Falsch eingekauft?
Die neuen FCB-Stürmer zünden nicht

Ein Grund für den sportlichen Tiefflug am Rheinknie ist die offensive Harmlosigkeit. Unsere Daten-Analyse zeigt: Der FCB hat die Leistungsträger der Vorsaison nicht 1:1 ersetzt.
Publiziert: 06.12.2023 um 00:04 Uhr
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Aktualisiert: 06.12.2023 um 07:51 Uhr
Emanuel Staub

Unter Neo-Coach Fabio Celestini ist in Basel ein leichter Aufwärtstrend erkennbar. Doch der FCB steckt nach wie vor im Tabellenkeller. Dabei sagte Heiko Vogel noch im September, das neu zusammengewürfelte Kader hätte das «Potenzial, um Titel zu gewinnen». «Ich bin überzeugt, dass diese Qualität besser ist als jene letzte Saison», sagte er in einem Interview mit der «BZ».

Die neuen Stürmer treffen nicht

Nur: Während der FCB im Frühling noch in den Conference-League-Halbfinal gestürmt ist, befindet er sich jetzt im Kriechgang. Der Aderlass war gerade in der Offensive (Amdouni, Zeqiri, Ndoye, Males, Fink) extrem. Die Quittung: Basel weist in dieser Saison die zweitschwächste Offensive der Liga auf (19 Tore). Abgesehen von GC und Stade-Lausanne-Ouchy (je 5) haben alle Teams mehr Stürmertore erzielt als der FCB (zwei von Augustin, je eines von Malone, Jovanovic und Hunziker).

Letztes Jahr waren es zum selben Zeitpunkt noch 11 Treffer durch Stürmer. So richtig drehten die FCB-Angreifer erst in der zweiten Saisonhälfte auf, am Ende standen allein in der Liga 30 Stürmertore. Um das aufzufangen, nahm der FCB viel Geld in die Hand. 2,80 Millionen für Jovanovic (Tel Aviv), 3 Millionen für Barry (Beveren), 2 Millionen für Malone (Augsburg). Aber eingeschlagen haben die teuren neuen Angreifer noch nicht.

Die neuen Stürmer des FC Basel haben Mühe. Jovanovic, für fast drei Millionen aus Israel gekommen, steht erst bei einem Saison-Tor.
Foto: keystone-sda.ch
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Falsch eingekauft?

Bei genauer Betrachtung kommt die Frage auf, ob die FCB-Verantwortlichen überhaupt die richtigen Profile gekauft haben. Während sich Jovanovic und Zeqiri gleichen – beides klassische Abschlussstürmer mit Stärken in der Box, wobei Jovanovic spielerisch gar noch ein Tick besser ist – wurde kein passender Ersatz für Amdouni gefunden.

Zwei fast identische Stürmer-Profile: Datenvergleich zwischen Jovanovic und Zeqiri via Wyscout – 1.1.2022 bis 30.6.2023.

Das ist auch schwierig. Denn Amdouni bringt ein komplettes Profil mit. Der Nati-Shootingstar verfügt über Stärken im Abschluss genauso wie eine grosse spielerische Qualität in Zone 2. «Falsche Neuner», wie er, sind selten – und demzufolge auch kaum zu ersetzen. Klar ist: Weder Malone noch Barry sind dieser Ersatz. Beide bringen gänzlich andere Voraussetzungen mit.

Barry hat Stärken im athletischen Bereich (2,58 progressive Läufe pro 90 Min.). Er ist dann gefährlich, wenn er explosiv in die Tiefe startet und den Abschluss sucht (3,67 Schüsse pro 90 Min). Mit dem Ball am Fuss ist er hingegen limitiert – etwa im Passspiel und in der technischen Sauberkeit. Sein Profil ist dank seiner Athletik perspektivisch dennoch interessant, wenn auch noch sehr roh. Malone kommt Amdouni als Typ zwar etwas näher, seine Stärken liegen im Dribbling (5,96 Dribblings pro 90 Min) und Passspiel (hohes Passvolumen, solide Präzision). In der Box (Abschluss, Laufwege, Kaltblütigkeit) einer von Amdounis Meisterdisziplinen, hat er aber noch viel Luft nach oben.

Amdouni zu ersetzen, ist kaum möglich. Ein «falscher Neuner» mit Stärken in der Box und mit grossem spielerischen Qualitäten. Datenvergleich zwischen Amdouni, Malone und Barry via Wyscout – 1.1.2022 bis 30.6.2023.

Vom Kollektiv im Stich gelassen

Wir stellen also fest: Die neuen FCB-Stürmer sind andere Spielertypen als die abgewanderten Leistungsträger. Man darf nicht die Amdouni-Schablone über Barry legen und erwarten, dass dieser dasselbe tut wie sein Vorgänger, dafür sind ihre Profile zu verschieden. Beide Spielertypen haben ihre Berechtigung. Nur sind sie nicht deckungsgleich. Die Erwartungen dürfen demnach auch nicht dieselben sein. 

Das bedeuten die Statistiken

Statistiken werden im Fussball immer wichtiger. In der Spielanalyse und im Scouting geht heutzutage fast nichts mehr ohne Daten. Doch was sollen die einzelnen Metriken genau bedeuten?

