Schweiz-Serbe und Ex-FCB-Star Kuzmanovic zum Knüller
«Mein Traum: Serbien trifft in der 96. Minute zum Sieg»

Gewinnt die Nati, gratuliert er. Gewinnt Serbien, jubelt er. Der schweizerisch-serbische Doppelbürger Zdravko Kuzmanovic (35) hat für beide Nationalteams gespielt.
Publiziert: 01.12.2022 um 13:03 Uhr
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Aktualisiert: 02.12.2022 um 13:43 Uhr
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Michael WegmannStv. Fussballchef

Zdravko Kuzmanovic, ist Ihnen das Spiel zwischen der Schweiz und Serbien nicht brisant genug, dass Sie noch Öl ins Feuer giessen?
Zdravko Kuzmanovic: Warum meinen Sie?

Weil Sie in einem Interview mit «20 Minuten» sagten: Würden Sie noch für Serbien spielen, würden Sie Xhaka und Shaqiri umhauen.
Stopp. Ich wollte damit sicher nicht sagen, dass ich jemandem absichtlich wehtun würde. Was ich sagen wollte, ist, dass ich aggressiv in die Zweikämpfe steigen und alles raushauen würde, weil ich unbedingt gewinnen will. Sie kennen mich: Ich war nie ein Spieler, der sich zurückgehalten hat. Ich war emotional und wäre es immer noch.

Sie haben mit Shaqiri noch bei Inter zusammengespielt.
Ja, wir kennen uns gut. Ab und zu sehen wir uns auch in Kaiseraugst im Aargau und quatschen miteinander. Wir haben null Probleme. Also bitte: den Ball schön flach halten. Das Thema sollte jetzt erledigt sein: Fussball und Politik sollte man trennen, das wäre das Beste für alle.

Ex-FCB-Star und Schweiz-Serbe Zdravko Kuzmanovic sagt vor dem Knüller: «Alle Serben sind heiss, sie haben die Doppeladler-Gesten nicht vergessen ...»
Foto: TOTO MARTI
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«Die Doppeladler-Gesten waren eine Schande, kein Serbe hat sie vergessen.»
Zdravko Kuzmanovic, ehem. U21-Natispieler
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Kann man die Vorgeschichte von 2018 wirklich ausblenden?
Wahrscheinlich nicht. Die Doppeladler-Gesten waren eine Schande, kein Serbe hat sie vergessen. Aber es ist passiert, rückgängig machen, kann man nichts mehr.

Die Serben haben damals Xhaka und Shaqiri schon vor dem Anpfiff heftig provoziert und beleidigt.
Beide Seiten haben sich nicht korrekt verhalten. Als Spieler sollte man es sich aber gewohnt sein, wenn man provoziert wird. Das ist Teil des Jobs, da darf man nicht reagieren. Die Jungs haben sicher von ihren Fehlern gelernt. Ich hoffe, dass sich die Szenerie nicht wiederholen wird.

Wäre es dennoch vorstellbar?
Ja. Niemand weiss, was passiert. Bleibts ruhig? Wirds wieder ähnlich? Alle werden genau hinschauen. Die Anspannung ist riesig. Alle Serben sind heiss. Auch Xhaka und Shaqiri werden feurig sein. Ich weiss nicht, ob die Emotionen wieder hochkochen. Würde ich auf dem Platz stehen, könnte ich nicht garantieren, dass ich ruhig bleiben würde. Diese Garantie kann dir kein Spieler geben, auch wenn alle Szenarien im Vorfeld tausendmal besprochen wurden.

Was passiert, sollte sich die Geschichte wiederholen?
Es gäbe einen Riesenskandal, das wissen beide Parteien. Sollte etwas passieren, egal von welcher Seite, muss die Fifa reagieren und Sperren verhängen! Politische Statements und Provokationen dürfen keinen Platz haben.

Kuzmanovic: Vom FC Dürrenast an die WM

Zdravko Kuzmanovic (35) ist schweizerisch-serbischer Doppelbürger. Er ist am 22. September 1987 in Thun geboren, spielte als Bub beim FC Dürrenast. Kuzmanovic durchlief alle Schweizer U-Nationalmannschaften, ehe er im Sommer 2007, 19-jährig, den Verband wechselt und fortan für Serbien aufläuft. Der 51-fache serbische Internationale, der für Basel, Fiorentina, Stuttgart, Milan, Udinese und Malaga gespielt hat, beendet im Sommer 2020 seine Karriere. Doch Kuzmanovic, WM-Teilnehmer mit Serbien 2010, schiesst auch nach seinem Rücktritt noch ab und an scharf: Seine Kommentare auf Social Media haben es in sich.

