Matthäus-Kritik am BVB-Trainer
«Favre ist ein super Mensch, aber ...»

Weltmeister Lothar Matthäus (59) glaubt, dass Lucien Favre (62) nächste Saison nicht mehr Dortmund-Trainer ist. Im BLICK erklärt der TV-Experte warum und was er ihm vorwirft.
Publiziert: 03.06.2020 um 14:40 Uhr
|
Aktualisiert: 28.04.2021 um 18:51 Uhr
  • «Ich glaube, dass er im Sommer weg ist»
  • «BVB hat schon mit Kovac geredet»
  • «Er ist ein super Mensch, aber...»
Andreas Böni

Herr Matthäus, was haben Sie gegen Lucien Favre?
Lothar Matthäus:
Ich habe gar nichts gegen ihn. Im Gegenteil, ich mag ihn sehr, er ist ein super Mensch, der auch einen guten Job macht. Ich habe viel Respekt vor ihm. Und trotzdem denke ich, er wird in der nächsten Saison nicht mehr Trainer bei Borussia Dortmund sein.

Haben Sie Informationen oder ist das Ihr Gefühl?
Es ist mein Gefühl. Es sind einfach zu viele Dinge, die nicht zusammenpassen zwischen ihm und Dortmund. Mein Gefühl ist, dass er von den Klubverantwortlichen über die beiden Jahre nicht die Rückendeckung erhalten hat, die ein Trainer braucht. Und dann gibt der Vorstandsvorsitzende Hans-Joachim Watzke die Meisterschaft als Ziel aus, während Lucien Favre meint, die Bayern seien Favorit. Oder als Favre gegen Ende der letzten Saison die Meisterschaft nach einer Niederlage gegen Schalke als abgehakt bezeichnet hatte. Das passt nicht zur Denke von Watzke und Co. Es passt einfach nicht perfekt zusammen und erinnert mich an die Zeit mit Thomas Tuchel.

Warum?
Es fielen gefühlt immer mal wieder Sätze in Richtung des Trainers, die man nicht machen muss. Er ist immer wieder unterschwellig angezählt worden, ähnlich wie Niko Kovac bei Bayern München. Dazu kommt, dass die Bosse seit Jahren einen neuen Jürgen Klopp suchen, ihn aber einfach nicht finden. Das macht es schwer für jeden Trainer. Zudem hat Dortmund im Winter mit Niko Kovac geredet.

Sky Experte Lothar Matthäus glaubt nicht, dass Dortmund auch nächste Saison von Favre trainiert wird.
Foto: imago images/Jan Huebner
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Das wissen Sie sicher?
Ich war nicht dabei, aber man weiss es in der Fussball-Szene, ja. Die BILD-Zeitung hat ja auch darüber berichtet und es wurde nicht dementiert. Und ich spreche ja nur mit jemandem, wenn er mich auch interessiert.

Was werfen Sie Favre denn vor?
Letzte Saison hatte man neun Punkte Vorsprung auf Bayern und wurde nicht Meister. Das darf mit der Qualität des BVB nicht passieren. Und auch dieses Saison hatten die Bayern Probleme, wechselten den Trainer – aber Dortmund hat die Schwächephasen nicht ausgenutzt. Und vor eineinhalb Wochen, beim 0:1 gegen die Bayern, da sah ich vor dem Spiel die Formation und sagte sofort: Mit dieser Aufstellung kannst Du nicht gewinnen.

Inwiefern?
Ich bin Ex-Bayern-Spieler und kann mich dementsprechend reinfühlen. Da lässt Du im wichtigsten Spiel der Saison den besten Skorer der Liga, Jadon Sancho, und den besten Aggressiv-Leader, Emre Can, auf der Bank. Gleichzeitig bringst Du stattdessen Thomas Delaney, der sieben Monate verletzt war, zum dritten Mal in 10 Tagen von Anfang an. Und Dahoud, der nie eine Rolle spielte in Dortmund. Da kommst Du als Bayern-Spieler aufs Feld und denkst: Hoppla, das ist aber toll für uns.

Sancho und Can waren aber beide nicht fit.
Aber sie sind dann fit genug, um in der Pause eingewechselt werden zu können? Nein. Das war ein Fehler von Favre, den er ja zur Pause mit den Wechseln auch eingestanden hat. Meine Meinung ist: Wenn diese zwei Spieler für 45 Minuten bereit sind, sind sie es auch für 60, 70 oder 90 Minuten. Dazu kommt die psychische Komponente. Sancho ist 20, eines der heissesten Talente der Welt. Er weiss auch, dass das Spiel in 200 Ländern übertragen wird und muss dann als bester Skorer auf die Bank. Für mich kam er als Folge daraus in der Pause lustlos und enttäuscht aufs Feld. So spielte er dann auch. Vier Tage später schiesst er einen Hattrick in Paderborn, als er von Anfang an spielt. Nochmals, da stellt sich doch die Frage: Vier Tage zuvor soll Sancho nicht bereit gewesen sein für einen Startelf-Einsatz? Und ja, dann lieferte Favre uns Journalisten und Experten dann nach dem Spiel das ganze Material.