Expected Goals (xG): Ein Modell, das für jeden Torabschluss die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolgs errechnet. Entscheidend sind die exakte Abschlussposition und die Distanz zum Tor – aber auch andere Faktoren wie die Art des Abschlusses (Fuss oder Kopf) oder die Spielsituation (Standard, Konter etc.) fliessen mit ein. Jedem einzelnen Abschluss wird so eine Torwahrscheinlichkeit zugewiesen, die zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor) liegt.

Expected Goals Against (xGA): Das Expected-Goals-Modell kann nicht nur für die Offensive, sondern auch für die Defensive angewandt werden. Mithilfe der Expected Goals Against wird auf Basis derselben Faktoren errechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Gegentores per abgegebenem Abschluss des Gegners ist. Durch xGA lässt sich kalkulieren, wie stabil eine Abwehr steht. Je geringer der Wert, desto weniger lässt sie zu.

Expected Assists (xA): Basierend auf dem xG-Modell wird jeder Schussvorlage die Wahrscheinlichkeit eines Treffers zugeordnet – zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor). Der erwartete Assist-Wert (xA) einer Schussvorlage ist also der Wert der erwarteten Tore (xG) des Abschlusses, zu dem diese Vorlage geführt hat.

Expected Points (xP): Dieses Modell drückt aus, wie viele Punkte ein Team pro Spiel oder über einen längeren Zeitraum einfahren sollte, wenn sämtliche xG-Werte eingetroffen wären. Die erwartete Punktzahl setzt sich also aus der Differenz der Variablen xG und xGA zusammen. Ab circa 0,35 xG mehr als der Gegner wird ein Sieg erwartet – und dem Team entsprechend ein Wert von 3 «Expected Points» zugewiesen.

Konstruktionsstatistiken:

  • Pässe ins letzte Drittel: Wie viele Bälle bringt ein Team in die gefährliche Zone?
  • Schlüsselpässe: Zuspiele, nach denen der Angespielte in eine Abschlussgelegenheit kommt.
  • Progressive Pässe: Pässe, nach denen Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.
  • Progressive Läufe: Läufe mit Ball am Fuss, durch die Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.

Statistiken werden im Fussball immer wichtiger. In der Spielanalyse und im Scouting geht heutzutage fast nichts mehr ohne Daten. Doch was sollen die einzelnen Metriken genau bedeuten?

Expected Goals (xG): Ein Modell, das für jeden Torabschluss die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolgs errechnet. Entscheidend sind die exakte Abschlussposition und die Distanz zum Tor – aber auch andere Faktoren wie die Art des Abschlusses (Fuss oder Kopf) oder die Spielsituation (Standard, Konter etc.) fliessen mit ein. Jedem einzelnen Abschluss wird so eine Torwahrscheinlichkeit zugewiesen, die zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor) liegt.

Expected Goals Against (xGA): Das Expected-Goals-Modell kann nicht nur für die Offensive, sondern auch für die Defensive angewandt werden. Mithilfe der Expected Goals Against wird auf Basis derselben Faktoren errechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Gegentores per abgegebenem Abschluss des Gegners ist. Durch xGA lässt sich kalkulieren, wie stabil eine Abwehr steht. Je geringer der Wert, desto weniger lässt sie zu.

Expected Assists (xA): Basierend auf dem xG-Modell wird jeder Schussvorlage die Wahrscheinlichkeit eines Treffers zugeordnet – zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor). Der erwartete Assist-Wert (xA) einer Schussvorlage ist also der Wert der erwarteten Tore (xG) des Abschlusses, zu dem diese Vorlage geführt hat.

Expected Points (xP): Dieses Modell drückt aus, wie viele Punkte ein Team pro Spiel oder über einen längeren Zeitraum einfahren sollte, wenn sämtliche xG-Werte eingetroffen wären. Die erwartete Punktzahl setzt sich also aus der Differenz der Variablen xG und xGA zusammen. Ab circa 0,35 xG mehr als der Gegner wird ein Sieg erwartet – und dem Team entsprechend ein Wert von 3 «Expected Points» zugewiesen.

Konstruktionsstatistiken:

  • Pässe ins letzte Drittel: Wie viele Bälle bringt ein Team in die gefährliche Zone?
  • Schlüsselpässe: Zuspiele, nach denen der Angespielte in eine Abschlussgelegenheit kommt.
  • Progressive Pässe: Pässe, nach denen Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.
  • Progressive Läufe: Läufe mit Ball am Fuss, durch die Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.
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Der mangelnde offensive Output ist auch mit Problemen in der Chancenkreation zu erklären. Gewissermassen sind die Stürmer Opfer des schwachen Basler Kollektivs. Während in der letzten Saison im Schnitt noch 1,7 expected Goals (zu erwartende Tore, kurz xG) pro Partie erspielt wurden, sind es jetzt noch 1,2xG. Auch bei Schlüsselpässen (3,04 pro 90 Min vs. 2,45 pro 90 Min) lässt sich die negative spielerische Entwicklung ablesen. Kreieren die Mitspieler um sie herum mehr, dann werden auch die Stürmer öfter treffen.

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