Zdravko Kuzmanovic (35) ist schweizerisch-serbischer Doppelbürger. Er ist am 22. September 1987 in Thun geboren, spielte als Bub beim FC Dürrenast. Kuzmanovic durchlief alle Schweizer U-Nationalmannschaften, ehe er im Sommer 2007, 19-jährig, den Verband wechselt und fortan für Serbien aufläuft. Der 51-fache serbische Internationale, der für Basel, Fiorentina, Stuttgart, Milan, Udinese und Malaga gespielt hat, beendet im Sommer 2020 seine Karriere. Doch Kuzmanovic, WM-Teilnehmer mit Serbien 2010, schiesst auch nach seinem Rücktritt noch ab und an scharf: Seine Kommentare auf Social Media haben es in sich.

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Die Serben haben in der Kabine vor dem Brasilien-Spiel eine nationalistische Flagge aufgehängt. Die Kosovaren waren brüskiert. Ist das keine politische Provokation?
Was soll ich dazu sagen? Die Garderobe war leer und man weiss nicht, wer das Foto gemacht hat. Auch hat es kein Spieler gepostet. Es war aber sicher keine gute Aktion. Aber auch sportlich ist das Duell gegen die Schweiz ja brisant genug. Reden wir darüber. Es gibt keine Ausreden mehr. Da gehts um alles oder nichts. Ein Team kommt weiter, das andere fliegt heim.

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«Gegen jeden anderen Gegner wünschte ich mir, dass die Schweiz gewinnt. Aber nicht gegen Serbien.»
Zdravko Kuzmanovic, ehem. U21-Natispieler
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Wem drücken Sie als schweizerisch-serbischer Doppelbürger die Daumen?
Ich bin in der Schweiz geboren und lebe noch hier. Ich habe mit Widmer, Frei und Shaqiri gespielt. Gegen jeden anderen Gegner wünschte ich mir, dass die Schweiz gewinnt. Aber nicht gegen Serbien. Ich habe über 50 Länderspiele für Serbien gemacht – war an der WM 2010. Ich hoffe, dass wir Serben uns dieses Mal durchsetzen und weiterkommen.

Wer gewinnt?
Beide Teams haben Qualität. Kopf, Tagesform und Wille werden entscheiden. Ich glaube, dass die Schweizer eher im Vorteil sind. Ihnen reicht ein Unentschieden, zudem wirken sie auf mich fitter. Und da ist diese starke Abwehr. Die Schweizer Defensive war gegen Brasilien so ruhig und abgeklärt, das macht mir als Serbien-Fan fast ein wenig Angst.

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Serbiens Defensive hat gegen Kamerun enttäuscht.
Und wie! Als Serbien-Fan muss ich sagen: Wie man gegen Kamerun innert weniger Minuten ein 3:1 aus der Hand gab, war lächerlich. Dieses Abwehrverhalten war Junioren-Fussball. Spielen wir so gegen die Schweiz, siehts nicht gut. Wobei die Schweizer Offensive gegen Kamerun und Brasilien nicht wirklich etwas gerissen hat. Offensiv war die Schweiz schwach, hat kaum Chancen kreiert. Das macht mir wiederum Hoffnung.

Vor vier Jahren beim Duell in Kaliningrad hatte Serbien ein Heimspiel. Wird es in Katar wieder so?
Es wird sich wieder so anfühlen! Serben und Schweizer sind, was die Mentalität angeht, zwei verschiedene Welten. In der Schweiz sind wir eher ruhig, neutral, sachlich, zurückhaltend. Hier kann man mit Kindern ins Stadion. In Serbien ist das komplett anders: Da ist man voller Feuer, hochemotional. Da ist jeder Fan bereit, alles für einen Sieg zu geben. Alles. Mich hat das immer gepusht. Es wird wieder laut. Alle Serben wissen, um was es geht. Und sie werden alles geben, damit die Revanche gelingt.

Wo schauen Sie das Spiel?
Zu Hause in der Schweiz vor dem Fernseher.

Und dann schiessen Sie spitze Pfeile in den sozialen Medien ab? Das tun Sie seit Ihrem Rücktritt vor zwei Jahren ja gerne.
Ich schreibe nicht viel. Aber wenn ich schreibe, dann, was ich denke. Auch wenns kritisch ist. 80 Prozent denken so wie ich, nur fehlt ihnen der Mut, es auszusprechen. Die Mehrheit will lieber bei allen gut wegkommen, nirgends anecken und keinen Schaden hinterlassen.

Sie hinterlassen gerne Schaden?
Nein. Aber mir ist es egal, was andere denken. Ich haue ja nicht nur drauf, ich schreibe auch, wenn was gut läuft. Schauen Sie: Ich werde der erste sein, der der Schweiz gratuliert, falls sie gewinnen sollte. Aber ich werde auch der erste sein, der bei einem Serbien-Sieg sagt, wie glücklich ich bin. Und sollte es so kommen, werde ich nicht noch anfügen, wie leid es mir für die Schweiz tut. Es ist so: Gewinnt die Schweiz, gratuliere ich. Gewinnt Serbien, bin ich froh.

Ihr Tipp für Freitag?
Serbien schiesst in der 96. Minute das Siegestor. Das ist mein Traum.

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