«Ich habe mich immer mit Sommer ausgetauscht»
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Omlin zum Gladbach-Transfer:«Ich habe mich immer mit Sommer ausgetauscht»

Zu Besuch bei Gladbach-Goalie Jonas Omlin
«Ich dachte zweimal, der Deal sei tot»

Hier spricht Jonas Omlin (29) über die unglaublichen Tage des Wechsels, den Kontakt mit Yann Sommer während der Gespräche. Und der neue Gladbach-Goalie verrät, wie er seine Frau Janice kennenlernte.
Publiziert: 26.01.2023 um 11:50 Uhr
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Aktualisiert: 26.01.2023 um 13:00 Uhr

Und dann musste es schnell gehen. Plötzlich waren sich alle vier Parteien einig: Gladbach mit Montpellier über den Transfer von Jonas Omlin (29). Bayern München und Gladbach über einen Wechsel von Yann Sommer (34). Und dies, nachdem die Deals innerhalb von sechs Tagen zweimal eigentlich geplatzt waren.

Omlin sitzt in im Borussia-Park in Mönchengladbach, trinkt ein Mineralwasser und spricht offen über die prickelnden Tage.

Blick: Jonas Omlin, lassen Sie uns chronologisch vorgehen. Am 10. Januar sagte Ihnen Ihr Klub Montpellier, man werde Sie hundertprozentig sicher nicht gehen lassen. Stimmt das?
Jonas Omlin:
Es war so, dass ich bei den Klub-Bossen im Büro sass und ihnen mitteilte, was ich gerne machen würde – nämlich zu Borussia Mönchengladbach wechseln. Es war auch ein familiärer Entscheid, es waren privat nicht einfache zweieinhalb Jahre. Gerade auch die sprachliche Barriere machte meiner Frau und mir am Anfang zu schaffen, bei Arztbesuchen und Kita-Suche. Im ersten Jahr war man zudem noch isoliert wegen Corona, oft alleine zuhause in einem neuen Land. Es war trotzdem eine gute Erfahrung, besonders sportlich, aber ich wollte diese Chance mit Gladbach unbedingt packen.

Jonas Omlin in seinem neuen Wohnzimmer.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Also sagten Sie Montpellier: Falls Yann Sommer zu Bayern geht, würde ich gerne zu Gladbach wechseln?
Es war ein Hin und Her. Aber mein Stand war immer: Wenn Gladbach mich bekommt, darf Yann zu Bayern. Ich sprach mit mehreren Leuten im Verein: Der Präsident sagte klar Nein. Der Sportchef meinte, man könne es sich vorstellen, wenn man Ersatz finde. So klar, wie man mir an jenem Tag sagte, man würde mich nicht verkaufen, war für mich logisch, dass ich bei Montpellier bleiben werde. Ich hatte das Gefühl, dass es vorbei ist. Und es sollte nicht das einzige Mal bleiben, dass ich so fühlte. (lacht)

Gladbach-Sportchef Roland Virkus sagte dann: «Wir werden Yann Sommer nicht abgeben. Das haben wir den Bayern auch so mitgeteilt.» Am Samstag 14. Januar gab es dann plötzlich wieder Gespräche zwischen den vier Parteien.
Genau. Und am Sonntag informierte mich Montpellier, dass sie alles probiert hätten, aber dass sich die Bayern und Gladbach nicht einigen würden. Da dachte ich zum zweiten Mal, dass der Deal tot ist. Aber dann kam offenbar noch ein neues Angebot von den Bayern auf den Tisch.

Dieses betrug acht Millionen Euro plus 1,5 Millionen an Nachzahlungen – und so konnte Gladbach auch die Ablöse für Sie bezahlen. Wie war es für Sie, auf gepackten Koffern zu sitzen?
Ich habe überhaupt nichts gepackt. Irgendwann wurde es mir zu blöd, immer wieder ein- und auspacken. (lacht) Nein, ernsthaft, ich musste mich ja währenddessen auch konzentrieren und meinen Job machen. Montpellier befindet sich voll im Abstiegskampf, die Resultate stimmten überhaupt nicht. Ich sagte dann: «Ich packe, wenn ihr mir nun wirklich sagt, dass ich los muss.»

