So wild feiert Neapel den ersten Meistertitel
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Neapel dreht durch:Wilde Meister-Party in der Stadt und in der Kabine

Napoli feiert den 3. Scudetto
Blerim Dzemaili über seine Zeit in Neapel

Napoli feiert den langersehnten Meistertitel. Auch Blerim Dzemaili, der zwischen 2011 und 2014 am Vesuv spielte, freut sich über den Erfolg.
Publiziert: 05.05.2023 um 10:57 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2023 um 14:11 Uhr
FCZ-Star und Ex-Napoli-Spieler Blerim Dzemaili spricht mit Blick in seiner Züricher Lieblingspizzeria Arcade Pizzeria Napoletana über seine Zeit bei Napoli.
Foto: TOTO MARTI
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Manchmal sind es Zentimeter, die darüber entscheiden, ob man unsterblich wird oder nicht. Das weiss auch Blerim Dzemaili (37). An der WM 2014 stand im Achtelfinal gegen Argentinien der Pfosten im Weg. Einen weiteren solchen Moment hatte der 69-fache Nati-Spieler gut ein Jahr zuvor mit seinem Klub erlebt. Es ist März 2013. Napoli liegt in der Serie A auf Platz 2. Sechs Punkte hinter Juventus, als es zum Direktduell kommt. Ein Sieg – und das Titelrennen wäre wieder offen. Zur Pause steht es 1:1. Dann wird Dzemaili eingewechselt.

Napoli spielt gut. Müsste vorne liegen. Bis zum Schlusspfiff ist es nur noch eine Viertelstunde: Marek Hamsik schiesst aus 30 Metern. «Buffon lässt abprallen. Ich sprinte in den Strafraum. Der Ball springt in meine Richtung. Buffon liegt noch am Boden. Das Tor steht quasi offen. Auf der Höhe des Penaltypunkts, etwas rechts versetzt, schliesse ich mit meinem rechten Innenrist ab. Der Ball geht um Haaresbreite links am Tor vorbei», erinnert sich Dzemaili.

Ein lautes «Noooo», hallt durch das Stadio San Paolo. Weil es beim 1:1 bleibt und Napoli kurz darauf gegen Chievo Verona patzt, ist der Traum geplatzt. «Wenn ich dieses Tor geschossen hätte, bin ich sowas von überzeugt, dass wir den Scudetto gewonnen hätten.» Dzemaili wäre für die Neapolitaner unsterblich geworden. Schliesslich ist es normal, dass man sich an die Siegestorschützen gegen Juventus erinnert. Für immer.

«Sowas von verdient»

Zehn Jahre später ist der Scudetto Realität. Es ist der dritte der Klubgeschichte. Seit 1990 haben sich die Menschen in der Vesuvstadt nach diesem Moment gesehnt. «Es ist sowas von verdient. Sie haben aus ihren Möglichkeiten das Beste gemacht», freut sich Dzemaili für sie. Wir treffen den FCZ-Spieler in seiner Lieblings-Pizzeria in Zürich, der Arcade Pizzeria Napoletana. Er erinnert daran, dass vor der Saison niemand Napoli auf dem Favoritenzettel hatte. Auch weil Spieler vom Kaliber eines Lorenzo Insigne, Dries Mertens sowie Kalidou Koulibaly den Klub verlassen haben.

Trotzdem verfügt Napoli inzwischen über die beste Mannschaft in der Serie A, ist sich Dzemaili sicher. «Ich sehe kein besseres Mittelfeld, keinen besseren Sturm. Zudem haben sie mit Kim Min-jae und Giovanni Di Lorenzo den besten Innen- und Rechtsverteidiger.» Auch der Mann an der Seitenlinie – Luciano Spalletti – sei nicht zu vergessen. «Jeder, der über ihn spricht, schwärmt in den höchsten Tönen von ihm.»

Die Meisterfeier wird sich in Napoli über den ganzen Sommer hinweg ziehen. Seit Wochen schon sind die Fans aus dem Häuschen. Irgendwann wird auch Dzemaili dort sein. Wann, wisse er noch nicht genau. Seine Augen funkeln, wenn er von Napoli spricht. «Die drei Jahren waren wie zehn Jahre woanders.» Zwischen 2011 und 2014 kickte er am Fusse des Vesuvs. «Es war die beste Zeit meiner Karriere.»

