Ex-Nati-Stars über letztes Deutschland-Turnier
«Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich an die WM 2006 denke»

An der WM 2006 zeigt die Nati ein unglaubliches Turnier, bleibt ohne ein einziges Gegentor und muss nach dem Achtelfinal trotzdem nach Hause. Ehemalige Nationalspieler erinnern sich an die Zeit in Deutschland.
Publiziert: 12.06.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 12.06.2024 um 09:13 Uhr
Fussball-Redaktion

Stürmer Alex Frei (44)

«Was mir von der WM 2006 vor allem geblieben ist: Wir sind jeden Tag mit einem guten Gefühl aufgestanden und haben uns gefreut aufs Training. Jeder Tag war ein Erlebnis für sich. Bad Bertrich war etwas abgelegen, sicher kein Ballermann, aber im Dorf und im Hotel hatte es alles, was wir brauchten. Und die Menschen hatten Freude an unserer Anwesenheit, das war bei unseren täglichen Spaziergängen durchs Dorf spürbar. Nach dem dritten Gruppenspiel gegen Südkorea waren wir etwas länger im Dorf unterwegs, aber alles im Rahmen. Im Hotel gab es viele Aktivitäten während der Freizeit: Wir haben gejasst wie die Wilden und es gab eine permanente Pingpong-Rangliste. Gut erinnere ich mich noch an den Musikgeschmack von Marco Streller: Vor und nach jedem Training legte er im Bus sämtliche Mallorca-Hits auf. Sogar Valon Behrami, der damals noch sehr jung und zurückhaltend war, tanzte und johlte mit. Die Mischung zwischen Lockerheit und Seriosität hat gestimmt – wenn es ernst galt, waren wir bereit. Aus sportlicher Sicht bleibt das 2:0 gegen Togo in Dortmund hängen – das schönste Spiel meiner Nati-Karriere. Die zig-tausend Schweizer im Stadion gaben uns eine Vorahnung von der Stimmung in der Heimat. Doch erst nach dem Ausscheiden beim tollen Empfang am Flughafen Zürich realisierten wir die Euphorie, die wir ausgelöst haben. Wir haben die Menschen mit ehrlichen Auftritten emotional gepackt.»

Goalie Pascal Zuberbühler (53)

«Wir hatten damals eine riesige Euphorie in der Mannschaft und haben uns immer wie kleine Buben aufs Einrücken gefreut. Ich erinnere mich noch gut, wie wir damals nach Bad Bertrich gekommen sind. Im ersten Moment haben wir gedacht: Wo sind wir denn hier gelandet? Wir haben uns dann aber schnell richtig wohlgefühlt und die Atmosphäre im Dorf sehr zu schätzen gelernt. Alles war perfekt organisiert. Wenn ich mich jetzt so zurückerinnere, kommt alles wieder hoch. Das ganze Turnier war ein einziges Highlight. Aber natürlich steht die Partie gegen Togo in Dortmund über allem. Das war stimmungstechnisch das grösste Spiel meiner Nati-Karriere. Das Gefühl beim Einlaufen ins Stadion werde ich nie vergessen. Es ist ein riesiges Privileg, an dieser WM gespielt zu haben. Und trotzdem bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Nach einer so tollen Gruppenphase nach dem Achtelfinal nach Hause zu fahren, ohne ein einziges Gegentor kassiert zu haben, war unglaublich bitter. Du kommst nach Hause und kannst gar nichts analysieren. Weil du eigentlich nichts falsch gemacht hast. Der Ärger über die verpasste Chance hält bis heute an. Trotzdem bin ich unglaublich stolz, bei diesem Turnier dabei gewesen zu sein.»

Linksverteidiger Ludovic Magnin (45)

«Wenn ich über die WM 2006 rede, bekomme ich Gänsehaut! Es war das schönste Turnier meiner Generation. Die Euphorie rund um unser Team war verrückt. Aber auch das Innenleben der Kabine war aussergewöhnlich. Es gab bei uns keine Grüppchenbildung, ganz im Gegenteil. Da sassen jene aus der Deutschschweiz an den Tischen der Westschweizer und umgekehrt. Das ist der Verdienst des Staffs. Auf menschlicher Ebene ist hervorragende Arbeit geleistet worden. Wir hatten zudem die richtige Balance zwischen harter und fokussierter Arbeit und Freizeit, in der wir unsere Frauen und Kinder sehen konnten. Unter Ottmar Hitzfeld 2010 in Südafrika war es anders. Da kam es uns so vor, als würde uns die Decke des Hotels auf den Kopf fallen. In Deutschland hatten wir riesigen Spass untereinander und wollten nicht, dass es zu Ende geht. Wir fühlten uns stark und hatten das Gefühl, eine schwer zu schlagende Mannschaft zu sein. Entsprechend schmerzhaft war die Niederlage im Penaltyschiessen gegen die Ukraine. Wir waren am Boden zerstört. Und wenn ich daran denke, dass die Franzosen bis ins Final kamen und wir sie im ersten Spiel dominiert haben, bedauere ich das Aus noch heute.»