Haben Sie sich mit Yann Sommer in jenen Tagen unterhalten?
Ja. Wir haben uns ausgetauscht, weil es für uns beide ein rechtes Auf und Ab war. Mal Glücksgefühle, mal Enttäuschungen. Wir schickten uns Whatsapp-Texte und Sprachnachrichten. Aber wir waren natürlich mehr zwischen Stuhl und Bank, meistens läuft das ja über die Berater. Manchmal machte es fast den Eindruck, dass die Medien besser informiert waren als ich.

Wann zum Beispiel?
Als ich von Montpellier am Sonntag die Absage bekomme habe und ich dann am Montag lese, das sei noch lange nicht vorbei. Vieles von dem, was berichtet wurde, kam dann auch so. Das war schon faszinierend, wie das alles ablief.

Die Einigung kam dann am Mittwoch, dem 18. Januar. Yann Sommer flog an jenem Abend nach München, Sie am Tag darauf zu Gladbach, wo Sie bis 2027 unterschrieben.
Ich spürte von Anfang an, dass Yann hier eine Legende ist. Er hat in den achteinhalb Jahren einen unglaublichen Job gemacht, war sehr beliebt. Sein Herz wird ja immer auch ein wenig hier bleiben. Er sagte mir, ich würde es lieben hier. Ich glaube, er ist auch froh, dass ein weiterer Schweizer bei Gladbach im Tor steht.

Erinnern Sie sich noch an Jörg Stiel, der es hier zum Captain schaffte?
Nein, das war ein wenig vor meiner Zeit. Ich erinnere mich an ihn in der Nati, aber nicht bei Gladbach.

Sie sagten, das Einleben in Frankreich war schwierig. Was ist Ihr sportliches Fazit nach zweieinhalb Jahren in Frankreich?
Ich profitierte, klar. In der Ligue 1 waren die Spiele auf höherem Niveau als in der Schweiz, ich entwickelte mich weiter.

Foto: IMAGO/Buzzi

Drei Rote Karten bekamen Sie in dieser Zeit. Ein hoher Wert.
Ja, aber in Frankreich wird auch schnell gezückt. In der ersten Saison hatte ich den Speed von Kylian Mbappé mal ein wenig unterschätzt und musste ihn dann stoppen. (lacht) Passiert als Goalie.

Interessant ist: In der Personalie Sommer gingen Sie medial fast ein wenig vergessen.
Das bin ich ja gewohnt. (lacht) Die Ligue 1 ist für die Deutschschweizer nun mal nicht so interessant – anders als die Bundesliga.

Was war Ihr Lieblingsverein als Kind?
Ich spielte immer lieber Fussball als zu schauen. Mein Vater und mein fünf Jahre älterer Bruder standen beide schon im Tor, beide beim FC Sarnen. Darum wollte ich das auch machen. Einer musste ja die Handschuhe der beiden übernehmen.

Wie sind Sie aufgewachsen?
Bodenständig. Meine Mutter ist Arztgehilfin, mein Vater ist Maler, seit 45 Jahren im gleichen Betrieb. Er machte die Lehre dort und blieb immer. Jetzt gehts langsam Richtung Pensionierung. Das hat er sich schwer verdient.

Viele Väter hören auf zu arbeiten, wenn Ihre Söhne Millionen mit Fussball verdienen.
Das kam für ihn nicht in Frage.

Der FC Sarnen soll 30'000 Franken Ausbildungsentschädigung erhalten. Hat man sich schon bedankt?
Noch nicht. Aber es ist schön, dass der Klub etwas bekommt. Ich bin bis heute im Gönnerverein des Klubs, die Wurzeln bleiben ewig.

Was ist für Sie typisch Obwalden?
Berge, See und gute Luft. Mein Zuhause, meine Heimat. Ein schöner Fleck der Schweiz, ich vermisse es sehr, da zu sein.

Waren Sie ein guter Schüler?
Durchschnittlich. Ich musste nie viel investieren, kam aber immer durch. Zum Leidwesen meiner Mutter, die gerne gesehen hätte, dass ich mehr investiere. Ich kam immer unter dem Radar durch, das gefiel mir.