Blerim Dzemaili verrät seine persönliche Top-11 aus seiner Zeit in Napoli. Er lässt sie im 3-4-3 auflaufen.
Foto: imago sportfotodienst
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Cannavaros Wohnung gemietet

Als die Pizza gegessen und der Kaffee bestellt ist, schwärmt Dzemaili von der Wohnung, in der er gelebt hat. Im malerischen und hügeligen Stadtteil Posillipo war es. In der Via Stazio. «Mozzafiato» sei die Aussicht von dort oben. Atemberaubend also. «Man sieht aufs offene Meer, die eleganten Häuser an der Riviera di Chiaia, und im Hintergrund rundet der Vesuv das Panorama ab. Dabei geht die Sonne im Meer unter. Einmalig.»

Der Besitzer der Wohnung ist Neapels berühmtester Fussballer, Weltmeister-Captain Fabio Cannavaro. Dessen acht Jahre jüngerer Bruder Paolo war damals Captain von Napoli. «Mit ihm war alles einfacher. Dank ihm hatte ich sofort ein gutes Umfeld um mich herum», erzählt Dzemaili, als der Kellner den Espresso serviert. Cannavaro habe ihm auch klargemacht, wie das Leben als Fussballer in dieser Stadt funktioniert. Die Spieler sind Helden. Fast schon Götter.

Wie speziell das Leben als Napoli-Profi sein kann, zeigt eine Anekdote über seinen damaligen Teamkollegen Ezequiel Lavezzi. «Einmal hiess es, er sei bei Louis Vuitton. Prompt war die Strasse blockiert. Leute haben ihre Autos bei laufendem Motor angehalten und sind ausgestiegen, nur um ihn zu sehen.» Napoli könne man halt mit nichts vergleichen.

Die Menschen leben den Fussball zu 100 Prozent. Das jeden Tag. «Du musst mental so stark sein. Jeder spricht über dich. Es gibt zehn Zeitschriften, hundert Internetseiten, zudem unzählige Radiosender. Wenn du eine Pizza isst, steht das morgen in der Zeitung. Man muss der Typ sein. Wer das nicht ist, ist dort am falschen Ort.» Einmal habe ihn ein früherer Mitspieler gefragt, ob er nach Napoli gehen soll, da er ein Angebot erhalten habe. «Ich habe ihm ehrlich gesagt, er sei kein Typ dafür.»

Im Legenden-Chat aufgenommen

109 Spiele hat Dzemaili für Napoli absolviert und dabei 18 Tore und 10 Assists erzielt. Mit Napoli spielte er in der Champions League und gewann zweimal die Coppa Italia, was der Grund ist, warum er in den Whatsapp-Chat der Legenden aufgenommen worden ist. Spieler aus den Meisterjahren 1987, 1990 sowie aus den Cupsieger-Teams 2012 und 2014 sind da drin. «Wir haben den ersten Titel nach 22 Jahren geholt. Das war irgendwie auch der Ursprung für den heutigen Erfolg», so Dzemaili.

Der Architekt der jüngsten Erfolge ist jedenfalls derselbe: Präsident Aurelio de Laurentiis, der mit einer Schweizerin verheiratet ist. Dzemaili zieht den Hut vor dem Filmproduzenten und hofft, dass die Erfolge wiederholt werden können. «Dafür braucht es Investitionen.» Entweder Victor Osimhen oder Chwitscha Kwarazchelia müsse wohl verkauft werden. «Wir haben damals auch Cavani verkauft, dafür Higuain geholt.» Entscheidend sei, wer als Ersatz geholt werde.

Mittlerweile hat Dzemaili seinen Espresso ausgetrunken. Etwas liegt ihm aber noch auf der Zunge. «Ich rate jedem, einen Match dort zu schauen und die Atmosphäre zu erleben. Es ist wirklich etwas sehr Spezielles, was ich nirgendwo sonst erlebt habe.»

Serie A
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Udinese Calcio
Udinese Calcio
4
3
10
2
SSC Neapel
SSC Neapel
4
5
9
3
Inter Mailand
Inter Mailand
4
6
8
4
Juventus Turin
Juventus Turin
4
6
8
5
FC Turin
FC Turin
4
2
8
6
Lazio Rom
Lazio Rom
4
2
7
7
Hellas Verona
Hellas Verona
4
1
6
8
FC Empoli
FC Empoli
4
1
6
9
Atalanta BC
Atalanta BC
4
0
6
10
AC Mailand
AC Mailand
4
3
5
11
Genua CFC
Genua CFC
4
-1
5
12
Parma Calcio
Parma Calcio
4
-1
4
13
US Lecce
US Lecce
4
-5
4
14
AC Florenz
AC Florenz
4
-1
3
15
AC Monza
AC Monza
4
-1
3
16
AS Rom
AS Rom
4
-1
3
17
Bologna FC
Bologna FC
4
-3
3
18
Como 1907
Como 1907
4
-4
2
19
Cagliari Calcio
Cagliari Calcio
4
-5
2
20
FC Venedig
FC Venedig
4
-7
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