Reds-Star Van Dijk exklusiv

«Ich denke nicht, dass Shaqiri Liverpool verlässt»

Ein Mann wie ein Baum. Wer Virgil van Dijk gegenübersteht, sieht 92 Kilogramm pure Muskeln auf 1,93 Meter verteilt. «Von welcher Zeitung bist du?», will er wissen. «Schweizer? Kein Problem.»

Die Frage hat nach dem 3:1-Sieg von Holland gegen England im Halbfinal der Nations League einen speziellen Grund. Seine Lust, mit englischen Boulevard-Zeitungen zu reden, hält sich wohl in engen Grenzen. 90 Minuten lang haben die englischen Fans den Holländer von Liverpool ausgepfiffen.

«Peinlich», nennt es England-­Legende Gary Lineker auf Twitter. Auch weil Van Dijk als gute Seele gilt, die sich für das Rote Kreuz einsetzt und 120 krebskranken Kindern eine Weihnachtsparty an der Anfield Road bezahlte. Aber Virgil van Dijk (27), das ist vor allem der beste Verteidiger der Welt, der auch für den Ballon d’Or nominiert werden dürfte. Für den Liverpool 85 Millionen Euro an Southampton zahlte. Der sinnbildlich für den Champions-League-Sieg von Liverpool steht. Datenerfasser Opta rechnet vor, dass es wettbewerbsübergreifend in den letzten 65 Spielen keinem gelang, per Dribbling an ihm vorbeizukommen. Mit SonntagsBlick spricht der holländische Superstar über seinen Mitspieler Xherdan Shaqiri und den Final am Sonntag gegen Portugal.

SonntagsBlick: Virgil van Dijk, als Schweizer interessiert uns natürlich, wie Sie Ihren Liverpool-Mitspieler Xherdan Shaqiri sehen.
Virgil van Dijk: Shaq ist ein fantas­tischer Spieler. Ein grossartiger Mensch. Ich bin unglaublich glücklich, dass er in Liverpool ist. Ich geniesse es sehr, mit ihm zu spielen.

Wenn Sie sagen, er sei ein grossartiger Typ - was macht ihn denn als Menschen aus?
Er sagt immer, was er sagen will. Er ist nicht scheu, seine Meinung klar zu äussern. Er ist darum ein sehr wichtiges Mitglied unserer Mannschaft und auch für unseren Erfolg.

Also wäre es ein Fehler, wenn er Liverpool verlassen würde?
Ich glaube nicht, dass Shaq Liverpool verlassen wird. Ist das eine Spekulation in den Medien bei euch?

Ja, weil er in den letzten Monaten bei Liverpool nicht viel spielte.
Er weiss ganz genau, wie er die Situation einzuschätzen hat. Ich denke überhaupt nicht, dass er wechseln wird.

Virgil van Dijk

Weil sich sein Vater früh scheiden und die drei Kinder im Stich liess, steht bloss Virgil auf dem Trikot des Liverpool-Stars und nicht Van Dijk. Auch das Verhältnis zur englischen Presse ist angespannt, weil diese berichtet hat, Van Dijk habe seine Ehefrau Rike mit einem Pornostar betrogen. Mit seiner Frau hat der Holländer eine Tochter namens Nila (4). Aufgewachsen ist Van Dijk in Breda. Via Groningen, Celtic und Southampton landet der Verteidiger beim FC Liverpool. Er ist 26-facher Nationalspieler.

Weil sich sein Vater früh scheiden und die drei Kinder im Stich liess, steht bloss Virgil auf dem Trikot des Liverpool-Stars und nicht Van Dijk. Auch das Verhältnis zur englischen Presse ist angespannt, weil diese berichtet hat, Van Dijk habe seine Ehefrau Rike mit einem Pornostar betrogen. Mit seiner Frau hat der Holländer eine Tochter namens Nila (4). Aufgewachsen ist Van Dijk in Breda. Via Groningen, Celtic und Southampton landet der Verteidiger beim FC Liverpool. Er ist 26-facher Nationalspieler.

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Um Van Dijks Führungsrolle bei Liverpool zu verstehen, reicht eine Szene aus der Vorrunde. In der zweitletzten Runde im Kampf um die Meisterschaft steht es in der 86. Minute 2:2 zwischen Newcastle und Liverpool. Da rea­giert Van Dijk bei einem Freistoss auf der rechten Seite.

