Trainer Fink bläst mit GC zum Angriff
«Wir kämpfen um den dritten Platz»

Thorsten Fink will GC ein Gesicht geben. Mit BLICK spricht der Trainer über seinen neuen Klub, die WM, Deutschlands Antwort gegen Schweden – und warum er kein Fan von Cristiano Ronaldo ist.
Publiziert: 24.06.2018 um 23:37 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 19:08 Uhr
Felix Bingesser, Stefan Kreis (Interview) und Sven Thomann (Foto)

BLICK: Deutschland stand gegen die Schweden lange vor dem ersten Vorrunden-Aus seiner WM-Geschichte. Haben Sie gezittert?
Thorsten Fink: Natürlich habe ich gezweifelt. Nach der Roten Karte für Boateng, nach der Leistung gegen Mexiko. Und dann gewinnst du Sekunden vor Schluss doch noch. In Unterzahl. Verrückt.

Wohin kann dieser Sieg die deutsche Mannschaft noch tragen?
Wenn du so ein Ding noch drehst, ist das enorm wichtig für den Spirit. Dann kann etwas Grosses entstehen. Deutschland hat genug Qualität.

Was geht in solchen Momenten in einem Trainer vor, der an der Seitenlinie mitfiebert?
Man hört sein eigenes Herz schlagen. Du weisst: Verlieren wir, dann sind wir raus. Das ist Adrenalin pur. Vor allem für Jogi Löw, dessen Fallhöhe als Weltmeister enorm ist.

Seit April am Zürichsee: Thorsten Fink übernahm GC in der Rückrunde.
Foto: Sven Thomann|Blicksport
1/6

Ein Satz zu Toni Kroos, der in der letzten Sekunde die Nerven behält und das 2:1 erzielt.
Aus solchem Holz sind Winnertypen geschnitzt. Er hat den Fehler vor dem 0:1 gemacht, hat sich dadurch aber nicht aus dem Konzept bringen lassen. Da hilft dir die Erfahrung als Champions-League-Sieger und Weltmeister.

Hätte die Schweiz in einem möglichen Achtelfinal gegen Deutschland eine Chance?
In der K.-o.-Phase ist alles möglich. Wer gegen Brasilien einen Punkt holt, der kann auch gegen Deutschland gewinnen. Aber natürlich ist die Schweiz der Aussenseiter.

Wie stufen Sie den Erfolg der Schweiz gegen Serbien ein?
Überrascht bin ich nicht. Ich habe dem Team solche Leistungen zugetraut. Die Schweiz kann gut verteidigen, kann gut kontern. Und hat jetzt bewiesen, dass sie auch das Spiel machen kann. Und ich kenne ja Xhaka und Shaqiri. Das waren in Basel meine Spieler, ich habe sie schon als ganz junge eingesetzt. Ich weiss, dass sie für die grossen Spiele geschaffen sind. Ich traue dem Team sehr viel zu.

Bild aus dem Jahr 2011: Thorsten Fink (l.) und Xherdan Shaqiri beim FCB.
Foto: KEY

Eine Halbfinalqualifikation?
Nein, eher nicht. Ich bin überzeugt, dass am Ende die grossen Fussballnationen unter sich sind. Die Favoriten sind für mich immer noch die gleichen. Brasilien, Spanien, Frankreich und Deutschland. Dazu als Aussenseiter Kroatien. Die haben das Potenzial zum Titelgewinn.

Was sagen Sie zum Adler-Jubel von Xhaka und Shaqiri?
Ich habe dafür kein Verständnis, auch wenn es für sie persönlich sicher ein schwieriges und hoch emotionales Spiel war. Es ist als Aussenstehender nicht einfach, ihre Gefühlswelt nachzuvollziehen. Aber grundsätzlich muss man sich mit dem Land identifizieren, wenn man ein Nationaltrikot anzieht. Das bringt einfach Pflichten mit sich. Solche politischen Statements können auch das Innenleben einer Mannschaft negativ beeinflussen und extrem Unruhe bringen. Das sieht man in Deutschland auch bei der Affäre um Özil und Gündogan.

Fehlt Ihnen Italien?
Natürlich. Italien muss jedem Liebhaber dieses Sports fehlen. Die gehören einfach an die WM.

