So tickt Leeds' genialer Aufstiegstrainer Marcelo Bielsa
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Taktik tüftelt er im McDonalds:So tickt Leeds' genialer Aufstiegstrainer Marcelo Bielsa

Trainer tüftelt im McDonald's
Hinter Leeds-Aufstieg steckt ein Wahnsinniger

Ezgjan Alioski (28) und Gaetano Berardi (31) steigen mit Leeds in die Premier League auf. Hinter dem Erfolg steckt ein Wahnsinniger: Marcelo Bielsa (64).
Publiziert: 19.07.2020 um 12:02 Uhr
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Aktualisiert: 20.07.2020 um 10:57 Uhr
Michael Schifferle

Wer sehen will, wo an der Siegertaktik des Leeds United Association Football Club getüftelt wird, muss nur rasch zu McDonalds gehen. Dort sitzt wöchentlich Marcelo Alberto Bielsa Caldera, ein 64-jähriger Argentinier aus Rosario, und brütet beim Happy Meal oder einem McFlurry mit Smarties über seinem Laptop.

«El Loco» nennen sie ihn, und eben dieser Verrückte, der schon die argentinische Nati trainierte und mit jener von Chile an der WM 2010 auch die Schweiz besiegte, brachte eine Stadt zum Beben, deren fussballerischer Stolz zu verkümmern schien. 2007 stürzte der Meister von 1992 und Champions-League-Halbfinalist von 2001 in die Drittklassigkeit. Der finanzielle Kollaps stand kurz bevor. Seit 2010 darbte er in der zweitklassigen Championship, zehn zähe Jahre lang.

Guardiola adelte Bielsa

Dann kam Bielsa, der Fussball-Denker, den selbst Pep Guardiola als «bester Trainer der Welt» adelt, und brachte den Klub mit eisenharter Hand und fachlicher Raffinesse in die Spur. Letztes Jahr scheiterte die Mannschaft knapp auf der Zielgeraden, am Freitag nun wurde ihre Rückkehr in die Premier League nach 16 Jahren offiziell – Verfolger West Bromwich strauchelte. Auch zur Freude des Tessiners Gaetano Berardi (31) und von Ezgjan Alioski (28), des früheren YB- und Lugano-Flitzers, die für die «Peacocks» kicken, die Pfauen.

Marcelo Bielsa coacht Leeds seit 2018 – mit sehr viel Hingabe. Und Erfolg.
Foto: imago images/PA Images
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Verteidiger Berardi machte unter Ottmar Hitzfeld gar ein Länderspiel. Er stand in 40 von 44 Spielen im Kader und 12-mal in der Startelf, Alioski war 42-mal im Aufgebot und begann 19-mal – wieder als Linksverteidiger, der er war, bis er in Lugano zum Stürmer wurde. Getroffen hat er dennoch fünfmal.

2019 hob Alioski im SonntagsBlick hervor, was es heisst, unter Bielsa zu schuften: «Keiner trainiert härter als wir. Keine andere Mannschaft betreibt mehr Aufwand. Wir sind pro Tag fünf bis sechs Stunden im Einsatz.»

«Taktik, Taktik, Taktik»

Und der Pole Mateusz Klich erzählt: «Es ist sehr streng hier, wie beim Militär. Es ist Taktik, Taktik, Taktik. Es ist nicht einfach, denn man braucht Power und Fitness. Aber wir haben nicht gewusst, wie gut wir sein können.»

Seine Teams wandeln zwischen 4–1–4–1 und 3-3-3-1 – mit perfekt orchestriertem Pressing und bedingungsloser Hingabe.

Den «Verrückten» nennen sie Bielsa nicht bloss, weil er stundenlang Taktik drillt, im Fast-Food-Laden sitzt, im Trainingsanzug einkaufen geht und nach Niederlagen nackt durch die Kabine wandelt – sondern auch, weil mehrere Engagements unvermittelt endeten. In Marseille verehrten sie ihn, ehe er nach dem ersten Spieltag seiner zweiten Saison aus Protest gegen die Klubpolitik zurücktrat. Bei Lazio Rom schmiss er nach zwei Tagen mit dem Hinweis hin, der Klub habe Transferversprechen gebrochen. Und auch in Lille ging er nach vier Monaten im Streit.

In Leeds nun scheint er sein Glück gefunden zu haben – auch dank kolportiertem Jahreslohn von umgerechnet sieben Millionen Franken. Geldnöte kennt die Familie Bielsa ohnehin nur bedingt: Sein Bruder Rafael war Aussenminister, und seine Schwester Maria ist derzeit Ministerin für ländliche Entwicklung und Wohnraum.

Alioski umschrieb Bielsa 2019 so: «Er überlässt nichts dem Zufall, ist detailversessen, fordert immer das Maximum. Auf dem Trainingsplatz ist er zwar selten, da lässt er seine Assistenten ran, aber er wirkt im Hintergrund, ist der Chef. Und wenns nötig ist, dann ist er da.»

200'000 Pfund Strafe!

Unvergesslich: Letzte Saison wurde öffentlich, dass Bielsa die Gegner per Drohnen ausspionierte – ein herber Verstoss gegen die britischen Gepflogenheiten. Bielsa zahlte die 200'000 Pfund Strafe aus eigener Tasche und erklärte sich in einer 70-minütigen Medienkonferenz.

Gescheitert ist auch er: Mit der argentinischen Nati schied er 2002 in der WM-Vorrunde aus, mit Athletic Bilbao verlor er zwei Endspiele, und mit Marseille verspielte er in den letzten Runden die Meisterschaft – das Team schien ausgelaugt.

Und doch scheint allgemeingültig zu sein, was Bayern-Profi Javi Martinez (ex Bilbao) über ihn sagt: «Jeder sollte mindestens einmal in seinem Leben mit ihm zusammenarbeiten.»

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Arsenal FC
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Liverpool FC
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Aston Villa
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Brighton & Hove Albion
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Nottingham Forest
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Chelsea FC
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Brentford FC
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Manchester United
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AFC Bournemouth
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FC Fulham
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Crystal Palace
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Ipswich Town
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Wolverhampton Wanderers
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Southampton FC
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