«You!», also «Du!», schreit er in Richtung Shaqiri. Er läuft Richtung Ball, um sich Gehör zu verschaffen - und schickt Trent Alexander-Arnold weg. Shaqiris Flanke wird dann von Divock Origi eingenickt.
Es ist eine Muster-Karriere, die der Hüne macht. Er beginnt bei Groningen, landet über Celtic und Southampton im Januar 2018 bei Liverpool. Er ist der Inbegriff eines Führungsspielers, der immer wieder menschliche Qualität zeigt.

Zum Beispiel auch beim 2:2 im Nations-League-Spiel von Holland gegen Deutschland. Nach dem Spiel bricht Schiedsrichter Ovidiu Hategan in Tränen aus. Van Dijk umarmt den Rumänen, spendet ihm Trost. Und sagt danach: «Er hat mir erzählt, dass seine Mutter kürzlich verstorben ist. Er konnte es nicht mehr zurückhalten und begann zu weinen. Ich habe ihm kondoliert und sagte ihm, dass er eine gute Schiri-Leistung gebracht hat. Es ist eine Kleinigkeit, aber ich hoffe, dass es ihm geholfen hat.»

Später weiss man: Hategan hatte vom Tod seiner Mama in der Halbzeitpause erfahren.

Schon ein paar Tage zuvor hatte Van Dijk die Nation gerührt, als er sich beim Heimspiel gegen Frankreich (2:0) in Rotterdam um ein frierendes Einlaufmädchen (7) kümmerte und ihm eine Jacke überzog.

Es sind solche Gesten, welche die Pfiffe der englischen Fans noch unverständlicher machen. Zumal diese bereits die Nationalhymne Hollands ausgepfiffen hatten. Die Quittung war der 3:1-Sieg Hollands nach Verlängerung - und die Final-­Teilnahme heute gegen Portugal, während England im Spiel um Platz 3 auf die Schweizer Nati trifft.

Am Sonntag treffen Sie auf Cristiano Ronaldo. Wunderkind Matthijs de Ligt und Sie sind doch genau die Richtigen, um ihn zu stoppen.
Wir werden uns alle auf ihn vorbereiten und zusammen verteidigen. Aber wir treffen nicht nur auf Cristiano Ronaldo, sondern auf ein grossartiges Portugal. Die Mannschaft hat Erfahrung, einige ältere Spieler, aber auch fantastische Talente. Sie haben einen grossartigen Mix. Wir werden alles geben, was wir können, und holen hoffentlich den Pokal am Ende. Wir wollen den Titel holen und alle stolz machen.

Was würde der Titel bedeuten? Nur Sie und Georginio Wijnaldum könnten den zweiten grossen Titel acht Tagen nach dem Champions-League-Sieg feiern.
Ja, es war eine intensive Woche. Der Sieg wäre für alle etwas Spezielles. Für das Team und das ganze Land. Und es wäre ein guter Start für die Zukunft. Wenn wir nicht gewinnen, haben wir viel gelernt und versuchen es wieder.

Haben Sie Portugal gegen die Schweiz gesehen?
Ja. Die Portugiesen sind selbstbewusst aufgetreten, sie sind gut. Wir müssen unser Spiel machen, ohne zu vergessen, was ihre Stärken sind. Wir fokussieren uns auf uns selbst und versuchen, sie unter Druck zu setzen. Wir haben vor eineinhalb Jahren gegen sie gespielt (und 3:0 gewonnen, Anm. der Redaktion). Sie haben seither ihre Spielart ein wenig verändert.

In portugiesischen Medien haben Sie schon vor dem England-Spiel über das Wunderkind Joao Felix gesprochen.
Nicht ich habe über ihn gesprochen, ich wurde nach ihm gefragt.

Wie sehen Sie ihn?
Ich sah ihn in der Europa League, jeder sah ihn da. Er ist ein grosses Talent. Er hat eine grosse Zukunft vor sich, wenn er normal bleibt und hart an sich arbeitet.

Was erwarten Sie für ein Spiel bei Holland gegen Portugal? Holland mit dem Ball und Portugal, das verteidigt?
Ich hoffe, wir gewinnen. Das ist die Sache, die zählt. Aber es wird ein schwieriges Spiel für sie wie auch für uns.

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