Ronaldo überzeugt, Messi enttäuscht. Zu welchem Lager gehört eigentlich Thorsten Fink?
Grundsätzlich bin ich ein Messi-Fan. Ronaldo macht mir zu viel Zirkus. Aber diese WM zeigt klar, dass Messi mehr von den Mitspielern abhängig ist als Ronaldo. Messi braucht das Kurzpassspiel. Ronaldo hat mehr Wucht und geht mehr in den Strafraum. Er kann auch mal einen Kopfball reinwuchten. Von daher ist Ronaldo weniger abhängig von der Mannschaft als Lionel Messi.

Sie stehen mit GC in der Saisonvorbereitung. Können Sie den Rekordmeister nach der schwierigen letzten Saison wieder wachküssen?
Ich hoffe es. Wir müssen ja nicht Meister werden. Das sind eher die Ziele von Basel und YB.

Was ist denn das Ziel von GC?
Wir möchten uns für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren. Das heisst, wir kämpfen hinter
Basel und YB um den dritten Platz. Aber für mich ist das Gesamtprojekt wichtig. Es geht um die Art und Weise, wie wir Fussball spielen wollen.

Wie wollen Sie den spielen?
Offensiv, konstruktiv, positiv. Wir wollen ein GC-Gesicht haben. Und vor allem wollen wir konsequent auf den Nachwuchs setzen.

Das sagen alle Klubs.
Ja, das stimmt. Aber nicht überall wird es konsequent umgesetzt. Wir wollen einen einheitlichen Spielstil von ganz unten bis zur 1. Mannschaft. Und unsere vielen jungen Talente in den Profifussball führen. Das haben wir in Basel schon so gemacht, und das hat sich bewährt. Bei GC haben wir dafür perfekte Voraussetzungen. Darum bin ich auch hier. Ich identifiziere mich zu hundert Prozent mit dem Projekt, das wir haben.

Trotzdem müssen Sie noch den einen oder anderen Transfer machen.
Wir haben Sigurjonsson zurückgeholt. Er ist kampfstark und bringt uns Stabilität. Wir haben mit Raphael Holzhauser einen Spielmacher geholt. Er ist unser Königstransfer, ich verspreche mir sehr viel von ihm. Aber klar, der eine oder andere wird noch dazukommen.

Shani Tharashaj?
Er trainiert mit uns und ist eine Option. Er ist ja für den Klub kein Unbekannter, war als Junior schon bei GC.

Everton-Söldner Tarashaj (r.) trainiert momentan bei seinem EX-Klub mit.
Foto: Andy Mueller/freshfocus

GC ist zuletzt von einem internen Machtkampf erschüttert worden. Die Fronten scheinen noch immer nicht geklärt. Wie erleben Sie das?
Völlig unproblematisch. Wir sind handlungsfähig, haben kurze Entscheidungswege und können unsere Ideen umsetzen.

Sie waren fast drei Jahre bei Austria Wien. Wie schneidet die österreichische Liga im Vergleich mit der Super League ab?
Ich muss da immer vorsichtig sein mit Vergleichen, zumal ich ja dort schöne Jahre gehabt habe. Aber bei GC haben wir die bessere Infrastruktur als bei Austria Wien. Ganz grundsätzlich ist der Schweizer Fussball um einiges weiter und professioneller organisiert als in Österreich. Hier wird mehr Wert auf Taktik gelegt, die Trainerausbildung ist besser. Auch die Schiedsrichter sind hier besser ausgebildet. Es ist kein Zufall, dass die Schweiz bei der WM-Endrunde dabei ist und Österreich nicht.

Thorsten Fink persönlich

Thorsten Fink ist ein Kind aus dem Pott, wächst als Sohn eines Stahlarbeiters in Dortmund auf, spielt in der Jugend für den SV Roland Marten und wechselt mit 16 zum grossen BVB. Dort reichts ihm (noch) nicht, via Wattenscheid und Karlsruhe landet der defensive Mittelfeldspieler bei Bayern München, wo er im Champions-League-Final 1999 gegen ManUtd den entscheidenden Fehler macht. Fink ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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WM 2018 in Russland

Vom 14. Juni bis 15. Juli findet in Russland die Fussball-Weltmeisterschaft 2018 statt.

  • Alle Infos, Highlights und Hintergründe – kurz den WM-Ticker – finden Sie hier.
     
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  • Die Spieler aller teilnehmenden Mannschaften im Porträt: Wer wie gut spielt, lesen Sie hier im interaktiven Special.

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Servette FC
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FC Zürich
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FC Luzern
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FC Basel
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FC St. Gallen
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FC Sion
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Grasshopper Club Zürich
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FC Lausanne-Sport
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