Riesige Euphorie im Kosovo: Die Fans legen grosse Hoffnungen in ihre junge Nationalmannschaft.
Foto: Petrit Rrahmani
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Heute historischer Fussball-Abend
Wie die Kosovo-Nati ein ganzes Land in ihren Bann zieht

Am Montag startet Kosovo in die erste EM-Quali seiner Verbandsgeschichte. Wie die junge Nationalmannschaft ein ganzes Land in ihren Bann zieht.
Publiziert: 25.03.2019 um 16:55 Uhr
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Aktualisiert: 27.03.2019 um 10:33 Uhr
«Auch viele Spieler der Schweizer Nati sind auf Weltklasse-Niveau»
3:42
Kryeziu analysiert Dänemark:«Viele Spieler der Nati sind auf Weltklasse-Niveau»
Von Matthias Dubach (Text) und Petrit Rrahmani (Fotos) aus Pristina

So richtig glauben können sie es eigentlich noch immer nicht. Die EM-Quali startet – und Kosovo ist erstmals mit dabei. Vedat Bajrami sitzt im Hinterzimmer eines Restaurants in Pristina, zieht an einer Zigarette und strahlt. Dann sagt der im ganzen albanischsprachigen Raum bekannte Comedy-Schauspieler: «Unser Volk hat den Fussball schon immer geliebt. Wir sind unglaublich stolz, eine eigene Nati zu haben.»

Dieser Stolz ist bei jedem Treffen greifbar, als BLICK in Pristina rund ums Testspiel gegen den Schweizer EM-Quali-Gegner Dänemark die Menschen hinter der riesigen Fussball-Euphorie trifft. 

«Grossgezogen vom Krieg. Stärker als die Furcht»

Da ist Bajrami, der mit anderen Promis aktiv im Nati-Fanklub Dardanet mitarbeitet. Der emotionale Nati-Slogan «Raised by war. Stronger than fear» («Grossgezogen vom Krieg. Stärker als die Furcht») stammt aus der Feder dieser bekannten Show-Grössen.

Da ist Afrim Toverlani. Er steht mitten in einer lärmigen, überfüllten Bar in der Innenstadt, trinkt ein Bier und sagt, er habe kurz zuvor gerade eine Stunde lang am Fernsehen debattiert. Worum ging es in der TV-Show? «Natürlich um Fussball!», antwortet Toverlani, beim FC Pristina Rekord-Titelsammler als Spieler und Trainer. «Die Nati hat alles verändert. Die Leute haben zu oft gute Spieler gesehen, die nie eine Chance bekommen haben, sich international zu zeigen. Deshalb sind die Leute jetzt so euphorisch.» Er selber hatte die Chance nie. Seine Trainerlizenzen machte Toverlani im Exil in Bosnien und Skopje.

Früher mit der Schweiz mitgefiebert

Am Tag des Dänen-Spiels kommt er zum neuen Fadil-Vokrri-Stadion. Das Symbol des Kosovo-Fussballs trägt den Namen der verstorbenen Stürmer-Legende. Toverlani: «Früher haben wir mit anderen Teams wie Albanien oder Schweiz mitgefiebert. Jetzt müssen wir unsere Hoffnungen nicht mehr exportieren.»

Zu den Nati-Spielen gehen jetzt auch Familien mit Kindern, Jugendliche und viele Frauen. Anders als früher, als die sportlich bescheidene heimische Liga praktisch abseits des öffentlichen Interesses stattfand. Eine ist aber schon lange dabei: Lume Muhadri, die einzige Fifa-Schiedsrichterin des Kosovo. Sie pfeift in der Super League der Männer. Sie war auch eine der besten Spielerinnen, hatte in Mazedonien und Schweden gespielt.

