Die Trikots des Fan-Lieblings sind ausverkauft
Nati-Star Fabian Schär zeigt sein Newcastle

Fabian Schär (32) ist bei den «Magpies» auf dem Weg zur Klub-Legende. Weshalb sein Jugendtrainer nicht an ihn glaubte. Warum er beim FC Wil im VR sitzt. Und was er zu seiner Reservistenrolle in der Nati sagt.
Publiziert: 03.03.2024 um 11:54 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2024 um 13:46 Uhr
Fabian Schär vor dem St.-James-Park. Links von ihm die Statue von Klub-Legende Sir Bobby Robson.
Foto: TOTO MARTI
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Es gibt Dinge, die sind schlicht und einfach nicht machbar. Egal, wie oft man's versucht. Fabian Schär (32) korrekt auszusprechen, obwohl man aus Newcastle stammt. Ein Ding der Unmöglichkeit. Der Mitarbeiter im Fanshop der «Magpies» zeigt zwar ausserordentlichen Einsatz. Mehr als ein «Schar» aber kriegt er mit seinem Geordie-Dialekt, diesem wunderbaren nordenglischen Akzent, nicht hin.

«Fab» nennen sie den Nati-Verteidiger aus diesem Grund in Newcastle. Ist um einiges einfacher. Und passt auch noch perfekt zum zuvorkommenden, kumpelhaften Wiler. Mehrfach wird «Fab» auf der Strasse erkannt. Er wird vor dem St.-James-Park um ein Selfie gebeten, sorgt hoch oben auf der Burg für leuchtende Augen, wird auch in der Nähe der berühmten Tyne-Brücke von Fans erkannt. Immer nimmt er sich Zeit, nie wirkt er genervt. Auch, weil die Leute ihm den grösstmöglichen Respekt entgegenbringen. «Hier leben mit die nettesten Leute, die ich je getroffen habe», sagt Schär.

Und die fussballverrücktesten sowieso. Marc Hottiger, der Mitte der 90er-Jahre der erste Schweizer in Diensten der Magpies war, muss heute noch für Fotos posieren, wenn er den St.-James-Park besucht. «Was hier abgeht, ist aussergewöhnlich. Fussball ist Religion. Die Fans leben den Klub. Für Newcastle zu spielen, ist eine grosse Ehre», sagt Hottiger. Er selbst hat 54-mal das Trikot der Magpies getragen, Fabian Schär absolviert gegen Wolverhampton bereits sein 152. Premier-League-Spiel. Mit Stéphane Henchoz und Granit Xhaka gibts bloss zwei Schweizer, die noch öfter in der höchsten englischen Liga gespielt haben als der Innenverteidiger (siehe Box). «Eine fantastische Leistung» sei das, sagt Hottiger. «Ich hoffe, dass Fabian noch viele weitere Jahre bei Newcastle spielen wird.» Knapp sechs sinds mittlerweile. In der besten Liga der Welt.

Alle Schweizer in der Premier League

Schweizer seit Gründung der Premier League 1992

Stéphane Henchoz (243 Spiele für Liverpool, Blackburn und Wigan)

Granit Xhaka (225 Spiele für Arsenal)

Fabian Schär (151 Spiele für Newcastle)

Philippe Senderos (131 Spiele für Arsenal, Everton, Fulham und Aston Villa)

Xherdan Shaqiri (129 Spiele für Stoke City)

Valon Behrami (106 Spiele für West Ham und Watford)

Johan Djourou (103 Spiele für Arsenal und Birmingham)

Ramon Vega (63 Spiele für Tottenham)

Marc Hottiger (56 Spiele für Newcastle und Everton)

Manuel Akanji (48 Spiele für ManCity)

Gelson Fernandes (43 Spiele für Manchester City)

Edimilson Fernandes (42 Spiele für West Ham)

Pajtim Kasami (38 Spiele für Fulham)

Bernt Haas (37 Spiele für Sunderland und West Brom)

Reto Ziegler (33 Spiele für Tottenham und Wigan)

Almen Abdi (32 Spiele für Watford)