Er sagte auf die Frage, ob man mit ihm keine Titel gewinnen könne: «Das sagt man hier seit Monaten. Ich weiss, wie es geht und werde darüber in ein paar Wochen sprechen. Ich bleibe ruhig und vertraue in mir.» Sie interpretierten es als verkappte Rücktrittsankündigung.
Das hat mich total irritiert. Für mich war das kein Unfall, für mich ist Lucien Favre ein überlegter Mensch. Und man kennt seine Geschichten aus der Vergangenheit, als er bei Gladbach zurücktrat. Ich empfand es so, dass er das Bedürfnis hat, uns etwas mitzuteilen.

Ihre Interpretation stiess Favre sauer auf. Er nannte es «inakzeptabel», er habe nur gemeint, er wolle die Saisonbilanz dann später ziehen.
Es ist ja klar, dass es nun alle runterspielen. Aber im Moment der Aussage muss er damit rechnen, dass nun grosse Diskussionen folgen. Mir schoss sofort durch den Kopf: Favre geht, Kovac kommt. Es war ein Blitzgedanke innerhalb von einer Sekunde. Dortmund musste gegen Bayern gewinnen und dann stellt der Trainer so defensiv auf – für mich war nach der Niederlage und der Art und Weise klar, dass er keine Zukunft mehr beim BVB hat.

Der Vorstandsvorsitzende Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc stellten sich öffentlich hinter Favre.
Es ist ja klar, dass man jetzt alles runterspielt. Die Champions-League-Qualifikation ist noch nicht sichergestellt, sie brauchen Ruhe. Aber eben, ich glaube, Sie wollen in der Zukunft einen, der aussen aktiver coacht und risikoreicher spielen lässt.

Wäre Jesse Marsch von Red Bull Salzburg so einer?
Ein spannender und emotionaler Trainer, der schon beim Red-Bull-Klub in New York einen guten Job gemacht hat. In Interviews und Pausenansprachen ist bei ihm Feuer drin, von der Emotion her hat er etwas von Jürgen Klopp. Aber er hat noch keine Erfahrungen in der Bundesliga gesammelt. Aber er könnte einer sein, wenn Dortmund wieder mal etwas probieren will. Die Red-Bull-Schule ist ja gefragt im Moment, ob mit Adi Hütter, Marco Rose, Ralph Hasenhüttl oder Oliver Glasner.

Aber vom Punkteschnitt her ist Favre ist der erfolgreichste Dortmund-Trainer aller Zeiten. In der Rückrunde gab es einzig die Pleite gegen die Bayern.
Ja, er ist auch ein toller Trainer. Aber die grossen Spiele gewann er nicht - gegen Bayern gabs diese Saison zwei Niederlagen. Das ist dann entscheidender als der Punkteschnitt.

Er hat jeden einzelnen Spieler besser gemacht beim BVB. Und setzt voll auf die Jungen, egal ob auf Haaland, Sancho oder Reyna.
Ich sage ja, er ist ein fantastischer Trainer, der ins Detail geht. Aber es gibt auch die Weltmeister Mario Götze oder Andre Schürrle, die er nicht besser gemacht hat.

Würde Kovac denn zu Dortmund passen?
Niko hat drei Titel gewonnen, mit Frankfurt und Bayern. Ich denke, er wird auch aus seinen Fehlern bei Bayern dazugelernt haben. Aber glauben Sie mir: Ich würde mich freuen, wenn ich mich irren würde. Lucien Favre ist ein feiner Kerl und ein guter Trainer. Aber mir fehlt der Glaube, dass er bleibt oder bleiben darf.

Persönlich: Lothar Matthäus

Lothar Matthäus wurde am 21. März 1961 in Erlangen geboren. Er spielte beim FC Herzogenaurach, Gladbach, Bayern München, Inter Mailand und den New York Metro Stars und gilt als einer der grössten Fussballer aller Zeiten.

Mit 25 WM-Spielen ist er Rekordhalter, er nahm an fünf Endrunden teil: 1982 in Spanien, 1986 in Mexiko, 1990 in Italien, 1994 in den USA und 1998 in Frankreich. Dazu spielte er die EM 1984, 1988 und 2000. Er wurde 1990 Weltmeister, gewann den Ballon d’Or und war Weltfussballer.

Nach einigen Trainerstationen (Rapid Wien, Partizan Belgrad, Red Bull Salzburg, Maccabi, Paranaense, ungarischer und bulgarischer Nati-Trainer) wurde er TV-Experte beim Bezahlsender «Sky».

Matthäus ist mit Anastasia Klimko verheiratet, mit der er einen Sohn hat. Er ist Vater von drei weiteren Kindern aus früheren Beziehungen.

Lothar Matthäus wurde am 21. März 1961 in Erlangen geboren. Er spielte beim FC Herzogenaurach, Gladbach, Bayern München, Inter Mailand und den New York Metro Stars und gilt als einer der grössten Fussballer aller Zeiten.

Mit 25 WM-Spielen ist er Rekordhalter, er nahm an fünf Endrunden teil: 1982 in Spanien, 1986 in Mexiko, 1990 in Italien, 1994 in den USA und 1998 in Frankreich. Dazu spielte er die EM 1984, 1988 und 2000. Er wurde 1990 Weltmeister, gewann den Ballon d’Or und war Weltfussballer.

Nach einigen Trainerstationen (Rapid Wien, Partizan Belgrad, Red Bull Salzburg, Maccabi, Paranaense, ungarischer und bulgarischer Nati-Trainer) wurde er TV-Experte beim Bezahlsender «Sky».

Matthäus ist mit Anastasia Klimko verheiratet, mit der er einen Sohn hat. Er ist Vater von drei weiteren Kindern aus früheren Beziehungen.

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