Übrigens – die SonntagsBlick-Kolumne
Auch Steinböcke können Fussball spielen

Fabrizio Cavegn schickt sich an, den Wintersportkanton Graubünden wieder auf die Fussball-Landkarte zu bringen. Die Kolumne von Felix Bingesser.
Publiziert: 07.04.2024 um 17:32 Uhr
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Aktualisiert: 07.04.2024 um 22:13 Uhr
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Felix BingesserReporter Sport

Flächenmässig ist Graubünden der grösste Kanton der Schweiz. Und die Bündner haben noch mehr an Superlativen zu bieten. Dort entspringt der Rhein, der wichtigste Schifffahrtsweg Europas. Chur ist die älteste Stadt der Schweiz. Und die Steinböcke, wie sie im Unterland liebevoll genannt werden, exportieren ihr Bü-Bü-Bündnerfleisch nach halb Europa. Die gesetzlichen Richtlinien dazu sorgen bei Bundesrat Hans-Rudolf Merz einst für eine der grössten Cabaret-Nummern im Bundeshaus.

Graubünden ist auch eine Fundgrube für talentierte Sportler und eine Wiege für Weltkarrieren. Aber der als etwas verschroben und eigenwillig geltende «Homo alpinus» ist, das hat seine gewisse Logik, für den Wintersport geboren. In allen Wintersportarten sind Bündner Medaillengaranten. Einzig im Fussball ist der grösste Kanton des Landes ordentliches Brachland.

Schon das Wort Fussball scheint in der romanischen Sprache auf den ersten Blick eine Veräppelung zu sein. «Balla de belappe» heisst der Sport, der in den Bergen lange Zeit ein Mauerblümchendasein fristet. Der erste Bündner Oberländer, der sich aufmacht, im Schweizer Fussball seine Spuren zu hinterlassen, ist Paul Friberg. Der «Blitz aus Tavanasa», dieser Wirbelwind aus der Surselva mit der Lunge eines Pferds, macht bei St. Gallen, Luzern und Wettingen in den 80er-Jahren eine tolle Karriere. Seine Laufbahn beendet er beim FC Chur, wo sich der treffsichere Friberg damals auf die Vorlagen eines gewissen Vladimir Petkovic verlassen kann.

Fabrizio Cavegn geht für den FC Vaduz auf Torejagd.
Foto: freshfocus
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Friberg, heute Pensionär und dreifacher Grossvater, ist trotz Knieprothese sportlich immer noch aktiv. «Mountainbiken und mit den Enkeln Ski fahren geht noch», schmunzelt er. Sein Kontakt zum Fussball beschränkt sich auf gemütliche Stunden mit einstigen Kollegen. Im Sommer trifft er seine Mitspieler der Luzerner Meisterschaft von 1989. «Sigi Gretarsson kommt aus Island eingeflogen», sagt Friberg.

Neben Friberg gibt es mit Senad Lulic, der einst als Flüchtling nach Graubünden kommt und es via YB bis zum Captain von Lazio Rom schafft, einen zweiten fussballerischen Exportschlager. Auch die Basler Legende Ernie Maissen hat seine Wurzeln im bündnerischen Trun, zügelt aber bereits im Kindesalter den Rhein hinunter nach Basel.

Doch jetzt kommt wieder Bewegung in die Bündner Fussballszene. Fabrizio Cavegn heisst der Mann, der derzeit in der Challenge League für den FC Vaduz regelmässig Tore schiesst.

Cavegn stammt aus Vella im Val Lumnezia, in seinem Elternhaus wird Romanisch gesprochen. Via seinen Jugendklub geht es für ihn mit 16 Jahren zu Drittligist Schluein-Ilanz und weiter zum FC Chur. Im Nachwuchs des FC St. Gallen schiesst er danach in der Promotion League in 27 Spielen 22 Tore. Der FC St. Gallen setzt aber nicht auf ihn. Beim FC Vaduz ist er Leistungsträger und hat sein erstes Aufgebot für die U21-Nationalmannschaft erhalten.

Wohin die Reise für den schnellen Stürmer Cavegn noch führt, ist offen. Aber den Beweis, dass auch Steinböcke Fussball spielen können, den hat er schon erbracht. Der Kanton Graubünden ist auf der fussballerischen Landkarte wieder präsent.

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