Chihadeh besitzt Salon in Brig
Palästinensischer Coiffeur stürmt bald für Thun

Im Sommer wird die Liga um einen Spieler mit spannender Vita reicher: Saleh Chihadeh. Oberwalliser. Palästinenser. Coiffeursalon-Besitzer.
Publiziert: 14.05.2019 um 02:30 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2023 um 00:05 Uhr
Saleh Chihadeh posiert in Brig.
Foto: Isabelle Favre
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Alain Kunz (text), Isabelle Favre (Fotos)

Das Oberwallis und der FC Sion. Gefühlt meint man, es habe immer einen Spieler aus dem deutschsprachigen Teil des Kantons im Kader gehabt. Die Realität ist: Wenn Chihadeh im Sommer zum ersten Mal für den FC Thun aufläuft, ist er der erste seit Raphael Wicky vor zwölf Jahren, der Super League spielt. Mit Goalie Noah Berchtold steht wohl ein Oberwalliser im Kader des FC Sion. Nur hat der noch nie gespielt.

«Das hatte ich nicht gewusst, bis mich der ‘Walliser Bote’ darauf aufmerksam gemacht hat», sagt Chihadeh (24). «Das ist natürlich eine Ehre für mich, aber noch weit weg. Im Moment gehts nur darum mit dem SC Kriens den Ligaerhalt zu schaffen.»

Schon acht Tore in der Challenge League

Denn Saleh spielt derzeit am Fusse des Pilatus. Und das erfolgreich! Achtmal schon hat er getroffen und bildet zusammen mit Challenge-League-Topskorer Nico Siegrist ein Top-Sturmduo. Letzte Saison hilft er mit die Luzerner in die zweithöchste Liga zu schiessen.

Und diese Saison die Liga zu halten, weshalb der FC Thun auf ihn aufmerksam wird. Neuland? Nein, Sportchef Andres Gerber holt einen verlorenen Sohn ins Oberland zurück. Denn Saleh war bereits in der U16 eine Saison lang dort und später auch in der U21.

Da trainiert er auch mit der ersten Mannschaft, sitzt gar in drei Spielen auf der Bank der ersten Mannschaft. Eingesetzt wird er von Trainer Urs Fischer nicht. Doch aus der Super League wirds nichts, weshalb er zu seinem Stammklub Naters zurückkehrt. Drei Saisons lang kickt er in der 1. Liga, macht 113 Spiele und 53 Tore, bevor Kriens anklopft. Und nun eben: Thun.

Constantin rief Chihadeh auch schon an

Warum nicht der FC Sion? «Doch, die haben sich auch gemeldet. Das war vor einem Jahr», erinnert sich Saleh. «Christian Constantin rief mich an. Der aktuelle Sion-Coach Christian Zermatten, der bei Naters ein Jahr lang mein Trainer gewesen war, hatte CC von mir erzählt. Doch ich sagte ab, weil ich mich zuerst in der Challenge League durchsetzen wollte. Seither habe ich nichts mehr gehört.»

Geboren ist Chihadeh in Deutschland, im Dörfchen Altenkirchen bei Bonn. Doch schon früh gehts zurück nach Palästina, von wo seine Eltern kommen. Schon bald findet der Vater einen Job in einer Elektrofirma in Naters, weshalb die Familie ins Oberwallis disloziert. Saleh ist fünf und wächst mit diesem merkwürdigen Dialekt auf, der die übrige Schweiz so wunderbar unterhält.

In Brig eröffnet Saleh einen Coiffeursalon, steht regelmässig dort und schneidet Haare. «Ich mache das ungemein gern. Vor allem bei meinen Ex-Mitspielern des FC Naters.» Als Halbprofi bei Kriens geht das noch. Wenn Saleh zu Thun wechselt, ist Feierabend damit. Dann wird aus einem Halb- ein Vollprofi.

«Dafür habe ich meine drei Angestellten», sagt er, der in Brig die Handelsmittelschule für Sportler und Künstler absolviert hat und seine Verträge bei Kriens und Thun ohne Berater ausgehandelt hat. «Diese vielen Anfragen von Agenten wirkten auf mich unseriös. Auf Facebook, per WhatsApp, gar auf Instagram – überall. Ich sagte mir: ich kann diesen Weg alleine gehen.»

Aufgebot für Palästina-Nati per WhatsApp

Apropos WhatsApp: Auf diese Weise kriegt er auch sein erstes Aufgebot für die palästinensische Nationalmannschaft (Nummer 99 des Fifa-Rankings) für ein Länderspiel gegen die Malediven in Jenin im Norden der Westbank.

Erstmals wieder seit seiner Kindheit reist er in seine Heimat, die fremd ist für ihn. 8:1 gewinnt das Team. Saleh kommt nicht zum Einsatz. Das Erlebnis indes ist riesig, die Ein- und Ausreise, die er alleine macht, mühsam.

«Anderthalb Stunden musste ich warten, als die in Tel Aviv meinen arabischen Namen entdeckten.» Über diesen Flughafen musste Chihadeh gehen, denn in den besetzten palästinensischen Gebieten lassen die Israelis keinen Flughafen zu.

Das war im November 2017.  Ein Jahr später steht Saleh mehrmals wieder im Kader, kommt auch erstmals zum Einsatz, bei einem Test gegen Pakistan (2:1). Nun hofft der Schweizerisch-palästinensische Doppelbürger auf weitere Einsätze, die bislang ausblieben. Spiele in der Super League werden das ändern. Garantiert.

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Mannschaft
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PT
1
FC Luzern
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9
6
18
2
FC Zürich
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9
6
18
3
FC Lugano
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9
5
18
4
Servette FC
Servette FC
9
-2
17
5
FC St. Gallen
FC St. Gallen
9
6
14
6
FC Basel
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9
7
13
7
FC Sion
FC Sion
9
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Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
9
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9
9
Grasshopper Club Zürich
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