«In Zug war ich frei, ins Tessin durfte ich nicht»
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Baumann über Corona-Wirrwarr:«In Zug war ich frei, ins Tessin durfte ich nicht»

«In Zug war ich frei, ins Tessin durfte nicht»
Lugano-Keeper Baumann spricht erstmals über seinen Corona-Wirrwarr

Gerade mal zwei Wochen Zeit hatte Lugano-Keeper Noam Baumann für die Vorbereitung des Re-Starts. Corona-bedingt. Dennoch ist er in überragender Form.
Publiziert: 05.07.2020 um 11:33 Uhr
Alain Kunz

Nein, damals, am 23. Mai, mochte er nicht darüber sprechen. Wie der Zuger als einziger Lugano-Spieler und als erster Super-League-Fussballer überhaupt positiv auf Covid-19 getestet wurde. Das war am Freitag. Am Samstag schrieb der Tessiner Klub, dass «Spieler A» nun zehn Tage in Quarantäne müsse. Und ein weiterer Spieler ebenfalls, der engen Kontakt mit A gehabt habe. Und weiter hiess es im Communiqué: «Die beiden haben die Direktiven des Klubs nicht befolgt, die engen und längeren Kontakt verbieten.»

In Zug sind Tests negativ

Um wen es sich handelte, sagte der FC Lugano nicht – auf Wunsch des Spielers. Denn der war damals fassungslos. «Ich hatte nullkommanull Symptome. Und auch zuvor keine gehabt», sagt Baumann (24). Sein Vater erinnerte ihn an das Vorgehen bei Dopingfällen mit der B-Probe. Gesagt, getan.

Am Samstag, also nur wenige Stunden nach dem Test im Tessin, lässt sich der Goalie im Zuger Kantonsspital nochmals testen. Zweimal! Das Ergebnis: «Beide Tests negativ.» Und Baumann war nicht alleine. Auch seine Mutter, bei welcher er den Lockdown in Holzhäusern ZG zugebracht hatte, seine Freundin und sein bester Kumpel lassen sich testen. «Sie waren auch negativ. Und auch sie hatten nie auch nur die geringsten Symptome gehabt.»

Noam Baumann war der erste Super-League-Spieler, welcher positiv auf das Coronavirus getestet wurde.
Foto: keystone-sda.ch
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Bis heute keine Gewissheit

Die Gewissheit war da, zumindest für Baumann: nix Corona. Doch weil Noam im Tessin positiv getestet worden war, durfte er dort nicht hin. «Im Kanton Zug hingegen konnte ich mich frei bewegen. Da war ich ja negativ getestet worden.» Nur nützte ihm das nichts fürs Teamtraining, das in Lugano stieg. Also musste er nochmals zehn Tage warten, bis er endlich wieder normal trainieren durfte. «Das Training habe ich für nichts verpasst», ist er heute überzeugt.

Und der FC Lugano? Der zierte sich lange. Bis er am Tag nach dem Trainingsstart und wilden Spekulationen kommunizierte: Weil der Spieler sowohl positiv auf den Abstrich wie auch auf den serologischen Antikörper-Test getestet worden sei, sei die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Infektion in der Schlussphase gewesen sei. «Weshalb es nicht erstaunte, dass der auf eigene Initiative durchgeführte Test negativ ausgefallen war», so Klubarzt Marco Marano. Ob er nun an der Infektion erkrankt war oder nicht, weiss Baumann bis heute nicht hundertprozentig sicher. Denn den serologischen Test liess er in Zug nicht machen. «Da könne ich ebenso gut ins Casino gehen, sagte man mir im Kantonsspital. Dieser Test habe eine hohe Ungenauigkeits­rate. Also liess ich es sein.»

«Das Niveau war katastrophal»

Tempi passati. Was nun zählt, sind die überragenden Leistungen des schweizerisch-dominikanischen Schlakses. Trotz Corona-Wirrwarr und äusserst kurzer Vorbereitungszeit. Den Punkt gegen Servette kratzte er zum Re-Start praktisch im Alleingang für sein Team. Obwohl er noch vor fünf Jahren unter Martin Andermatt nicht die unbestrittene Nummer eins bei Erstligist Zug 94 war, sogar in der 4. Liga bei den Reserven mitkickte, um ein bisschen Spielpraxis zu sammeln.

«Das Niveau war katastrophal», erinnert sich der Mann, der in Hünenberg ZG aufwuchs. Für einen, der in den Profistrukturen des FC Luzern gross wurde, keine einfache Zeit. Ja, ein Kulturschock. Aber er setzte sich doch noch durch. Anfang 2016 holten ihn die türkischen Investoren zum FC Wil. Wo er zur Nummer eins wurde. Dort sah ihn Luigi Jori, der vor zwei ­Wochen bei einer Gasexplosion ums Leben gekommene ehemalige Goalie des FC Lugano, der für die Tessiner scoutete.

Leistung bleibt nicht unbemerkt

Im März 2018 wird Noam nach Lugano ausgeliehen. Und setzt sich auch dort durch, und dies immerhin gegen Routinier David Da Costa (34). Und heute? Machen Gerüchte um La-Liga-Klubs wie Alaves, Levante, Betis Sevilla oder Granada die Runde. «Mein Berater hat mir gesagt, dass es Interessenten gebe», sagt Baumann. «Offenbar sind meine Leistungen nicht unbemerkt geblieben. Aber derzeit fokussiere ich mich einzig auf die restlichen Spiele mit meinem Klub.»

Doch irgendwann will er die nächste Stufe erklimmen. «Die Super League soll nicht Endstation sein», so der Basketball-Freak. Und der Sieg gegen den FCB, der die Tessiner in der Re-Start-Rangliste auf Platz zwei hinter St. Gallen katapultierte, nicht der letzte Streich gegen einen der Grossen. Baumann: «Am Sonntag wollen wir auch YB packen.»

Und so wurde aus dem Keeper, dessen Marktwert das Portal Transfermarkt vor zwei Jahren noch auf 100 000 Franken schätzte, einer der grössten Gewinner der Corona-Krise. Trotz Test-Wirrwarr. Heute liegt Baumanns Marktwert bei rund 2 Millionen Franken.

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Mannschaft
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1
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6
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2
Servette FC
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6
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12
3
FC Zürich
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5
6
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4
FC Luzern
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6
4
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5
FC Basel
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6
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10
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FC St. Gallen
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5
5
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7
FC Sion
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6
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Yverdon Sport FC
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