Eldin Jakupovic (28 Spiele für Leicester und Hull)

Remo Freuler (28 Spiele für Nottingham)

Zeki Amdouni (25 Spiele für Burnley)

Josip Drmic (21 Spiele für Norwich)

Timm Klose (17 Spiele für Norwich)

Stephan Lichtsteiner (14 Spiele für Arsenal)

Albian Ajeti (9 Spiele für West Ham)

Andi Zeqiri (9 Spiele für Brighton)

Kevin Mbabu (9 Spiele für Newcastle und Fulham)

Philipp Degen (7 Spiele für Liverpool)

Johann Vogel (7 Spiele für Blackburn)

Fabio Daprelà (7 Spiele für West Ham)

Denis Zakaria (7 Spiele für Chelsea)

Gökhan Inler (5 Spiele für Leicester)

Bruno Berner (3 Spiele für Blackburn)

Gaetano Giallanza (3 Spiele für Bolton)

Alexandre Jankewitz (2 Spiele für Southampton)

Patrick Foletti (2 Spiele für Derby County)

Gaetona Berardi (2 Spiele für Leeds)

Giuseppe Mazzarelli (2 Spiele für ManCity)

Cabral (1 Spiel für Sunderland)

Schweizer seit Gründung der Premier League 1992

Stéphane Henchoz (243 Spiele für Liverpool, Blackburn und Wigan)

Granit Xhaka (225 Spiele für Arsenal)

Fabian Schär (151 Spiele für Newcastle)

Philippe Senderos (131 Spiele für Arsenal, Everton, Fulham und Aston Villa)

Xherdan Shaqiri (129 Spiele für Stoke City)

Valon Behrami (106 Spiele für West Ham und Watford)

Johan Djourou (103 Spiele für Arsenal und Birmingham)

Ramon Vega (63 Spiele für Tottenham)

Marc Hottiger (56 Spiele für Newcastle und Everton)

Manuel Akanji (48 Spiele für ManCity)

Gelson Fernandes (43 Spiele für Manchester City)

Edimilson Fernandes (42 Spiele für West Ham)

Pajtim Kasami (38 Spiele für Fulham)

Bernt Haas (37 Spiele für Sunderland und West Brom)

Reto Ziegler (33 Spiele für Tottenham und Wigan)

Almen Abdi (32 Spiele für Watford)

Eldin Jakupovic (28 Spiele für Leicester und Hull)

Remo Freuler (28 Spiele für Nottingham)

Zeki Amdouni (25 Spiele für Burnley)

Josip Drmic (21 Spiele für Norwich)

Timm Klose (17 Spiele für Norwich)

Stephan Lichtsteiner (14 Spiele für Arsenal)

Albian Ajeti (9 Spiele für West Ham)

Andi Zeqiri (9 Spiele für Brighton)

Kevin Mbabu (9 Spiele für Newcastle und Fulham)

Philipp Degen (7 Spiele für Liverpool)

Johann Vogel (7 Spiele für Blackburn)

Fabio Daprelà (7 Spiele für West Ham)

Denis Zakaria (7 Spiele für Chelsea)

Gökhan Inler (5 Spiele für Leicester)

Bruno Berner (3 Spiele für Blackburn)

Gaetano Giallanza (3 Spiele für Bolton)

Alexandre Jankewitz (2 Spiele für Southampton)

Patrick Foletti (2 Spiele für Derby County)

Gaetona Berardi (2 Spiele für Leeds)

Giuseppe Mazzarelli (2 Spiele für ManCity)

Cabral (1 Spiel für Sunderland)

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«Ich hätte nicht auf Schär gewettet»

Eine sagenhafte Karriere, die Schärs Jugendtrainer Philipp Dux damals vor 16 Jahren nicht vorausgesagt hätte: «Ich hätte nicht auf ihn gewettet, nein.» Schär habe zwar gewisse Fähigkeiten gehabt, so Dux. Sei «technisch überdurchschnittlich gut» gewesen. Doch vor allem im physischen Bereich habe er grosse Defizite gehabt.

