Überflieger mit St. Pauli
Wegen diesem Schweizer droht Hamburg der Super-Gau

Siegt St. Pauli am Freitag beim HSV, steigt der Kiezklub auf. Und zerstört dem Gegner je nach dem gleich auch noch die letzten Aufstiegsträume. Auch dank dem Schweizer Trainer Fabian Hürzeler. Der in Hamburg nichts weniger als eine Revolution angezettelt hat.
Publiziert: 03.05.2024 um 10:24 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2024 um 11:40 Uhr
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Emanuel GisiSportchef

Wie macht man sich auf St. Pauli unsterblich? Viele schräge Figuren haben das Bild des Hamburger Kultklubs geprägt: Volker Ippig, einst Torwart und Hausbesetzer in Personalunion, Kettenraucher Walter Frosch, der rustikale Holger Stanislawski. Kicken können half, aber beim Klub, der sich als gutes Gewissen des deutschen Fussballs versteht, waren immer schon auch andere Qualitäten gefragt. Gefühle? Mindestens so wichtig wie der sportliche Erfolg.

Am Freitagabend (18.30 Uhr, Sky) kann sich auch St. Paulis Schweizer Trainer Fabian Hürzeler (31) in die Vereinsannalen eintragen. Siegt er im Hamburger Volkspark beim Lokalrivalen vom Hamburger Sportverein, steigt der FC St. Pauli in die Bundesliga auf – und der HSV muss je nach Ergebnis des Parallelspiels Düsseldorf – Nürnberg den Aufstieg endgültig abschreiben. Aufstieg im Derby im Wohnzimmer des Stadtrivalen: Es wäre der grösstmögliche Triumph für den Stadtteilklub, gleichzeitig der Super-GAU für den HSV, vielleicht die schlimmste Niederlage in der stolzen Geschichte des 1887 gegründeten Vereins. Und Zahnarztsohn Hürzeler, von Ausstrahlung und Auftritt her nicht der Typ St. Pauli-Kultfigur, wäre wohl der Erste, der rein dank sportlicher Meriten am Klublegendenstatus kratzt.

Hürzeler lässt einen Fussball spielen, den es bei St. Pauli noch nie gab

«Sein grösster Verdienst ist es, dass er den Fussball auf St. Pauli verändert hat», sagt Roger Stilz (47). St. Gallens Sportchef kennt beide Klubs, arbeitete beim HSV als Assistenztrainer, auf St. Pauli unter anderem als Nachwuchs-Chef. «Früher war am Millerntor der Ball länger in der Luft als auf dem Boden. Jetzt spielen sie höchst gepflegt. Das ist eine fussballerische Revolution.»

Schweizer im Fokus: St. Pauli-Trainer Fabian Hürzeler…
Foto: imago/Oliver Ruhnke
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Mit Hürzelers methodischem Ansatz kam der Erfolg, in 52 Spielen unter dem US-Deutsch-Schweizer holte St. Pauli 2,17 Punkte im Schnitt, wurde vom Abstiegskandidaten zum Tabellenführer in der 2. Bundesliga. «Lustigerweise mit einem sehr abgeklärten, kühlen Stil. St.Pauli verteidigt mittlerweile, indem es den Ball hat», sagt Stilz. «Obwohl dieser Verein so emotional, so gefühlsorientiert ist.»

Der HSV hielt sich zu lange für einen grossen Klub – und bezahlt jetzt teuer

Selbst wenn es am Freitag noch nicht klappen sollte: St. Pauli ist der Aufstieg kaum noch zu nehmen. Und der HSV? Der Europapokal-Sieger von 1983 wird zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte in der Tabelle hinter dem aufmüpfigen Lokalrivalen landen. Auch, weil man sich zu lange noch für einen ganz grossen Klub hielt. «Der HSV war sehr lange im Gestern», sagt Stilz. «Man hat zu lange gehaushaltet, als wäre man immer noch gross.» 2018 erwischte es die Rothosen, erstmals stieg man aus der Bundesliga ab. Und ist da seither nicht mehr weggekommen, zum Teil auf läppische Weise verspielte man den Aufstieg, machte durch unwürdige Nebenschauplätze von sich reden. «Während der kleine Nachbar neben seiner gesellschaftlichen Identität nun auch eine fussballerische Identität hat, hat der HSV seine etwas verloren.»

Spätestens seit der Entlassung von Trainer Tim Walter, der als Offensivpapst mit Grosskotz-Auftritt dem Klub immerhin noch ein Gesicht gab, ist das Team des Schweizers Miro Muheim endgültig aus dem Gleichgewicht. Walter-Nachfolger Steffen Baumgart übt sich trotzdem in Optimismus: «Derbysieg und Sprung auf Platz drei» sind vor dem Derby seine letzten Saisonziele. Und Hürzeler? Der bleibt cool. «Wir müssen die Balance zwischen positiven Emotionen und rationalem Denken finden», sagt er. Im Wissen, dass er auf dem Hamburger Kiez bald schon Legendenstatus haben könnte. 

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2. Bundesliga
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Fortuna Düsseldorf
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Karlsruher SC
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1. FC Magdeburg
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Hamburger SV
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Hannover 96
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SpVgg Greuther Fürth
SpVgg Greuther Fürth
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SC Paderborn 07
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1. FC Köln
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Hertha BSC
Hertha BSC
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1. FC Kaiserslautern
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1. FC Nürnberg
1. FC Nürnberg
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SV 07 Elversberg
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Schalke 04
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SSV Jahn Regensburg
SSV Jahn Regensburg
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SC Preußen 06 Münster
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SV Darmstadt 98
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SSV Ulm 1846
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