Foto: Martin Meienberger/freshfocus

Neu-Espe Görtler trainierte mit den Grössten
St. Gallens Görtler: «Guardiola hat genervt»

Lukas Görtler (25) arbeitete bis 20 im Büro, spielte unter Pep Guardiola und Erik ten Hag und verhandelte mit Uli Hoeness. Nun soll er die braven St. Galler das Siegen lehren.
Publiziert: 27.07.2019 um 12:06 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2023 um 00:14 Uhr
Lukas Görtler kickt seit dieser Saison in St. Gallen und ist als offensiver Achter vorgesehen.
Foto: Martin Meienberger/freshfocus
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Michael Schifferle

Lukas Görtler ahnte es bald: «Erik ten Hag wird mal ein grosser Trainer.» Der Holländer Ten Hag war damals Trainer von Bayerns U23 und Görtler einer seiner Spieler. Und ohne ihn wäre Görtler womöglich nie Profi geworden. Entdeckt hat Ten Hag den Mittelfeldspieler 2014 in der Regionalliga bei Eintracht Bamberg; hauptberuflich arbeitete er seit vier Jahren als Informatik-Kaufmann. Görtler konnte kicken, vor allem aber imponierten dem Holländer Biss und Hingabe des Mittelfeldspielers. Also holte er ihn.

Ten Hag und Görtler telefonieren oder schreiben sich noch heute regelmässig. Ten Hag ist inzwischen, was ihm Görtler prophezeite: ein grosser Trainer. Mit Ajax Amsterdam holte er das Double und scheiterte an der Schwelle zum Champions-League-Final gegen Tottenham. Görtler kickt seit dieser Saison in St. Gallen und ist als offensiver Achter vorgesehen, wie es Vincent Sierro war. Mehr aber noch soll Görtler den Espen Kampfkraft und Siegesdrang einbläuen. Sportchef Alain Sutter: «Wir sind manchmal ein bisschen zu brav. Da tut eine starke Persönlichkeit wie er gut.» Görtler sagt: «Kampfgeist ist einfach in mir drin.»

Aber nicht nur das! Das bayrische «Mia san mia» atmete Görtler ein Jahr lang, 2014/15. Meist kickte er in der U23, einmal allerdings warf ihn der damalige Bayern-Trainer Pep Guardiola ins Bundesliga-Wasser: Am 31. Spieltag der Saison 2014/15 wechselte er ihn in Leverkusen ein. «Ein unbeschreibliches Gefühl.» Noch heute denkt Görtler dran, dass er Teamkollege von Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm oder Xabi Alonso war. «Da denkt man mit Stolz zurück.»

«Hier ist Uli Hoeness! Schläfst du noch?»

Und die Trainings mit Guardiola? «Grandios, aber oft auch nervig.» Wenn er Trainings unterbricht und zu dozieren beginnt, weil der Pass im Mätschli auf den linken Fuss gespielt wurde statt auf den rechten. Der in tagtäglichen Videosequenzen aufzeigt, warum ein Spieler in einer bestimmten Situation fünf Meter weiter vorne stehen müsste. Görtler: «Wenn du das ständig vor Augen geführt bekommst, bleibts irgendwann haften.» U23-Trainer ten Hag schaut Guardiola bei fast jeder Einheit über die Schulter und lernt.

Görtler merkt jedoch bald, dass Einsätze wie jener in Leverkusen Raritäten sein würden. Er sucht das Gespräch mit den Verantwortlichen. Oder genauer: mit Uli Hoeness (67). Der arbeitet zu dieser Zeit als Freigänger im Nachwuchs der Bayern. Die Nächte verbringt er noch immer im Gefängnis. Hoeness verspricht ihm, dass er gehen dürfe, sofern der Klub Ersatz finde.

Er findet. Görtler ist mit Kumpels im Urlaub, als frühmorgens das Handy dröhnt – Anrufer unbekannt. Seine Oma muss es sein. Sie ist die Einzige, die ihn mit unterdrückter Nummer anruft. «Ich ging schlaftrunken ran. Am anderen Ende hiess es: Hier ist Uli Hoeness. Schläfst du noch?» Der Klub gibt ihn frei, auch wenn ihm Hoeness noch mal sagt, dass man ihn gerne halten würde. Görtler sagt: «Ich habe Hoeness als unheimlich sozialen Menschen kennengelernt.»

«Hier wird guter Fussball gespielt»

Er selbst geht zu Kaiserslautern. «Top-Fans, Top-Stadion, Tradition – aber ständig Theater.» Und zieht nach zwei Jahren weiter zu Utrecht, wo inzwischen ten Hag arbeitet. Der Trainer sucht einen Kämpfer – als Gegengewicht zu den zweikampfscheuen Technikern. In Utrecht erlebt Görtler Willem Janssen. Er ist Captain und entspricht in dieser Rolle seinem Idealbild. «Er war der perfekte Leader.

Er hat die Mitspieler auf dem Platz gecoacht, mal ein taktisches Foul gemacht, das Spiel verzögert. Kleinigkeiten, die uns in kritischen Phasen Halt gaben.»
Weil Görtler genau das auch tun und Einfluss will, zog er St. Gallen der Ehrendivision vor. «In Utrecht war ich die Nummer 12, 13. Hier kann ich Verantwortung übernehmen. Aber erst muss ich die Spieler noch besser kennen lernen.» Und als Abstieg empfindet er die Super League nicht. «Hier wird guter Fussball gespielt.»

Das sehe auch ten Hag so. Der Ajax-Trainer riet ihm zum Wechsel hierher. Dass er ihm nach Amsterdam folgt, war nie ein Thema. Görtler: «Das ist dann doch eine andere Liga. So ehrlich muss ich sein. Aber ich sass mit 20 noch im Büro, also bin ich auch so zufrieden.»

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