Aus diesem Grund fliegt Schär aus der U16 des FC Wil, muss zurück in den Breitensport, kickt phasenweise in der 3. Liga. Der Profifussball scheint zu jenem Zeitpunkt weiter entfernt als der FC Wil vom Meistertitel. Dux sagt: «Vielleicht hats das auch ein wenig gebraucht. Ein Schuss vor den Bug zur richtigen Zeit.» Schär sagt, dass er ein Spätentwickler gewesen sei. Und dass er etwas den Spass am Fussball verloren habe. «Erst als ich wieder zusammen mit meinen besten Kollegen gekickt und dort im offensiven Mittelfeld gespielt habe, ist die Lust, die Leidenschaft zurückgekommen.»

Dass er zu jenem Zeitpunkt grundsätzlich über genügend Biss und eine gute Arbeitsmoral verfügt, beweist er während seiner dreijährigen Lehre bei der Raiffeisenbank Wil. Raffael Eigenmann, sein damaliger Chef, ist noch heute voll des Lobes: «Er war ein sehr geschätzter Mitarbeiter damals, und wir hätten ihm zweifellos auch eine Bankkarriere zugetraut.» Fabian habe die Lehre samt BMS abgeschlossen und hätte hinterher gerne 50 Prozent bis 70 Prozent weitergearbeitet. Der FC Wil aber will davon nichts wissen. «Der Klub sagte, Fabian dürfe maximal noch 30 Prozent arbeiten», sagt Eigenmann. Der Rest ist Geschichte.

Aus dem ehemaligen 3.-Liga-Kicker und Bankangestellten ist einer der besten Verteidiger in der Geschichte des Schweizer Fussballs geworden. Über 400 Profi-Spiele hat er für den FC Wil, den FC Basel, die TSG Hoffenheim, La Coruña und Newcastle absolviert, hinzu kommen 78 Länderspiele für die Schweiz. «Bombastisch» nennt Dux den Weg, den sein ehemaliger Schützling gemacht habe. «Umso überraschender ist es für mich, dass er zuletzt in der Nati keine tragende Rolle mehr gespielt hat.»

In der Nati oft bloss dritte Wahl

Unter Murat Yakin ist der Innenverteidiger hinter Manuel Akanji und Nico Elvedi oft bloss dritte Wahl, hat von möglichen 2700 Minuten in den 30 Spielen unter Yakin bloss deren 1048 absolviert. Und das, obwohl sich Trainer und Spieler aus gemeinsamen, erfolgreichen Zeiten beim FC Basel kennen, zusammen zweimal Meister wurden, sich im ersten Jahr für den Halbfinal und im zweiten Jahr für den Viertelfinal der Europa League qualifizierten.

Dass Schär in Länderspielen zuletzt oft weniger abgeklärt wirkte, will der Innenverteidiger nicht bestreiten. Vielleicht liege es aber auch daran, dass er das Vertrauen nicht spüre, so Schär: «Wenn du bloss der Notnagel bist, dann ist es nicht dasselbe.»

Bei Newcastle ist er alles andere als das. Seit Eddie Howe die Mannschaft im Sommer 2021 übernommen hat, ist Schär unumstrittener Stammspieler. Und er zahlt das Vertrauen Woche für Woche mit sackstarken Leistungen zurück. Beim 3:0-Sieg Wolverhampton brilliert er mit gutem Auge, bereitet den letzten Treffer vor, verliert kaum einen Zweikampf, sucht immer die spielerische Lösung, ist torgefärhlich. Bereits 14 Treffer hat der Innenverteidiger für Newcastle erzielt, am Dienstag übernimmt er im FA-Cup im Penaltyschiessen gegen Blackburn Verantwortung, schnappt sich den ersten Ball und versenkt. In der letzten Saison ist er mitverantwortlich dafür, dass Newcastle die beste Abwehr der Premier League stellt.

Zur Belohnung gibts eine Vertragsverlängerung bis Juni 2025. Und ein überdimensionales Banner der Fans. «Everybody needs a Fabian Schär!» Jeder brauche einen wie Schär. Einen Spieler, der schon da war, als die Saudi-Millionen noch nicht geflossen sind. Als der Klub noch knietief im Abstiegssumpf steckte, als man befürchten musste, wie Erzrivale Sunderland in der sportlichen Bedeutungslosigkeit zu versinken.

