DFB-Coach im Interview
Jogi Löw vor dem Kracher gegen die Nati

Weltmeister-Trainer Jogi Löw (60) kickte für Schaffhausen, Winterthur und Frauenfeld, bevor er Trainer wurde. Bei einem Klassentreffen blickt er zurück – auf Roberto Di Matteo, verkaufte Krawatten und seine Stammbeiz.
Publiziert: 05.09.2020 um 00:19 Uhr
Matthias Dubach

Jogi Löw, 60 Jahre alt, Weltmeister-Trainer. Sechs Jahre lang hat er in der Schweiz gelebt, grosse Teile der Trainerausbildung gemacht. Und am Sonntag spielt er nun mit der deutschen Nationalmannschaft in Basel, Nations League gegen die Schweiz. Es ist ein wenig auch die Rückkehr des verlorenen Sohnes.

Schon vor zwei Wochen ist er hier, bei einer Art Klassentreffen. In Schaffhausen gibt es ein Spiel zwischen einer Auswahl von Legenden und Trainern. Im Team von Legenden-Trainer Rolf Fringer kicken viele FCS-Spieler der 80er- und 90er-Jahre mit. Löw, von 1989 bis 1992 FCS-Spieler, kommt für einen Blitzbesuch beim Ex-Klub in die Schweiz. Spielen darf er nicht, wegen der Corona-Gefahr. Eine verschwitzte Kabine ist ein Nährboden für das Virus, befürchtet man.

BLICK: Herr Löw, wie viel Prozent ihres Fussballkönnens haben Ihre ehemaligen Teamkollegen noch drauf?
Jogi Löw:
Bei einigen sieht man auf jeden Fall, dass sie mal richtig gute Fussballer waren. Das Tempo leidet natürlich. Aber die technischen Fähigkeiten verliert man nicht. Vielleicht gehts im Alter manchmal etwas lang vom Kopf bis in den Fuss. Aber wir haben ein paar schöne Situationen gesehen, vor allen Dingen auch schöne Tore.

Jogi Löw hat einen besonderen Bezug zur Schweiz, insgesamt wohnte er sechs Jahre in Schaffhausen.
Foto: imago images/Eibner
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Ihr ehemaliger FCS-Kollege Roberto Di Matteo fehlte. Haben Sie ihn vermisst?
Ja, ich hätte ihn gerne wieder mal gesehen. Manchmal haben wir uns in London getroffen und die Chance gehabt, uns etwas auszutauschen. Aber das ist schon ein paar Jahre her. Robi ist ja ein Schaffhauser Kind mit Weltkarriere.

Auch Sie haben eine Weltkarriere gemacht und lassen den Kontakt nach Schaffhausen nicht abreissen, obwohl Sie nicht hier aufgewachsen sind. Warum?
Ich habe noch einige Freunde unter den ehemaligen Mitspielern, mit denen ich guten Kontakt habe. Das ist nicht üblich, doch die Kontakte sind nie abgerissen. Es waren drei schöne Jahre als Spieler in Schaffhausen. Da ich auch danach noch hier gelebt habe, wohnte ich sechs Jahre in der Stadt. Deshalb ist Schaffhausen ein Stück Heimat. Und meine Trainerkarriere hat hier begonnen. Rolf Fringer war mein Förderer. Er hat mich mitgenommen zu Stuttgart. Dadurch habe ich erst die Chance gekriegt, auf solchem Niveau Trainer zu sein.

Wo haben Sie damals in Schaffhausen am liebsten die Zeit verbracht?
Im Sommer waren wir natürlich gerne im Rhein. Und wir waren oft im «Kastanienbaum» bei Werner und Lilly. Da haben wir quasi einen Stammtisch gehabt. Ich weiss aber nicht, ob es das Restaurant noch gibt.

In der früheren Form nicht mehr, Kult-Beizer Werni hat altershalber aufgehört.
Das gibt es also nicht mehr. Da sind wir früher jeden Mittag hin.

Persönlich

Joachim Löw kommt am 3. Februar 1960 in Schönau im Schwarzwald auf die Welt. 1978 startet er seine Profikarriere beim SC Freiburg. In der Bundesliga hat er in 52 Spielen 7 Tore erzielt. 1995 hängt er seine Fussballschuhe an den Nagel. Er wird Co-Trainer beim VfB Stuttgart und übernimmt nach dem Rücktritt von Rolf Fringer das Zepter. 1997 gewinnt er den DFB-Pokal.

Seit August 2006 ist Löw Cheftrainer der deutschen Nationalmannschaft. Der Weltmeistertitel 2014 in Brasilien ist sein Meisterwerk. Privat: 1986 heiratet Jogi Löw seine Daniela. Im Sommer 2016, nach 30 Jahren Ehe, haben sich die beiden freundschaftlich getrennt.

