Thun-Sportchef Gerber nach Lüthi-Rücktritt
«Ich dachte, jetzt muss ich Verantwortung übernehmen»

Andres Gerber (47) soll beim FC Thun Nachfolger des zurückgetretenen Präsidenten Markus Lüthi (62) werden. Der Thuner Sportchef erklärt, was ihm nach dem Abschied seines langjährigen Weggefährten Angst machte – und weshalb er sich nun umso mehr in der Pflicht sieht.
Publiziert: 21.08.2020 um 08:05 Uhr
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Aktualisiert: 21.08.2020 um 12:18 Uhr
Marco Pescio

BLICK: Andres Gerber, mit Präsident Markus Lüthi tritt einerseits Ihr Chef, andererseits auch ihr langjähriger, vertrauter Vorstandskollege zurück. Wie sehen Sie Lüthis Rücktritt?
Andres Gerber:
Natürlich zwiespältig. Sein Entscheid hat mich nicht überrascht, aber dennoch getroffen. Es war nach dem Abstieg ein weiterer Fakt, den ich erstmal verdauen musste. Aber ich habe Verständnis für ihn. Uns verbindet nicht nur eine berufliche Beziehung, sondern über all die Jahre auch eine Freundschaft. Ich kann mich gut in ihn hineinversetzen.

Der Klub teilte mit, dass Sie sich für Lüthis Nachfolge aufstellen lassen. Was sind Ihre Beweggründe?
Auslöser war der Rücktritt von «Märk» (Lüthi). Ich habe gemerkt: So können wir das nicht stehen lassen. Der Gedanke hat mir aus Sicht des FC Thun Angst gemacht. Ich dachte, jetzt muss ich hinstehen und Verantwortung übernehmen. Es ist nicht so, dass ich das gesucht hätte, aber ich hatte schon das Gefühl, dass nun ich gefragt bin.

Wie blicken Sie dieser Präsidenten-Aufgabe nun entgegen?
Die Generalversammlung wird wohl im Februar stattfinden. Bis dahin habe ich noch Zeit, mich vertieft damit auseinanderzusetzen. Mir persönlich ist es wichtig, dass ich der Gleiche bleiben kann, wie ich jetzt bin. Ich muss nicht jeden Tag mit Hemd und Anzug rumlaufen. Bis zur GV werde ich abschätzen können, ob ich mich mit dieser Aufgabe total unwohl fühle. Oder es kann ja auch sein, dass plötzlich mein Umfeld auf mich zukommt und mir sagt: Wir sehen dich überhaupt nicht in dieser Position.

Andres Gerber will mit dem FC Thun so schnell wie möglich zurück ins Oberhaus.
Foto: freshfocus
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Haben Sie denn Bedenken?
Nein. Ich fühle einen Mix aus grossem Respekt vor der Aufgabe und Vorfreude. Es ist nicht so, dass mir jemand eine Pistole an den Kopf gehalten hat und mir sagte, ich müsse das jetzt machen. Dieser Entscheid kam von mir. In der Situation, in der sich der Klub aktuell befindet, muss man auch mutig sein. Ich würde es als schön empfinden, diesen Verein, den ich als Spieler und Sportchef mitprägen durfte, zu führen. Und ich konnte in all den Jahren ja auch ein gewisses Vertrauen zu den Leuten aufbauen. Aber …

Ja?
Ich muss auch spüren, dass andere im und um den Klub mitziehen und sich noch mehr zum FC Thun bekennen. Im Sinne von: Ich stehe jetzt hin und mache diesen Job – aber ich brauche auch die Unterstützung vom Umfeld, vom Verein, von den Fans, den Sponsoren.

Cheftrainer Marc Schneider ist eines dieser Aushängeschilder, auf das der FC Thun weiterhin setzt – trotz Abstieg. Was sprach für ihn?
Vieles. Dass er ein guter Trainer ist hat er bewiesen, da ändert auch der Abstieg nichts daran. Aber er ist auch noch jung, offen und lernwillig. Die Erlebnisse der letzten Jahre schleifen ihn und machen ihn noch besser, davon bin ich überzeugt. Er ist zudem eine Identifikationsfigur im Verein. Und es wäre auch nicht Thun-like, wenn wir jetzt in dieser Phase den Trainer gewechselt hätten.

Der FC Thun möchte in «realistischer Zeit» wieder aufsteigen. Wann sehen wir den Klub wieder in der Super League?
Es ist noch zu früh, da eine Prognose zu machen. Vieles ist noch im Ungewissen, vor allem was das Budget betrifft. Jetzt eine Kampfansage rauszulassen, wäre verfehlt. Trotzdem kann ich sagen: Wir werden ambitioniert sein, das ist sonnenklar. Unser Ziel ist es, eine hungrige Mannschaft zu haben. Die Spieler sollen stolz sein, für Thun zu spielen. Noch haben wir aber viele Fragezeichen im Kader – und es wird hierbei auch harte Entscheidungen geben, die wir erst einmal abwarten müssen. Deshalb sage ich jetzt nicht, dass wir den Aufstieg sofort um jeden Preis erzwingen müssen.

Wie sieht Ihre Funktion in Zukunft genau aus? Sportchef und Präsident oder nur eines von beidem?
Bis Februar wird es wohl irgendwie beides sein – bis dahin bin ich Vize-Präsident und Sportchef. Danach werden wir sehen, wie wir das lösen respektive wie wir uns aufstellen.

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