Kader klug verstärkt

Ängste von gestern. Seit die Machthaber aus Saudi-Arabien übernommen haben, gehts steil bergauf. Weil das Kader klug verstärkt wurde, statt wahllos mit Geld um sich zu werfen, qualifizierte sich Newcastle in der letzten Saison für die Champions League. «Ein Höhepunkt» sei das gewesen, sagt Schär. Spiele gegen PSG, den BVB und Milan. Es sind die Früchte hervorragender Arbeit im sportlichen Bereich. «Die Verantwortlichen machen sich jeweils extrem Gedanken, wen sie verpflichten. Ob die Spieler auch charakterlich ins Mannschaftsgefüge passen», sagt Schär. Die saudischen Besitzer würden sich aber eher im Hintergrund halten. Bei Vertragsverhandlungen mischen sie sich kaum ein. Ab und an erscheine der Besitzer zwar in der Garderobe, so Schär. Mehr aber kriegt er nicht mit. Zur schwierigen Menschenrechtslage in Saudi-Arabien will er sich nicht gross äussern. Er sei schon bei Newcastle gewesen, bevor die neuen Eigentümer eingestiegen seien.

Für immer aber wird er kaum im englischen Norden bleiben. Weil Schärs Zukunft wohl in der Ostschweiz liegt. Bei seinem FC Wil. Dort, wo er seit kurzem im Verwaltungsrat sitzt. Maurice Weber, der Klub-Präsident, habe ihn in Newcastle besucht und sei mit der Idee gekommen, den ehemaligen Spieler einzubinden. Und Schär fühlt sich geehrt, ist sofort Feuer und Flamme. Auch, weil er sich nach der Aktivkarriere vorstellen kann, im sportlichen Bereich eines Fussballklubs zu arbeiten. Einen entsprechenden Managementkurs hat der 32-Jährige bereits absolviert.

Zukunft beim FC Wil?

Noch sei es aber zu früh, um sich konkret mit solchen Gedankenspielen zu befassen, der Fokus gilt weiterhin jenem Klub, den er in sein Herz geschlossen hat. «Newcastle ist meine zweite Heimat geworden. Mir gefällts hier», sagt Schär. Und das, obwohls in keiner anderen Region in England öfter regnet als in Newcastle. An über 160 Tagen pro Jahr prasselt Wasser auf die Köpfe der Menschen. «Nicht schlimm» sei das, sagt Schär. Hingegen richtig fies sei der beissende Wind. Und dass es im Winter bereits am frühen Nachmittag dunkel werde.

Als Gegenleistung gibts die bedingungslose Liebe der Anhänger. Als Schär beim 4:1-Sieg in der Champions League gegen PSG, dem ersten Königsklassenheimspiel seit über 20 Jahren, trifft, droht der St.-James-Park zu explodieren. Die Stimmung sei etwas vom Besten gewesen, was er je erlebt habe, sagt Schär. Auch weil es im Gegensatz zu Klubs wie ManCity, Liverpool und Arsenal kaum Touristen im Stadion gebe. Sondern Hardcore-Fans. «Die Saisonkarten werden vererbt, die Warteliste ist lang.»

Etwas länger als die Warteliste für ein Schär-Trikot. Das ist ausverkauft, wie der Fanshop-Mitarbeiter verrät. Weil der Buchstabe «ä» ausgegangen sei und man das Shirt deshalb nicht mit dem richtigen Namen bedrucken könne. Zur Not tuts aber wohl auch «Schar». Oder «Fab».

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Mannschaft
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Manchester City
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Arsenal FC
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Newcastle United
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Liverpool FC
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Aston Villa
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Brighton & Hove Albion
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Nottingham Forest
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Chelsea FC
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Brentford FC
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Manchester United
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AFC Bournemouth
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FC Fulham
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Tottenham Hotspur
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Ipswich Town
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4
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