Danach machten Sie das KV.
Ja, die Sportler-Ausbildung. Und dann arbeitete ich in der Buchhaltung, bestand die Prüfungen – das ist das Einzige, was zählt.

Es stand für Sie zur Debatte, die Polizeischule zu machen.
Ich überlegte mir, Polizist zu werden, das stimmt. Ich fand das irgendwie immer cool. Aber es kam jetzt anders und ich würde auch nicht mehr tauschen.

Jonas Omlin persönlich

Jonas Omlin entdeckte den Fussball einst beim FC Sarnen. 2012 ging er zum SC Kriens. Sein Profi-Debüt gab er im März 2015 für den FC Luzern. 2018 wechselte der 1,90 Meter grosse Torwart schliesslich zum FC Basel, er wurde dort Cupsieger. Zwei Jahre später zog es Omlin zu Montpellier in die französische Ligue 1. Nach zweieinhalb Jahren verliess er Südfrankreich, um bei Borussia Mönchengladbach die Nachfolge von Yann Sommer anzutreten. Auch für die Schweiz stand Omlin schon im Tor – sein Debüt in der Nati gab Omlin im Oktober 2020. Er ist mit der Tochter des ehemaligen Fussballers René van Eck verheiratet und hat mit ihr einen zweijährigen Sohn. Das zweite Kind ist unterwegs.

Jonas Omlin entdeckte den Fussball einst beim FC Sarnen. 2012 ging er zum SC Kriens. Sein Profi-Debüt gab er im März 2015 für den FC Luzern. 2018 wechselte der 1,90 Meter grosse Torwart schliesslich zum FC Basel, er wurde dort Cupsieger. Zwei Jahre später zog es Omlin zu Montpellier in die französische Ligue 1. Nach zweieinhalb Jahren verliess er Südfrankreich, um bei Borussia Mönchengladbach die Nachfolge von Yann Sommer anzutreten. Auch für die Schweiz stand Omlin schon im Tor – sein Debüt in der Nati gab Omlin im Oktober 2020. Er ist mit der Tochter des ehemaligen Fussballers René van Eck verheiratet und hat mit ihr einen zweijährigen Sohn. Das zweite Kind ist unterwegs.

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Danach beim FC Luzern griffen Sie beim ersten Spiel gegen Basel daneben. Sie fühlten sich als Versager und nahmen einen Mentaltrainer, oder?
Den Mentaltrainer hatte ich auch schon vorher – bis heute übrigens. Er hat mich jetzt auch nach Gladbach zu den Medizin-Checks begleitet. Er ist meine Vertrauensperson, wir haben viele Dinge zusammen gemacht. Es geht immer darum, die Gedanken zu kontrollieren und sich keine Sorgen zu machen, was passieren könnte. Einfach drauflo, machen und dann schauen, wie die Reaktionen sind – und nicht im Vorhinein überlegen, was sie sein könnten.

Foto: BENJAMIN SOLAND

Wie oft reden Sie mit ihm?
In den letzten zwei Wochen wieder mehr. In Frankreich war es weniger, je nach meinem Bedürfnis.

Was Sie prägte: Sie wurden einst nach Le Mont in die Challenge League ausgeliehen. Dort fühlten Sie sich nicht so wohl, oder?
Du bist ja noch jung und hast keine Ansprüche. Es war eine gute Erfahrung, mal unten durch zu müssen. Vom FC Luzern mit Whirlpool im Stadion wieder auf Amateur-Level zurückzukehren. Das hat geerdet.

Sie wohnten in einem Hotel mit Gemeinschaftstoilette.
Ja, und mein Kühlschrank war eine Kühlbox auf dem Zimmer. Es war sehr schwierig, aber es ging darum, Spiele zu machen und dann bereit zu sein für den FC Luzern. Das klappte.

Sie setzten sich dort durch und wechselten nach Basel. Mussten Sie auch Beschimpfungen – wie beispielsweise Gerardo Seoane, der als Trainer zu YB ging – einstecken?
Transfers innerhalb in der Schweiz sind immer schwierig für die Fans. Aber Basel ist im Vergleich zu Luzern immer noch ein Schritt nach vorne, auch wenn ich selber FCL-Fan war als Kind natürlich. Als Obwaldner war es eine Ehre, dort zu spielen, das passiert ja nicht allzu oft. Aber du willst ja auch weiterwachsen und das ist am einfachsten, wenn man sich in ein neues Becken reinwirft.