«Manchmal war es widerlich»

Weil es zu ihrer Zeit keine Frauen-Liga und keine -Nati gibt, erkennt sie früh das Pfeifen als Möglichkeit, im geliebten Fussball zu sein. «Heute bin ich völlig akzeptiert», schildert Lume. «Doch am Anfang war die Skepsis gross. Die Mentalität, vor allem in den Dörfern, ist eine Herausforderung. Es hiess: Du bist so schön, gehe lieber modeln und überlass das Pfeifen einem Mann! Manchmal war es widerlich. Aber am nächsten Tag kämpfte ich weiter.» Jetzt gibts eine offizielle Nati – und damit offizielle Schiris. Fitnesstrainerin Muhadri: «Das Fifa-Logo auf dem Dress verschafft mir enorm viel Respekt!»

Die Nati selber ist in einem Hotel ausserhalb von Pristina untergebracht. BLICK trifft einen Teil der acht Kosovo-Spieler mit Schweizer Bezug. In der Lobby gehen die Leute ein und aus. Luzerns Idriz Voca: «Jeder Spieler bekommt Besuch von den Familienmitgliedern, das ist hier normal. Auch die Mannschaft ist wie eine grosse Familie.»

«Land hat schwere Zeiten durchgemacht»

Arbenit Xhemajli von Xamax ergänzt: «Das Land hat schwere Zeiten durchgemacht. Deshalb ist der Zusammenhalt sehr gross.» Und FCZ-Kololli staunt: «Die Leute glauben wirklich daran, dass wir mit ihrer Unterstützung alles erreichen können.»

Die starken Auftritte in der Nations League unter dem Schweizer Trainer Bernard Challandes mit der Chance, 2020 in den Playoffs einen EM-Platz zu erreichen, lassen das Volk träumen. FCZ-Verteidiger Mirlind Kryeziu: «Es ist kompliziert geworden, in die Stadt zu gehen. Wir werden als Helden angeschaut. Es ist ein positiver Druck. Aber es kann auch kippen, wenn es mal nicht läuft.»

Das wird die EM-Quali zeigen!

EM 2020 - die Quali-Gruppen
  • Gruppe A
    England, Tschechien, Bulgarien, Montenegro, Kosovo
     
  • Gruppe B
    Portugal, Ukraine, Serbien, Litauen, Luxemburg
     
  • Gruppe C
    Niederlande, Deutschland, Nordirland, Estland, Weissrussland
     
  • Gruppe D
    Schweiz,
    Dänemark, Irland, Georgien, Gibraltar
     
  • Gruppe E
    Kroatien, Wales, Slowakei, Ungarn, Aserbaidschan
     
  • Gruppe F
    Spanien, Schweden, Norwegen, Rumänien, Färöer Inseln, Malta
     
  • Gruppe G
    Polen, Österreich, Israel, Slowenien, Mazedonien, Lettland
     
  • Gruppe H
    Frankreich, Island, Türkei, Albanien, Moldawien, Andorra
     
  • Gruppe I
    Belgien, Russland, Schottland, Zypern, Kasachstan, San Marino
     
  • Gruppe
    Italien, Bosnien-Herzegowina, Finnland, Griechenland, Armenien, Liechtenstein

 

  • Gruppe A
    England, Tschechien, Bulgarien, Montenegro, Kosovo
     
  • Gruppe B
    Portugal, Ukraine, Serbien, Litauen, Luxemburg
     
  • Gruppe C
    Niederlande, Deutschland, Nordirland, Estland, Weissrussland
     
  • Gruppe D
    Schweiz,
    Dänemark, Irland, Georgien, Gibraltar
     
  • Gruppe E
    Kroatien, Wales, Slowakei, Ungarn, Aserbaidschan
     
  • Gruppe F
    Spanien, Schweden, Norwegen, Rumänien, Färöer Inseln, Malta
     
  • Gruppe G
    Polen, Österreich, Israel, Slowenien, Mazedonien, Lettland
     
  • Gruppe H
    Frankreich, Island, Türkei, Albanien, Moldawien, Andorra
     
  • Gruppe I
    Belgien, Russland, Schottland, Zypern, Kasachstan, San Marino
     
  • Gruppe
    Italien, Bosnien-Herzegowina, Finnland, Griechenland, Armenien, Liechtenstein

 

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