FCSG-Sportchef Alain Sutter hart gefragt
Würden Sie mit Trainer Zeidler auch absteigen?

Es sind keine einfachen Zeiten für den FC St. Gallen. Jetzt spricht Sportchef Alain Sutter (53) über die schwierige Phase, und ob Trainer Peter Zeidler tatsächlich so sicher im Sattel sitzt.
Publiziert: 07.11.2021 um 14:38 Uhr
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Aktualisiert: 07.11.2021 um 14:40 Uhr
Interview: Eynat Bollag

Wie wichtig waren die Siege im Cup gegen Chiasso und gegen Meister YB?
Alain Sutter: Jeder Sieg ist wichtig. Dafür trainieren die Jungs jeden Tag. Doch in unserer jetzigen Situation mit so wenigen Punkten sind Siege umso wichtiger.

Nur 12 Punkte nach 12 Spielen. Wie erklären Sie sich das schwache erste Meisterschaftsdrittel?
Wir haben bisher zu wenig gut gespielt. Wir haben in einigen Partien unser Spiel zu wenig konsequent umgesetzt. Deshalb haben wir zu wenig Tore erzielt und zu viele bekommen. Das hat schliesslich dazu geführt, dass wir so wenige Punkte haben.

Passt der Spielstil nicht mehr zu dieser Mannschaft?
Es hat nichts mit dem Spielstil zu tun, es hat mit der Konsequenz seiner Umsetzung zu tun. Das ist die Art und Weise, wie wir beim FC St. Gallen Fussball spielen, das muss jedem bewusst sein. Und das haben noch nicht alle verinnerlicht. Wenn man so spielt, muss man das mit einer unglaublichen Konsequenz tun. Falls man dies nicht tut, sieht man richtig schlecht aus. Dann bietet man dem Gegner viel Raum, den man nicht mehr verteidigen kann.

Ernste Gesichter beim St. Galler Trio Peter Zeidler, Matthias Hüppi und Alain Sutter (von links). Das erste Drittel der Saison haben sie sich anders erhofft.
Foto: Marc Schumacher/freshfocus
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Weshalb bringen es die Spieler noch nicht auf den Platz?
Nach einzelnen Gründen zu suchen, ist für mich völlig uninteressant, generell war die fehlende Konsequenz in den Handlungen das Hauptproblem. Dass neue Spieler sich zuerst daran gewöhnen müssen, das ist normal, das hatten wir in jeder Saison. In der ersten Elf hat es aber auch viele, die schon lange da sind.

Man könnte auch den aufwendigen Stil anpassen, wenns nicht läuft. Sie meinten kürzlich aber, dass man keinen Plan B brauche, wenn Plan A konsequent umgesetzt würde. Wie lange geben Sie der Mannschaft noch Zeit?
Wir müssen erst dann umstellen, wenn wir unseren Spielstil in einer absoluten Perfektion umsetzen und wir trotzdem die meisten Spiele verlieren. Aber da wir bisher noch nie perfekt gespielt haben, stellt sich die Frage nicht.

Sie haben vor dem Saisonstart absichtlich keine Ziele genannt, dennoch dürfte ein siebter Platz den Ansprüchen kaum genügen.
Ich habe immer gesagt, dass ich jedes Spiel gewinnen möchte. Das ist nach wie vor so. Die aktuelle Anzahl Punkte entspricht nicht dem, was wir wollen.

Alle sagen, dass man von Spiel zu Spiel schauen und jedes Spiel gewinnen wolle …
… Ja, ich weiss: Für die Medien und die Öffentlichkeit ist das langweilig.

Immerhin hat Trainer Peter Zeidler nun vom Cup-Sieg gesprochen. Wirklich keine Ziele in der Meisterschaft?
Nach dem GC-Spiel habe ich gesagt: Jetzt ist Abstiegskampf! Und in dieser Situation, mit dieser Anzahl Punkte, gilt das immer noch. Will man sich des Ligaerhalts sicher sein, braucht man mindestens 40 Punkte. Und dafür war unser Punkteschnitt bisher zu tief.

Man könnte auch zum Schluss kommen, dass Sie die Abgänge nicht adäquat ersetzt haben. Oder nicht?
Das heisst es jedes Jahr – und es stimmt. Wir werden wohl auch künftig kaum in der Lage sein, Spieler auf demselben Niveau zu verpflichten, auf dem wir sie abgeben. Unsere Abgänge waren alle in einer ganz anderen Situation, als sie zu uns gekommen sind. Junge Spieler, manche in einer schwierigen Phase der Karriere, das ist unser Jagdrevier. Und wenn sie dann so weit sind wie Itten, Demirovic oder Quintillà, wird es schwierig, sie zu halten, und unmöglich, in derselben Qualität zu ersetzen. Das käme zu teuer.

Sie sind ja neben Ihrem Job als Sportchef auch eine Art Mental-Trainer. Hielten Vorträge und gaben Workshops zum Thema Stressmanagement … Haben Sie in dieser stressigen Zeit auch die Mannschaft «gecoacht»?
Nein. Hier bin ich nicht der Coach, hier bin ich Sportchef.

Aber hätten Sie es gerne getan?
Nein. Es ist wichtig, dass man weiss, welche Rolle man hat.

Sie wirken im Führungs-Trio Hüppi, Sutter und Zeidler als ruhender Pol, sind Sie das auch?
Nein, das glaube ich nicht.

