Im Sion-Bootcamp knallte es Morgens um 5 Uhr
«Ich hatte richtig Schiss und fragte mich, wer da schiesst»

Ein bitzeli Militärlis spielen? Nein, so ist das Camp des FC Sion in Südfrankreich nicht. Es verlangt von den Spielern alles ab. Alles! Dennoch ist Trainer Gabri vom Nutzen hundertprozentig überzeugt.
Publiziert: 07.01.2018 um 15:32 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 17:22 Uhr
Alain Kunz, Montpellier

Der Mann, der die Idee hatte, sitzt in Martigny und wird seinen Privatjet nicht in Richtung Montpellier dirigieren. «Zu viel zu tun hier! Ich muss das Team mit drei, vier Spielern verstärken. Das hat für mich Priorität», sagt Christian Constantin.

Der Ex-Goalie, der nie eine körperliche Herausforderung scheute und an der Patrouille des Glaciers mehrmals Finisher war, schaut dem Treiben in St. Jean de Cuculles am Fusse des Pic Saint-Loup vergnügt zu. «Das ist doch gut für die Jungs sowas. Es ist eine Kommando-Aktion. Militär eben!» Dass sich die übermüdeten Spieler allmählich Fragen zu Sinn und Unsinn stellen, lässt CC kalt. «Ich werde es ihnen erklären, wenn sie zurück sind ...»

Derweil haben die Spieler erstmals Spass seit der Ankunft in Südfrankreich. Im Seilpark geht es über unzählige Tiroliennen. Einmal schwebend. Einmal sitzend. Einmal kopfüber. Einmal mit verbundenen Augen.

«So streng habe ich es nicht erwartet»

Dazwischen gibts ein Wettrennen mit einem 107 Kilo schweren Pneu. «Das tut gut nach all den Strapazen der ersten Stunden», schnauft Martin Angha durch. Daneben stretcht Burim Kukeli seinen malträtierten Rücken. «Hey, 15 Kilometer Marsch mit so einem zentnerschweren Rucksack. Das war nicht nichts!» Wie ist es sonst? «Kalt und windig», sagt der militärunerfahrene Albaner, der demnächst den Schweizer Pass erhalten wird. «Aber dieser Marsch ... Morgens um 5.30 Uhr. Alles aufwärts. Meistens im Wald und in der Dunkelheit. Nein, so streng habe ich es nicht erwartet.»

Es ist der Grundtenor unter den Spielern. Man hatte sich das einfacher vorgestellt. Spassiger. Militärlis eben. Und nun ist es ernst! Essen aus der Büchse. Auf einem Minifeuer warm gemacht. Klein-Pelé Mboyo schaut angewidert auf seinen kreolischen Reis: «Schau dir das an ...» Marco Schneuwly, der 17 Wochen RS gemacht hat, erzählt: «Als wir im Freien waren, war immer die Militärküche da, um zu kochen. Die Notration gabs nur einmal.»

«Es war eiskalt auf diesem Boden»

Dazu verbrachten die Spieler die erste Nacht im Freien. Und sie wurden mit einer Detonation und Feuerwerk um 5 Uhr geweckt. Das bedeutet? «Dass ich zuerst richtig Schiss hatte, als es knallte. Ich fragte mich, wer da jetzt schiesst», erzählt Pajtim Kasami. «Ich hatte auf das Feuer aufgepasst, dass es nicht ausgeht. Um drei Uhr versuchte ich, zu schlafen. Es war eiskalt auf diesem Boden. Und kaum schlief ich, knallte es. Horror, sage ich dir!»

Er sei am Beissen, sagt der Captain, der nie Militärdienst geleistet hat. «Weil ich immer im Ausland war.» Nun habe er sich noch eine Zehe aufgerissen bei der Durchquerung des eiskalten Sees. «Es ist eine Riesenherausforderung, echt! Sowas habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gemacht.» Dann lacht er zu Angha hinüber: Aber die Klamotten seien geil. «Ich komme mir ein bisschen wie Terminator vor ...»

Auch der Trainer macht alles mit. Keine Extrawürste. Nur die grösste Tirolienne ist ihm zu hoch. Da passt er. «Ich bin hier ein Teilnehmer wie jeder andere.» Gabri kam ein paar Stunden vor der Abfahrt aus Barcelona zurück. Das ginge noch. Aber er fuhr den ganzen Weg im Auto. Neun Stunden. «Nun bin ich hundemüde. Aber ich halte durch.»

Endlich eine richtige Dusche

Er spürt bei seinen  Jungs einen echten Willen, hier durchzukommen. «Sagen wir es so: Wenn ich in Barcelona unter Marco van Basten Yoga machen musste, hasste ich das. Ich sah darin keinen Nutzen. Hier aber merke ich, dass die Jungs voll mitziehen. Ich bin überzeugt: In unserer misslichen sportlichen Lage hilft uns so etwas enorm.» Er habe bei seiner Amtsübernahme nie gespürt, dass er eine intakte Mannschaft übernehme. Weit davon entfernt. «Nun wird das Gefüge gekittet. Davon bin ich überzeugt.»

Und rein technisch gesehen? Keine Angst vor körperlichen Schäden bei den Spielern? Gabri lacht. «Nein, natürlich nicht. Es ist hart, klar. Sehr hart sogar. Es hätte für mein Empfinden durchaus ein bisschen weniger hart sein können. Aber da passiert nichts. Und die Spieler nehmen das sportlich, als Herausforderung.»

Die zweite Nacht. Angenehmer. Mit einem Dach über dem Kopf. «In einem Schweine- oder Kuhstall hat man uns gesagt», so Kasami. Das sei nach der Nacht im Freien der reinste Luxus. «Und wir werden duschen können. Erstmals. Mann. Eine richtige Dusche! Kannst du dir das vorstellen?»

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9
6
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9
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13
7
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