Bayerns Torwart-Legende Jean-Marie Pfaff zum Goalie-Theater
«Sommer muss ein böser Junge werden»

Yann Sommer (34) weht in München ein eisiger Wind ins Gesicht. Was ihm Bayerns Torwart-Legende Jean-Marie Pfaff (69) rät. Und weshalb der Schweizer Nati-Goalie böser werden muss.
Publiziert: 22.04.2023 um 12:56 Uhr
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Aktualisiert: 22.04.2023 um 20:18 Uhr
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Stefan KreisReporter Fussball

Uli Hoeness (71), der langjährige Macher des FC Bayern, marschiert nach dem Champions-League-Out gegen ManCity im Stechschritt an den wartenden Journalisten vorbei. Ob er trotz Ausscheiden zufrieden sei? «Joooa», antwortet Hoeness zwar, blickt dabei aber in die Gegend, als plane er gerade eine öffentlichkeitswirksame Wutrede im sonntäglichen «Doppelpass».

Nein, Hoeness kann nicht zufrieden sein. Insgesamt chancenlos im Viertelfinal gegen den verhassten neureichen Klub aus dem englischen Nordwesten. Out im DFB-Pokal gegen den kleinen SC Freiburg. Und mit Julian Nagelsmann wurde jener Trainer entlassen, der von Hoeness portiert wurde – und 20 Millionen Euro Ablöse kostete.

«Yann Sommer fehlen definitiv zehn Zentimeter»
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Zu verantworten haben all dies die Nachfolger von Hoeness. Oliver Kahn, der Vorstandvorsitzende und Hassan Salihamidzic, der Sportdirektor. Beide sind ehemalige Profis, beide wirken komplett überfordert – und ernten den Zorn der Fans. «Helden von einst, Pfeifen von heute», steht auf einem Transparent.

Bei den Bayern umstritten: Yann Sommer.
Foto: Getty Images
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Joshua Kimmich, der in Abwesenheit des verletzten Captains Manuel Neuer die Binde trägt, will aber nichts davon wissen, dass die Bosse schuld an der sportlichen Misere seien: «Die Verantwortung für das Ausscheiden im Pokal und in der Champions League liegt an uns Spielern.»

Tritt Sommer aus Neuers Schatten?

Vor allem der französische Verteidiger Dayot Upamecano steht komplett neben den Schuhen, patzt in den letzten Wochen mehrfach. In den Mittelpunkt der Kritik ist aber ein anderer geraten: Yann Sommer. Weil der Schweizer Nati-Goalie beim 0:3 im Hinspiel gegen ManCity einen haltbaren Weitschuss von Rodri hat passieren lassen und er kurz darauf beim 1:1 gegen Hoffenheim nicht gut aussieht. Didi Hamann, der ehemalige Bayern-Star, fuhr Sommer, stellvertretend für viele Experten, am heftigsten in die Parade. «Heillos überfordert» sei der Goalie. «Yann Sommer verunsichert die Mannschaft.»

«Es ist Teil des Business»
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Erschwerend kommt hinzu, dass die Bayern mit Manuel Neuer über ein deutsches Nationalheiligtum verfügen, über einen fünffachen Weltgoalie, einen Weltmeister, über einen Mann, der beim FC Bayern München schon jetzt eine lebende Legende ist. Eine Überfigur. Einer wie Oliver Kahn oder Sepp Maier.

Zwei Ikonen, an denen so manch ein Nachfolger zerschellt ist. Bei Kahn warens Michael Rensing und Thomas Kraft, die dem Druck nicht standgehalten haben. Erst Neuer füllte die Lücke. Bei Maier warens Walter Junghans und Manfred Müller, die scheiterten, ehe der Belgier Jean-Marie Pfaff in die Bresche sprang. Der trat das Erbe von Sepp Maier an – und wurde bei den Bayern ebenfalls zur Legende.

Vom Fliegenfänger zur Legende

Dabei geht Pfaffs Start komplett in die Hose. Gleich in seinem ersten Spiel kassiert er ein faules Ei. Direkt nach einem Einwurf. Ein Kuriosum, einmalig in der Geschichte der Bundesliga. «Die Zeitungen haben geschrieben, dass ich ein Fliegenfänger bin», erinnert sich Pfaff. Dabei sei die Aktion kein Fehler, sondern ein Unfall gewesen. «Klaus Augenthaler trifft mich mit seinem Ellbogen an meinem Ellbogen, darum ist der Ball unglücklich reingegangen.»

Trotz dieser Slapstick-Aktion im ersten Spiel setzt sich Pfaff durch. «Weil ich den Willen hatte. Und weil ich nicht nur im Tor gestanden bin, um Bälle zu halten, sondern um meine Mitspieler zu dirigieren. Am Anfang haben sie noch gesagt, ich solle die Schnauze halten, dann haben sie zugehört.»

Eine Charaktereigenschaft, die Pfaff beim aktuellen Goalie der Bayern vermisst. «Yann Sommer ist ein superguter Torwart, aber er redet noch zu wenig. Er muss die Automatismen reinkriegen, ein böser Junge werden.» So verschaffe man sich Respekt bei den Mitspielern.

«Sommer ist kein Neuer»

Manuel Neuer, der Captain der Bayern, habe sich diesen über Jahre hinweg erarbeitet. «Yann Sommer ist kein Manuel Neuer, aber das muss er auch nicht sein. Man muss nicht immer vergleichen», sagt Pfaff.

Als er beim FC Bayern spielte, sei er immer mit dem grossen Sepp Maier verglichen worden. Ersetzen aber wollte er ihn nie. «Weil er nicht zu ersetzen war. Es war schlicht eine Ehre, dass ich sein Nachfolger werden durfte.»

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Ob auch Sommer einst Neuers Nachfolger werden und wie Pfaff eine Ära prägen wird? Möglich, sagt der langjährige belgische Nationalgoalie. «Yann Sommer ist eine sehr gute Lösung für die Bayern.» An der Grösse jedenfalls werde es nicht scheitern, so Pfaff. Der war mit seinen 180 Zentimetern noch etwas kleiner als Sommer, trotzdem absolvierte er fast 160 Pflichtspiele für die Bayern, wurde dreimal deutscher Meister. «Wenn einer 160 Zentimeter gross ist, muss er nicht ins Tor stehen», sagt Pfaff mit einem Schmunzeln. Allgemein sei ein grosser Goalie aber nicht automatisch ein guter Goalie.

Ob Yann Sommer bei den Bayern ein Grosser werden wird? Im Auswärtsspiel gegen Mainz vom Samstag (Anpfiff ist um 15.30 Uhr) bietet sich die nächste Gelegenheit dazu.

Bundesliga
Mannschaft
SP
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PT
1
Bayern München
Bayern München
3
8
9
2
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund
3
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3
RB Leipzig
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2
7
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1. FC Heidenheim 1846
1. FC Heidenheim 1846
3
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6
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Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen
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3
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Eintracht Frankfurt
Eintracht Frankfurt
3
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SC Freiburg
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3
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6
8
Werder Bremen
Werder Bremen
3
1
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9
Union Berlin
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3
1
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10
VfB Stuttgart
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FC Augsburg
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VfL Wolfsburg
VfL Wolfsburg
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Borussia Mönchengladbach
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TSG Hoffenheim
TSG Hoffenheim
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15
FSV Mainz
FSV Mainz
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VfL Bochum
VfL Bochum
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FC St. Pauli
FC St. Pauli
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0
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Holstein Kiel
Holstein Kiel
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