Vor Wahnsinnskulisse in Dortmund trifft Alex Frei zum 1:0 gegen Togo.
Foto: Toto Marti
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Stürmer Mauro Lustrinelli (48)

«Ich habe grossartige Erinnerungen an die WM 2006 in Deutschland. Angefangen bei den Fans. In Dortmund war es im Stadion keine schwarzgelbe Wand mehr, sondern eine Rotweisse. Es war beeindruckend. Gefühlt war die ganze Schweiz dort. Wir kamen mit dem Bus fast nicht ins Stadion, weil die Strasse mit Fans vollgestopft war. Wie gross die Euphorie rund um uns herum war, merkten wir genau in solchen Momenten an den Spieltagen. Ansonsten waren wir in unserem Hotel im kleinen Dorf Bad Bertrich, das fast ausserhalb der Zivilisation liegt, ziemlich isoliert. Zudem hatten wir damals noch keine sozialen Medien. Entsprechend hatten wir viel Zeit für uns und grossen Spass, unter anderem mit einigen Ping-Pong-Rundlaufturnieren. Oder als die Achtelfinal-Qualifikation feststand, erinnere ich mich an eine riesige Party. Am Tag danach konnte man nicht alle brauchen. Nicht nur menschlich, auch sportlich waren wir eine Top-Mannschaft. Wenn ich zurückdenke, bedauere ich aber immer noch den Ausgang des Turniers. Wir wären die erste Nati gewesen, die es in ein WM-Viertelfinal geschafft hätte. Wir hatten die Qualität dazu. Aber vielleicht waren wir gegen die Ukraine etwas zu müde. Köbi Kuhn hat im Verlauf der WM nicht so viel rotiert, wie wir es vielleicht nötig gehabt hätten.»

Mittelfeldspieler Tranquillo Barnetta (39)

«Ganz besonders ist mir die Stimmung in Dortmund in Erinnerung geblieben. Das war unglaublich! Fast 50’000 Schweizer Fans in einem Stadion, so etwas hat es so wohl noch nie gegeben. Mein Tor vor der Südkurve, die damals ein rotweisses Meer war, das war ein unbeschreibliches Gefühl. Ich hoffe, dass in diesem Sommer wieder so viele Fans nach Deutschland pilgern und dort die Nati so unterstützen, wie uns damals.»

Assistenztrainer Michel Pont (69)

«Die WM 2006 ist die Apotheose dessen, was wir ab Januar 2002 aufgebaut haben. Als wir mit Köbi Kuhn nach Enzo Trossero die Mannschaft übernahmen, gab es Grüppchen und interne Kämpfe. Wir mussten quasi bei null anfangen. Das erste Ziel war, eine Nati aus Spielern zu formen, die sich mit diesem Trikot identifiziert. Deshalb haben wir bewusst die Interaktion zu den Fans, so etwa mit zahlreichen Autogrammstunden, gesucht. Wir wollten, dass die Spieler die Liebe, aber auch den Druck des Publikums spüren. Ein weiterer Schlüsselmoment war dann die Barrage gegen die Türkei. Da hat die Bevölkerung erkannt, wozu diese Gruppe fähig ist. Und so entstand diese grenzenlose Euphorie. Am Morgen vor dem Spiel gegen Togo in Dortmund machten die Team-Ärzte einen Spaziergang. Als sie zurückkamen, berichteten sie uns von fast 100’000 Schweizern in der Stadt. Wir konnten es nicht glauben! Als wir dann im Stadion ankamen, wurde uns klar, in welchem Wahnsinn wir uns befanden. Ich erinnere mich noch daran, wie Johan Vogel vor dem Aufwärmen völlig geschockt auf uns zukam und uns fragte, ob wir die Nationalität gewechselt hätten. Auch wenn das Turnier dann mit dem verlorenen Penaltyschiessen gegen die Ukraine abrupt endete, war dieses der Grundstein für die erfolgreichen weiteren Jahre.»

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Israel
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Liga A, Gruppe 3
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Schweiz
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Tschechien
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Irland
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