Joachim Löw kommt am 3. Februar 1960 in Schönau im Schwarzwald auf die Welt. 1978 startet er seine Profikarriere beim SC Freiburg. In der Bundesliga hat er in 52 Spielen 7 Tore erzielt. 1995 hängt er seine Fussballschuhe an den Nagel. Er wird Co-Trainer beim VfB Stuttgart und übernimmt nach dem Rücktritt von Rolf Fringer das Zepter. 1997 gewinnt er den DFB-Pokal.

Seit August 2006 ist Löw Cheftrainer der deutschen Nationalmannschaft. Der Weltmeistertitel 2014 in Brasilien ist sein Meisterwerk. Privat: 1986 heiratet Jogi Löw seine Daniela. Im Sommer 2016, nach 30 Jahren Ehe, haben sich die beiden freundschaftlich getrennt.

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Ihr Ex-FCS-Mitspieler Axel Thoma hätte Sie 2003 beinahe zum FCZ gelotst. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Ihnen gabs bereits zu FCS-Zeiten – als Nebenjob haben Sie Krawatten verkauft. Thoma sagt, er kann die Story nicht mehr hören. Wie ist es bei Ihnen?
(Lacht.) Ich habe noch immer ein paar davon und ziehe die manchmal auch an. Das war damals eine gute Erfahrung mit diesen Krawatten. Ich glaube, wir haben nicht so viele verkauft.

Trotz vielen Versuchen?
(Schmunzelt.) Wir haben uns auf jeden Fall viel Mühe gegeben und viel Zeit investiert, aber Erfolg haben wir keinen gehabt. Deshalb habe ich auch immer noch welche zu Hause.

Axel Thoma (55) ist aus der Schweizer Zeit Löws bester Freund geblieben. Sie verkaufen damals Krawatten, Thoma meinte: «Wir halfen nur einem Freund, weil wir bekannt waren.» Er sei zu jener Zeit bei Löw ein und aus gegangen, «seine damalige Frau kochte immer für uns».

Herr Löw, kennen Sie einen Spieler aus der aktuellen FCS-Mannschaft?
Nein, ich kenne keinen. Ich verfolge ab und zu die Ergebnisse und die Tabelle. Letzte Saison war es offenbar etwas schwierig, da waren sie in der Tabelle etwas weit hinten. Ich weiss, dass viele junge Spieler im Team sind. Aber ich bin überzeugt, dass hier Murat sehr gute Arbeit leistet.

Murat Yakin ist bereits zum zweiten Mal Schaffhausen-Trainer.
Er war ja auch mal Spieler bei mir in Stuttgart und bei Fenerbahce Istanbul, da habe ich mit ihm zu tun gehabt. Mit dem schönen neuen Stadion könnte Schaffhausen demnächst mal wieder den Aufstieg in die Nati A in Angriff nehmen.

Die NLA heisst mittlerweile Super League …
Stimmt, die Super League (lacht).

1992 wechselt Löw zu Winterthur. Er trainiert dort auch seine erste Mannschaft, die D-Junioren des Klubs. Danach will ihn der FC Töss (2. Liga) verpflichten. Nach Verhandlungen in Unterohringen sagt Löw aber ab – und geht als Spielertrainer zum FC Frauenfeld. Im Matchprogramm wird er «Joggi» genannt. Parallel macht er die Trainerkurse – und wird 1995 Assistent von Rolf Fringer, seinem ehemaligen Trainer in Schaffhausen.

Von diesem übernimmt er in Stuttgart. Danach ist er Trainer von Fenerbahçe, Karlsruhe, Adanaspor und Tirol Innsbruck – bis er 2003 fast wieder in die Schweiz kommt.

Der FCZ sucht einen Nachfolger für Trainer Georges Bregy – und verhandelt mit Löw und Lucien Favre. «Ja, ich hatte mal eine Anfrage und auch ein sehr, sehr gutes Gespräch mit Sven Hotz. Er war ja der starke Mann damals beim FC Zürich, er machte sehr viel für den Verein. Damals hätte es fast geklappt. Ich weiss nicht mehr, warum es am Ende nicht zustande kam», sagte Löw im BLICK-Interview 2017.

Das Schicksal meinte es anders: Favre holte später zwei Meistertitel mit dem FCZ, Löw landet nach einer Station bei Austria Wien beim DFB – als Assistent von Jürgen Klinsmann. Weil die Heim-WM 2006 gut verläuft, wird Löw dessen Nachfolger. Der Rest ist Geschichte: Löw ist seit 14 Jahren Trainer der DFB-Elf und führte die Mannschaft zum WM-Titel 2014.

Es gibt immer wieder Fussballer, die im Karriereherbst nochmals zum kleinen Stammklub zurückkehren. Wäre das auch eine Idee für Sie als Trainer, aufs Alter nochmals in den Schweizer Fussball zurückzukehren?
Das weiss ich nicht. So was kann man nicht unbedingt planen. Das habe ich früher mal gemeint. Da dachte ich: Wie lange bin ich Bundestrainer? Zwei Jahre, vier Jahre, sechs Jahre? Doch jetzt bin ich fast 16 Jahre beim DFB. Das hätte ich nie gedacht. Jetzt haben wir die grosse Aufgabe EM im nächsten Jahr vor uns. Mal schauen, wie es weitergeht.

