«Ich verhindere Katastrophen»
Raiola-Erbin Rafaela Pimenta über ihren Berater-Job

Bis zum Tod von Mino Raiola war Rafaela Pimenta im Hintergrund bei der Berateragentur One. Inzwischen zeigt sie sich öfters im Rampenlicht und tut das gekonnt.
Publiziert: 23.06.2023 um 14:35 Uhr
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Aktualisiert: 24.06.2023 um 09:43 Uhr
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Carlo Emanuele FrezzaReporter Fussball

Mit dem Start des Transferfensters stehen auch die Berater im Mittelpunkt. Fehlen darf dabei keinesfalls die mächtigste Frau im Fussball: Rafaela Pimenta (50). Die brasilianische Juristin hat vor etwas mehr als einem Jahr das Imperium von Mino Raiola (1967–2022) übernommen. Bis zu seinem Tod führte er die Berateragentur One gemeinsam mit Pimenta.

Sie hätten sich stets hervorragend ergänzt, hat Pimenta jüngst wiederholt erzählt. Er war das Herz und sie der Kopf des Unternehmens. Der Italo-Holländer suchte gerne das Rampenlicht, sie dagegen meist die Anonymität. Kaum Interviews, keine polternden Auftritte. Deshalb wurde sie nach Raiolas Tod gerne als geheimnisvolle Erbin und als medienscheu bezeichnet.

Der Vergleich mit dem Supermarkt

Seither konnte Pimenta dieses Bild von sich ablegen. Dabei halfen ihr die fünf Sprachen, die sie fliessend beherrscht. Mehrere Interviews und öffentliche Auftritte wie am Dienstag an der Vernissage zum Golden Boy Award 2023 von «Tuttosport» zeugen davon.

Rafaela Pimenta ist die mächtigste Frau im Fussball, sie führt die Berateragentur One.
Foto: Rebecca Marshall/laif
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In Mailand hat sie zunächst während einer halben Stunde bei einer Podiumsdiskussion über ihren Beruf gesprochen. Danach hielt sie sich noch lange im Kreise der Journalisten auf – war zum Scherzen aufgelegt und schoss Selfies – bevor sie mit einem Privatjet nach Norwegen zu einem Spiel weiterflog.

Ihren Beruf sieht Pimenta als etwas ganz Alltägliches an. Dabei ginge es allerdings nicht nur um das Unterzeichnen von Verträgen. Sie vergleicht ihren Service mit jenem eines Supermarkts. «Manchmal braucht es Fleisch. Ein anderes Mal Milch. Wir müssen ein genauso breites Sortiment haben. Wir bieten jedem Spieler so viele Services an, wie wir können», erklärt sie. Zwei Themen seien dabei von besonderer Relevanz. Social Media sowie der Rechtsdienst.

«Die Verhinderin von Katastrophen»

Für Zweiteres macht sie gleich ein Beispiel. «Einer meiner Spieler kaufte einmal ein Haus. Das stand allerdings im Meer. Heisst: Es existierte gar nicht und so verlor er das ganze Geld.» Er sei auf sie zugekommen und habe um Rat gebeten. Natürlich wisse sie auch nicht alles. «Dessen musst du dir als Beraterin bewusst sein. Doch wir müssen so gut vernetzt sein, dass wir dem Spieler Kontakte anbieten können, auf die er sich dann verlassen kann.»

Zu ihren Spielern pflegt Pimenta ein herzliches, fast mütterliches Verhältnis. Sie wird von Spielern wie Erling Haaland (22) und Paul Pogba (30) auch mal zu Familientreffen eingeladen. Der Sport-Webseite «The Athletic» erzählte sie jüngst, dass sie oft gefragt werde, ob sie eigentlich Agentin oder Nanny sei. «Man kann meinen Job auch als Kindermädchen bezeichnen, aber ich nenne mich die Verhinderin von Katastrophen. Ich muss das sein und das liefern, was der Spieler in einer Situation gerade so braucht.»

Ehrlichkeit als oberstes Gebot

Die Rekrutierung eines neuen Kunden dauert jeweils mindestens sechs Monate, kann sich aber bis zu zwei Jahre hinziehen, erklärt Pimenta. «Es geht darum, sich kennenzulernen und sich gleichzeitig dem Spieler zu öffnen.» Kommt es zur Unterschrift, plant sie die Karriere und Entwicklung ihrer Spieler immer drei bis fünf Jahre im Voraus. Dabei sei Ehrlichkeit immer das oberste Gebot.

Ehrlich ist Pimenta, als sie gefragt wird, wer ihrer Meinung nach der nächste Fussballstar werde. «Arda Güler von Fenerbahce», sagt sie wie aus der Pistole geschossen. Der 18-jährige Türke hat sich von der Strasse auf Europas Wunschlisten gespielt. Noch wird er nicht durch Pimenta vertreten. Doch das dürfte sich bald ändern. Schliesslich will sie das Imperium, das sie mit Raiola aufgebaut hat, mindestens so erfolgreich weiterführen. Und dafür braucht es die besten Spieler.

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