Frauen-Schiris in der Schweiz
Wer ist die nächste Esther Staubli?

Mit Esther Staubli verlor der SFV ihr Zugpferd bei den Schiedsrichterinnen. Wer hat das Potenzial, um in ihre Fussstapfen zu treten?
Publiziert: 13.03.2024 um 08:00 Uhr
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Christian FinkbeinerStv. Fussballchef

Die Verwunderung war auch beim SFV gross, als sich Esther Staubli (44) im Februar entschied, ihre Karriere als Schiedsrichterin per sofort an den Nagel zu hängen. Die Bernerin war das weibliche Aushängeschild des Verbandes und auch Vorbild für viele junge Frauen – wie vor ihr Vroni Schluchter oder Nicole Petignat.

«Wir hätten es uns anders erwünscht», sagt Sascha Amhof, Leiter des Ressorts Schiedsrichter im SFV. «Sie war unsere Nummer 1, ein Zugpferd, Vorbild und wichtig in der Ausbildung. Ein herber Verlust.»

Staubli hatte (fast) alles erreicht, pfiff Champions-League- und EM-Finals und an drei Weltmeisterschaften. Auch bei den Männern stand sie ihre Frau, leitete 28 Partien in der Super League. Ein Akzeptanzproblem hatte sie wegen ihres Geschlechts nicht. Für Staubli machte es keinen Unterschied, ob sie ein Männer- oder ein Frauenspiel leitete. Der Abpfiff der eigenen Karriere eineinhalb Jahre vor der Heim-EM kam überraschend.

In dieser Saison war Esther Staubli für elf Super-League-Spiele zuständig.
Foto: TOTO MARTI
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Qualität entscheidet, nicht das Geschlecht

Trotz Staublis Abgang ist Amhof überzeugt, dass es nicht wieder zwölf Jahre dauern wird, bis die nächste Frau in der Super League pfeifen wird. Mit der Ex-Nati-Spielerin Désirée Grundbacher (40) und Michèle Schmölzer (32) arbitrieren zwei Frauen in der Challenge League, die das Potenzial haben, in die Fussstapfen Staublis zu treten. Entscheidend sei aber die Qualität und nicht das Geschlecht. «Wenn sie den Schritt schaffen sollten, dann nicht, weil sie Frauen sind, sondern weil sie qualitativ gut sind», so Amhof.

Ende 2023 waren beim SFV 122 Schiedsrichterinnen (davon 41 Assistentinnen) registriert. Die Zahl ist kontinuierlich gestiegen: seit der Saison 2016/17 von 90 auf 122. Mit Susanne Küng und Linda Schmid sind derzeit zwei Assistentinnen in der Super League im Einsatz.

Schiedsrichterinnen in den Top-Ligen

Haupt-Schiedsrichterinnen:

Challenge League:

Désirée Grundbacher (40): Kundenbetreuerin, zwei Kinder, seit 2022 in der Challenge League

Michèle Schmölzer (32): Juristin, seit 2022 in der Challenge league

Promotion League:

Déborah Anex (31)

Simona Ghisletta (47)

Assistentinnen:

Super League:

Susanne Küng (35), Linda Schmid (32)

Promotion League:

Emilie Aubry, Sabrina Keinersdorfer, Laetitia Nuara, Belinda Pierre-Brem

Haupt-Schiedsrichterinnen:

Challenge League:

Désirée Grundbacher (40): Kundenbetreuerin, zwei Kinder, seit 2022 in der Challenge League

Michèle Schmölzer (32): Juristin, seit 2022 in der Challenge league

Promotion League:

Déborah Anex (31)

Simona Ghisletta (47)

Assistentinnen:

Super League:

Susanne Küng (35), Linda Schmid (32)

Promotion League:

Emilie Aubry, Sabrina Keinersdorfer, Laetitia Nuara, Belinda Pierre-Brem

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Der zeitliche Aufwand für eine Schiedsrichterin nimmt vor allem dann zu, wenn sie international pfeift, da mehrtätige Absenzen die Folge sind. Und das ist bei den Frauen früher der Fall, als bei den Männern – sprich bereits bevor sie den Aufstieg in die höchste Liga im Land geschafft haben. Beruf, Familie, Privatleben und die Schiedsrichterei unter einen Hut zu bringen, erfordere ein hohes Organisationstalent, sagt Amhof. «Esther hat für ihre Karriere unheimlich viel geopfert.»

Neue Schiedsrichterinnen braucht das Land

Die Rekrutierung von Schiedsrichtern – Männern wie Frauen – ist ein grundsätzliches Problem. In Europa fehlen mehrere Zehntausend, in der Schweiz 500. Der SFV will den Sog der Heim-EM 2025 nutzen, um gezielt auch Frauen für den Job zu begeistern.

Erste Massnahmen sind in Zusammenarbeit mit den 13 Regionalverbänden geplant, indem rund um Spiele in allen Ligen Rekrutierungsstände aufgestellt werden. «Dort sollen spezifisch auch Frauen angesprochen werden», sagt Amhof. Diese bräuchten vielfach eine andere, spezifischere Ansprache. «Von Frauen zu Frauen.»

Der SFV rechnet damit, dass bis 2027 die Anzahl der lizenzierten Fussballerinnen von 40'000 auf 80'000 verdoppelt wird. Dementsprechend muss neben der Infrastruktur auch die Anzahl der Funktionärinnen im Fussball vergrössert werden.

Das Problem hat der SFV erkannt. «Die Entwicklung ist sehr dynamisch, mit dieser müssen wir Schritt halten», so Amhof. «Wir brauchen Schiris – egal welches Geschlecht sie haben.» Letztlich sei die oberste Maxime des Verbandes, dass ein Mangel an Schiedsrichtern nie der Grund sein dürfe, dass ein Spiel – egal auf welcher Stufe – nicht stattfinden könne.

Auch deshalb soll die Tradition von Schweizer Spitzen-Schiedsrichterinnen unbedingt fortgesetzt werden. Auch gesellschaftspolitisch sind diese relevant. Staubli pfiff als eine ihrer letzten Partien das Testspiel in Saudi-Arabien zwischen Al-Nasr und Inter Miami. Und ihre französische Kollegin Stéphanie Frappart hatte 2022 in Katar als erste Frau eine WM-Partie der Männer geleitet. «Dies hat eine historische Dimension», sagt Amhof. Für zukünftige Schiedsrichterinnen soll dies zur Normalität werden.

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Mannschaft
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TD
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1
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6
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2
Servette FC
Servette FC
6
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12
3
FC Zürich
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4
FC Luzern
FC Luzern
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4
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5
FC Basel
FC Basel
6
9
10
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FC St. Gallen
FC St. Gallen
5
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7
FC Sion
FC Sion
6
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Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
6
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5
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Grasshopper Club Zürich
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6
-4
4
10
FC Lausanne-Sport
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6
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11
FC Winterthur
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6
-7
4
12
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6
-7
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