Hoffentlich eine EM mit Zuschauern.
Das wäre für alle wünschenswert, ja.

Die Nations-League-Partien gegen Spanien und die Schweiz finden ohne Fans statt. Haben Sie zuletzt in der Champions League festgestellt, dass sich in Geisterspielen öfters das Team mit der höheren Qualität durchsetzt?
Ja, grösstenteils. Man hat gesehen, dass die Mannschaften im Vorteil sind, die eine klare Philosophie verfolgen. Diese Teams haben sich oft gut aus der Affäre gezogen. Bei einigen Mannschaften hat man gemerkt, dass sie stark von den Zuschauern und vielleicht auch vom Heimvorteil leben. Aber man hat auch gesehen, dass die Qualität von einigen Mannschaften sehr gut war, unabhängig davon, ob das Stadion leer oder voll ist.

Wie beim denkwürdigen 8:2 der Bayern gegen Barcelona. Hat Sie diese Partie an Ihr legendäres 7:1 gegen Brasilien erinnert?
Solche Ergebnisse sind selten, vielleicht müssen wir jetzt viele Jahre darauf warten. Doch es kann vorkommen, sogar an einer Weltmeisterschaft und in der Champions League. Aber man kann solche Spiele nicht unbedingt vergleichen. Wir hatten Spielphasen, in denen wir Fehler von Brasilien brutal ausgenutzt haben. Doch sie blieben gefährlich. Bayern war vielleicht noch dominanter. Mit Ausnahme der ersten zehn Minuten hatten sie alles total unter Kontrolle gehabt. Es war schon etwas erschreckend, wie schwach Barcelona war, denn das ist sonst eine Mannschaft, die sich gut befreien kann. Natürlich lag das auch daran, wie stark Bayern war. Aber es gibt solche Tage, die mit schrecklichen Ergebnissen für manche enden.

Liga A, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Portugal
Portugal
2
2
6
2
Kroatien
Kroatien
2
0
3
3
Polen
Polen
2
0
3
4
Schottland
Schottland
2
-2
0
Liga A, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Italien
Italien
2
3
6
2
Frankreich
Frankreich
2
0
3
3
Belgien
Belgien
2
0
3
4
Israel
Israel
2
-3
0
Liga A, Gruppe 3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Deutschland
Deutschland
2
5
4
2
Niederlande
Niederlande
2
3
4
3
Bosnien und Herzegowina
Bosnien und Herzegowina
2
-3
1
4
Ungarn
Ungarn
2
-5
1
Liga A, Gruppe 4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Dänemark
Dänemark
2
4
6
2
Spanien
Spanien
2
3
4
3
Serbien
Serbien
2
-2
1
4
Schweiz
Schweiz
2
-5
0
Liga B, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Georgien
Georgien
2
4
6
2
Albanien
Albanien
2
0
3
3
Tschechien
Tschechien
2
-2
3
4
Ukraine
Ukraine
2
-2
0
Liga B, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Griechenland
Griechenland
2
5
6
2
England
England
2
4
6
3
Irland
Irland
2
-4
0
4
Finnland
Finnland
2
-5
0
Liga B, Gruppe 3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Slowenien
Slowenien
2
3
4
2
Norwegen
Norwegen
2
1
4
3
Österreich
Österreich
2
-1
1
4
Kasachstan
Kasachstan
2
-3
1
Liga B, Gruppe 4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Türkei
Türkei
2
2
4
2
Wales
Wales
2
1
4
3
Island
Island
2
0
3
4
Montenegro
Montenegro
2
-3
0
Liga C, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Schweden
Schweden
2
5
6
2
Slowakei
Slowakei
2
3
6
3
Aserbaidschan
Aserbaidschan
2
-4
0
4
Estland
Estland
2
-4
0
Liga C, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Rumänien
Rumänien
2
5
6
2
Kosovo
Kosovo
2
1
3
3
Zypern
Zypern
2
-3
3
4
Litauen
Litauen
2
-3
0
Liga C, Gruppe 3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Belarus
Belarus
2
1
4
1
Bulgarien
Bulgarien
2
1
4
3
Nordirland
Nordirland
2
1
3
4
Luxemburg
Luxemburg
2
-3
0
Liga C, Gruppe 4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Nordmazedonien
Nordmazedonien
2
2
4
2
Armenien
Armenien
2
1
3
3
Lettland
Lettland
2
-2
3
4
Färöer
Färöer
2
-1
1
Liga D, Gruppe 1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
San Marino
San Marino
1
1
3
2
Gibraltar
Gibraltar
1
0
1
3
Liechtenstein
Liechtenstein
2
-1
1
Liga D, Gruppe 2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Moldawien
Moldawien
1
2
3
2
Malta
Malta
2
-1
3
3
Andorra
Andorra
1
-1
0
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