Ihre Frau ist die Tochter einer Luzerner Legende – von René van Eck. Ist er auch als Opa so furchteinflössend, wie er aussieht?
Nein, im Gegenteil. Als Trainer wirkte er ja immer brachial, aber ich durfte ihn nun bei unserem Sohn auf eine ganz andere Art kennenlernen. Er ist ein sensibler Typ und ein toller Grossvater. Und eine Legende in Luzern: Wenn Du mit ihm durch die Stadt läufst, kommst Du nicht weit. Er muss immer wieder für Fotos anhalten.

Wie lernten Sie Ihre Frau Janice kennen?
Unser Kollegenkreis in Luzern war ähnlich. Die Stadt ist ja nicht so gross, da läuft man sich früher oder später über den Weg – ich spielte allerdings schon in Basel. Wir verliebten uns. Dann kam 2020 unser erster Sohn auf die Welt, unser zweites Kind ist unterwegs. Wir freuen uns riesig. Für mich ist meine Familie der grösste Anker, den ich habe – im ganzen wilden Fussballzeugs. Darum war es auch wunderschön, dass alle mein Debüt mit Gladbach gegen Leverkusen vor Ort erleben konnte, auch meine Eltern und Geschwister.

Haben Sie René van Eck um Erlaubnis gefragt, seine Tochter zu heiraten?
Ja, ich habe ihn angerufen. Er sagte: «Ja, kannst du gerne machen.» Und dann fragte er mich, wie das Spiel am Wochenende gewesen ist. (lacht)

Wo haben Sie den Antrag gemacht?
In Luzern auf der Terrasse der Schwiegermutter. Ich stellte ein paar Rosen auf und sie sagte Ja. Danach heirateten wir im Hotel Montana in Luzern.

Reden wir noch über die Nati: Vor der WM 2022 wurden Sie von der Nummer 2 zur Nummer 3 degradiert, Gregor Kobel stand dann gegen Serbien im Tor. Wie empfanden Sie das?
Es war natürlich eine Enttäuschung. So wie Murat Yakin es mir sagte, war es ein offener Zweikampf, aber vielleicht konnte ich mich in Frankreich auch zu wenig aufdrängen und ich war kurz vor der WM ja auch noch verletzt. Darum fiel der Entscheid halt so – aber davon lasse ich mich nicht aus der Ruhe bringen. Ich bin erst 29 und habe noch Zeit anzugreifen.

Foto: Toto Marti

Die Karten könnten ab Sommer neu gemischt werden, falls Yann Sommer bei Bayern wegen Manuel Neuer wirklich auf der Bank sitzt.
Ich glaube nicht, dass Yann auf der Bank sitzt. Wenn Neuer zurückkäme, würde Yann sicher eine Lösung haben.

Bundesliga
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Bayern München
Bayern München
3
8
9
2
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund
3
4
7
3
RB Leipzig
RB Leipzig
3
2
7
4
1. FC Heidenheim 1846
1. FC Heidenheim 1846
3
4
6
5
Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen
3
3
6
6
Eintracht Frankfurt
Eintracht Frankfurt
3
1
6
6
SC Freiburg
SC Freiburg
3
1
6
8
Werder Bremen
Werder Bremen
3
1
5
9
Union Berlin
Union Berlin
3
1
5
10
VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
3
0
4
11
FC Augsburg
FC Augsburg
3
-2
4
12
VfL Wolfsburg
VfL Wolfsburg
3
0
3
13
Borussia Mönchengladbach
Borussia Mönchengladbach
3
-1
3
14
TSG Hoffenheim
TSG Hoffenheim
3
-4
3
15
FSV Mainz
FSV Mainz
3
-1
2
16
VfL Bochum
VfL Bochum
3
-4
0
17
FC St. Pauli
FC St. Pauli
3
-5
0
18
Holstein Kiel
Holstein Kiel
3
-8
0
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