) - 0,3
5. Ludovic Magnin (Zürich) - 0,3
5. Fabio Celestini (Lugano) - 0,3

Die Antwort: Ja, neue Besen kehren tatsächlich gut. Je länger man aber an ihnen festhält, desto mehr verpufft der Effekt.

Der Mythos: Der Gefoulte soll nicht selber zum Penalty antreten!

Auch hier haben wir die letzte Super-League-Saison als Grundlage genommen. Insgesamt gab es 55 Elfmeter. 11-mal trat der Gefoulte selbst an, 7 davon verwandelte er. Dies entspricht einer Erfolgsquote von 63,6 Prozent. In den anderen 44 Fällen trat ein Nichtbetroffener an. Hier liegt die Erfolgsquote bei 65,9 Prozent.

Das Spezielle daran: Die ersten sieben Gefoulten, die selber anliefen, verwandelten alle. Die letzten vier Gefoulten, versagten alle.

Die gefoulten Schützen, die trafen
Pascal Schürpf (Luzern, 3. Spieltag)
Assan Ceesay (Lugano, 4. Spieltag)
Raphaël Nuzzolo (Xamax, 6. Spieltag)
Miralem Sulejmani (YB, 9. Spieltag)
Raphael Holzhauser (GC, 10. Spieltag)
Benjamin Kololli (Zürich, 11. Spieltag)
Roberto Rodriguez (Zürich, 11. Spieltag)

Die gefoulten Schützen, die versagten
Dejan Sorgic (Thun, 22. Spieltag)
Roger Assalé (YB, 24. Spieltag)
Shkelqim Demhasaj (Luzern, 33. Spieltag)
Tranquillo Barnetta (St. Gallen, 36. Spieltag)

Die Antwort: Der statistische Unterschied ist äusserst gering. Es spielt demnach keine Rolle, ob der Gefoulte selber zum Elfmeter anläuft oder eben nicht.


Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?