Wer ist es dann?
Jeder von uns hat da seine Phasen. Es ist sicher nicht so, dass ich der ruhende Pol bin und alle anderen hyperventilieren. Jeder von uns drei hat die Qualität, auch in hektischen Zeiten eine gewisse Ruhe zu bewahren.

Zeidler meinte, dass er sich keine Sorgen um seinen Job mache. Liegt er damit richtig?
Diese Frage erübrigt sich für mich. Wir haben eine klare Strategie. Wir arbeiten nun seit drei Jahren zusammen. Der Verwaltungsrat hat vorgegeben, in welcher Art und Weise man den FCSG sehen möchte, wie Fussball gespielt werden soll. Dafür haben sie mich engagiert. Auch Trainer und Spieler sind dazu engagiert worden. Dafür stehen wir, alle drei, Matthias, Peter und ich.

Das ist aber schon etwas aussergewöhnlich.
Für mich ist es die einzig logische Konsequenz. Wir haben uns für etwas entschieden, und das wollen wir gemeinsam aufbauen. Dabei gibt es auch Aufs und Abs, das gehört dazu. Da ist es wichtig, dass man einen gemeinsamen Nenner hat.

Da machen Sie ganz auf SC Freiburg …
Ich habe es damals, als ich dort gespielt habe, miterlebt und gesehen, was sie mit den wenigen Mitteln gemacht haben. Das ist faszinierend. Etwas längerfristig aufbauen, ohne immer wieder mit neuen Leuten von vorne anzufangen. Denn das ist für mich ein grosser Ressourcenverschleiss, der wenig Sinn macht.

Zuletzt wurden auch die langfristigen Verträge mit Ihnen und Trainer Peter Zeidler wieder thematisiert. Die Frage kam auf, ob sich der FC St. Gallen gar zum Abstieg kuscheln würde. Was sagen Sie dazu?
Ich kann Ihnen versichern, dass wir uns nicht zum Abstieg kuscheln. Da muss sich keiner Sorgen machen.

Dürfte Zeidler mit dem FC St. Gallen sogar absteigen?
Das ist eine hypothetische Frage. Ich setzte mich nicht mit einem Abstieg auseinander und damit, was dann passieren würde. Wir tun hier und heute alles dafür, dass wir eine so gute Saison wie möglich spielen. Uns ist aber allen bewusst, dass wir einen ganz schlechten Start hatten und in einer schwierigen Phase sind. Der Fokus liegt auf der Gegenwart. Was nächsten Sommer ist, wissen wir alle nicht.

Fabian Schubert kam als Knipser und ist noch torlos. Was ist mit ihm los?
Viele Stürmer kennen das: Es gibt Zeiten, da will diese Kugel einfach nicht rein. Fabian musste sich an vieles hier erst gewöhnen: an den Fussball, die Trainingsintensität, Laufintensität, ans Pressing – er hat davor ganz anders gespielt. Er ist immer noch in dieser Adaptionsphase. Im Training sieht man seine Qualitäten, ich habe selten einen Spieler gesehen, der so klare Abschlüsse hat. Für mich ist es eine Frage der Zeit, bis er die Tore im Spiel macht. Wenn er dran bleibt, die Geduld und Selbstvertrauen behält, wird der Tag kommen.

Haben Sie nach den Sommertransfers Ihre Arbeit als Sportchef in Frage gestellt?
Nein. Wir wissen ja, weshalb wir welchen Transfer machen und wo wir die Jungs einordnen, die wir holen. Ich bin mir bewusst, dass nicht jeder Transfer einschlagen wird. Nicht jeder Spieler passt ins Gefüge. Aber das ist nicht nur in diesem Jahr so. Das ist ein Teil dieses Jobs, das wusste ich von Anfang an. Darum und weil meine Arbeit noch viel mehr beinhaltet als Transfers, stelle ich sie grundsätzlich nicht in Frage.

Warum haben Sie nach dem GC-Spiel schon den Abstiegskampf ausgerufen?
Ich wollte das Bewusstsein bei jedem einzelnen Spieler schärfen. Ich will, dass jeder kapiert, dass wir uns solche Auftritte nicht erlauben können, dass jede Aktion zählt. Einmal nicht aufpassen und eine ganze Mannschaft, ein ganzer Verein leidet darunter. Hey Jungs, es zählt, es gilt ernst. Und es braucht ein hundertprozentiges Commitment in jeder Situation von jedem.

Jetzt gehts gegen den Leader FC Basel. Eine echte Bewährungsprobe nach dem 3:1 gegen YB?
Jedes Spiel ist eine Bewährungsprobe. In unserer Situation ist der FCB die nächste Möglichkeit für drei Punkte. Darum gehts. In unserer Situation zählt jeder Punkt, egal ob wir gegen YB gewonnen haben. Jeder muss sich zu hundert Prozent auf Basel konzentrieren. In derselben absoluten Konsequenz wie gegen YB. Die Mannschaft ist gefordert, dies Woche für Woche auf den Platz zu bringen. Sie wird uns zeigen, ob sie dazu fähig ist.

Wird es im Winter Zuzüge geben?
Die Kaderplanung ist ein fortwährender Prozess.

Also wird im Winter die Mannschaft verstärkt?
Das wird sich zeigen.

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