Ex-Bundesliga-Schweizer erinnern sich
«Tells Söhne» kamen erst mit Chapuisat in Schuss

Vor dem Bundesliga-Auftakt erinnern sich die ehemaligen Schweizer Legionäre Elsener, Chapuisat, Kunz, Magnin und Latour an ihre Zeit in Deutschland.
Publiziert: 03.08.2022 um 18:57 Uhr
Michael Wegmann

Am Freitag gehts los mit der Bundesliga. Stand jetzt sind elf Schweizer Fussballer und mit Urs Fischer von Union Berlin und Gerardo Seoane von Leverkusen noch zwei Trainer mit am Start.

Wir Schweizer sind aus der Bundesliga nicht mehr wegzudenken. Das war nicht immer so. In der Frühzeit spielten wir keine Rolle. Die Pioniere Rolf Wüthrich und Toni Allemann (beide bei Nürnberg) konnten sich 1964 nicht durchsetzen. In den 70ern und 80ern liefen Kudi Müller für Hertha, Ruedi Elsener für Frankfurt, René Botteron für Köln, Christian Gross für Bochum und Andy Egli für Dortmund auf. Der eine öfter, der andere weniger.

Sechs Tore in 33 Partien gelingen Ruedi Elsener in der Saison 1978/79 für Frankfurt. Unvergessen bleibt ihm eine andere Szene: In einem Heimspiel gegen Bielefeld drängt ihn sein Gegner Weidle in einem Laufduell aus dem Feld. Elsener: «Ich bin dann auf der Tartanbahn weitergelaufen und vor der Grundlinie wieder rein und habe den Ball gehabt. Danach hat mir Frankfurt-Legende Charly Körbel den Namen Turbo-Ruedi verpasst.» So nennt man den mittlerweile 69-Jährigen heute noch.

Am Wochenende gibts wieder Bundesliga-Action! Mit dabei 13 Schweizer – unter anderem der neue Mainz-Captain Silvan Widmer.
Foto: keystone-sda.ch
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Chapuisat verkleidet als Tell

Die Schweizer Erfolgsgeschichte startet aber erst mit Stéphane Chapuisat. Sein Wechsel im Januar 1991 zu Bayern Uerdingen? Purer Zufall. Felix Magath, damals Manager von Uerdingen, verriet einst: «Ich hatte die Schweizer Zeitung ‹Sport› abonniert und bin da über den Namen Chapuisat gestolpert.» Auf dem Rasen stolpert der Stürmer aus Lausanne dann nicht. Chapuisat wird zum Bundesliga-Hit. 123 Tore für Dortmund in 283 Partien, zwei Meistertitel.

Nach nur einem Jahr verkleidet er sich für ein deutsches TV als Wilhelm Tell. «Chapuisat – Tells Erbe» lautete der Titel des Beitrags über den treffsicheren Schweizer. Deutschland ist begeistert. Er auch. Geblieben ist ihm sein allererster Heim-Auftritt mit dem BVB. «Als ich zum Einwärmen auf den Platz ging und die volle Südkurve sah, war das unglaublich. Ich war schwer beeindruckt», sagt der 53-Jährige.

«Sogar die Goalies waren in der Bundesliga grösser»

So oder ähnlich gehts allen Schweizern, die in die Bundesliga wechseln. Alles sei auf einem anderen Level gewesen, sagt Adrian Kunz, der 1998 bei Werder Bremen anheuert. «Ich hatte sogar das Gefühl, dass die Goalies in der Bundesliga grösser waren.» Bei Xamax war er ein Star, in Bremen ein Nobody. «Ich war schon 30, als ich nach Deutschland ging, aber ich habe da wieder Bälle gepumpt und Tore getragen.»

16 Spiele absolviert er. Unvergessen das 0:3 gegen Bayern im Weser-Stadion im April 1998. «Plötzlich kamen Bananen in den Bayern-Strafraum geflogen. Es war echt schräg. Ich wusste nicht, weshalb», sagt der 55-Jährige und lacht. Es war damals Usus, dass Bayerns Über-Goalie Oliver Kahn von den gegnerischen Fans mit Bananen eingedeckt wurden. Kunz: «Erst wenn du mit einem Kahn oder Matthäus auf dem Platz stehst, merkst du, wie gut die wirklich sind. Es war eine andere Welt.»

Im Januar 2002 schlägt Ludovic Magnin (43) seine Zelte in Deutschland auf. 149 Bundesliga-Spiele in acht Jahren. Zwei Meistertitel, einer mit Bremen, einer mit Stuttgart. Damit ist er einer von nur sechs (!) Spielern der Geschichte, die mit zwei Klubs deutscher Meister wurden – aber nicht mit Bayern und Dortmund. Doch auch ein doppelter Meister ist noch nicht vom Himmel gefallen. Magnin erinnert sich an seine schweren Anfänge in Bremen. «Auf dem Platz gingalles viel schneller als noch bei Lugano. Ich hatte Probleme. Wenn ich ehrlich bin, freute ich mich immer auf den wöchentlichen Dauerlauf durch den Park, da konnte ich immer bestens mithalten …»

«Der Klub gratuliert mir heute noch zum Geburtstag»

Hanspeter Latour ist einer von wenigen Schweizer Bundesliga-Trainern bisher. Im Januar 2006 wird er überraschend beim 1. FC Köln präsentiert. Mit seinem Charisma und seinem Witz erobert der unbekannte Schweizer die Herzen der Menschen im Sturm. «Bergdoktor» nennt ihn der «Express», weil er aus dem Berner Oberland kommt und den müden Kölner Kickern Beine machen soll. Doch er kann den Abstieg nicht verhindern.

Nach elf Runden in der 2. Bundesliga wird er im November 2006 entlassen. Latour, mittlerweile 75, denkt gern an die Bundesliga zurück. «Köln war sehr speziell, diese Fussballbegeisterung, diese Leidenschaft, ich habe viele schöne Geschichten erlebt.» Welches ist die schönste? Latour: «Die ist aktuell: Der Verein gratuliert mir heute noch, 16 Jahre nach meinem Abgang, zu meinem Geburtstag. Und er schreibt Weihnachtskärtli, lädt mich zum Fasching ein. Ich will nicht mit anderen Klubs vergleichen, aber das ist schon einzigartig und zeigt die Klasse des Klubs.»

Bundesliga
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Bayern München
Bayern München
3
8
9
2
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund
3
4
7
3
RB Leipzig
RB Leipzig
3
2
7
4
1. FC Heidenheim 1846
1. FC Heidenheim 1846
3
4
6
5
Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen
3
3
6
6
Eintracht Frankfurt
Eintracht Frankfurt
3
1
6
6
SC Freiburg
SC Freiburg
3
1
6
8
Werder Bremen
Werder Bremen
3
1
5
9
Union Berlin
Union Berlin
3
1
5
10
VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
3
0
4
11
FC Augsburg
FC Augsburg
3
-2
4
12
VfL Wolfsburg
VfL Wolfsburg
3
0
3
13
Borussia Mönchengladbach
Borussia Mönchengladbach
3
-1
3
14
TSG Hoffenheim
TSG Hoffenheim
3
-4
3
15
FSV Mainz
FSV Mainz
3
-1
2
16
VfL Bochum
VfL Bochum
3
-4
0
17
FC St. Pauli
FC St. Pauli
3
-5
0
18
Holstein Kiel
Holstein Kiel
3
-8
0
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