Übrigens – Kolumne über die Katar-WM
Eine Mücke auf dem Geschlechtsteil

Die WM hat sportlich Fahrt aufgenommen. Trotz der stossend zelebrierten Feudalwirtschaft des Fifa-Bosses. Die Kolumne von Reporter Felix Bingesser.
Publiziert: 04.12.2022 um 20:41 Uhr
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Felix BingesserReporter Sport

Weil man keine zehn Minuten Fussball schauen kann, ohne dass einem der gönnerhaft lächelnde Fifa-Boss Gianni Infantino aus seinem mit Kamelhaar gefütterten Büffelledersessel wie ein Feudalherr entgegengrinst, könnte einem die Freude zwischendurch vergehen. «In diesem Zirkus sitzen die Clowns auf der Tribüne», hat ein TV-Kommentator dazu angemerkt.

Einen auf dicke Hose machen und die willfährigen Adlaten und Kühlerfiguren des Weltfussballs («Botschafter») für Millionenbeträge nach Katar einzuladen, das gehört zur DNA des Weltfussballverbandes. Und die gebauchpinselten Ex-Nationalspieler stehen brav Spalier. Und geben dem spendablen Boss das Gefühl, beliebt zu sein.

Gastgeber sang- und klanglos raus

Dabei: Die Fifa ist nicht das grosse Haus des Fussballs. Sondern die Hausverwaltung. Und die könnte man, wie bei jedem Mehrfamilienhaus, beliebig austauschen. «Seht, die Vögel unter dem Himmel. Sie säen nicht, sie ernten nur», heisst es sinngemäss bei Matthäus (6,26) dazu. Gianni Infantino muss im Sternzeichen der Krähe geboren sein.

Blick-Reporter Felix Bingesser schreibt die SonntagsBlick-Kolumne Übrigens.
Foto: Thomas Meier
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Auf der Suche nach Antworten findet man in den religiösen Schriften weitere Analogien zu dieser WM. Und Fussball bleibt ja für viele Menschen eine Art Religion.

Die gastgebenden Katarer sind sang- und klanglos ausgeschieden. «Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt», heisst es bei Matthäus (nicht Lothar) dazu. Das «Reich Gottes» ist durch das Wort «Achtelfinals» zu ersetzen.

Iraner mit mutigstem Auftritt

Nicht mehr mitmachen dürfen die Deutschen. Die ja wie meist nichts weniger als den Titelgewinn als Zielvorgabe hatten. «Tu es oder tu es nicht. Aber höre auf, es zu versuchen», heisst es im Buddhismus dazu. Jetzt soll der deutsche Fussball revolutioniert werden. «Zu lieb, zu schlecht, zu blöd», fasst die Zeitung «Bild» zusammen. Immerhin ist die «Bild» die Bibel der deutschen Volksseele.

Den mutigsten Auftritt zeigten die Iraner, die aus Solidarität zu den protestierenden Frauen in der Heimat die Nationalhymne verweigert haben. Es gibt derzeit viel Leid und viele Tränen in ihrer Heimat. «Allah prüft die Starken mit schweren Prüfungen», weiss der Koran.

Dafür wird die WM mit Wüstenfuchs Murat Yakin an der Linie für die Schweiz zum Spiel ohne Grenzen. Sie sind mit ihrer Konstanz im Kreis der Grossen angekommen. Jetzt sollten sie in der Bibel blättern. «Alle Dinge sind möglich, dem, der da glaubet», heisst es dort.

«Lerne loszulassen»

Die schönste Geschichte dieser WM schreibt Christian Eriksen. Vor anderthalb Jahren sprang der Familienvater aus Dänemark vor den Augen der Weltöffentlichkeit dem Tod von der Schippe. Jetzt ist er zwar mit den Dänen raus, hat das Team aber drei Spiele als Captain aufs Feld geführt. «Jedes Leben hat sein Mass an Leid. Manchmal bewirkt eben dieses unser Erwachen», heissts in der Bibel.

Das Ende gehört nochmals Gianni Infantino, der, so Gott will, nicht nochmals für eine weitere Amtszeit gewählt wird. Der Buddhismus empfiehlt ihm: «Lerne loszulassen. Das ist der Schlüssel zum Glück.»

Wenn es nach dieser WM eine Zeitenwende und einen Aufstand einiger grosser Fussballnationen gegen den Weltfussballverband gibt (was nicht zu erwarten ist), dann sollte er friedlich sein. «Erst wenn eine Mücke auf deinem Hoden landet, lernst Du, Probleme ohne Gewalt zu lösen.» Sagt Konfuzius.

Es wäre nicht nur im Fussball schön, die Mücken würden sich auch in den Unterhosen einiger Regierungschefs und Despoten dieser Welt mal einen Landeplatz suchen.

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