«Ich möchte mehr Leute wie Andy Schmid»
Verbands-Boss Jenny baut den Schweizer Handball um

Pascal Jenny (49) hat mit dem Schweizer Handball Grosses vor. Im Interview verrät der Verbands-Präsident seine Ziele und er erklärt, wieso Andy Schmid auf Instagram lieber nicht sein neues Auto zeigen soll.
Publiziert: 01.06.2023 um 15:32 Uhr
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Christian MüllerRedaktor Sport

Pascal Jenny, Sie wollen mit dem Handball wieder populärer als Unihockey werden. Gibts ein solches Konkurrenzdenken?
Pascal Jenny:
Bei dieser Aussage ist mein alter Sportler-Ehrgeiz durchgedrungen. Fakt ist, dass die Unihockeyaner in den letzten zehn Jahren vieles richtig gemacht haben, zuletzt mit der Heim-WM. So gesehen sind sie eher Vorbilder als Konkurrenten.

Wie messen Sie als Präsident den Erfolg des Handballverbands?
Pascal Jenny: Es gibt für mich zwei grosse Aspekte: Erstens sollte ein Sportverband den Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft stärken. Der Handball formt so viele Leader, die ich in einem Unternehmen blind einstellen würde. Es muss unser Ziel sein, dass sie nach ihrer Karriere einerseits in Wirtschaft und Gesellschaft, andererseits auch in der Handball-Community eine Führungsrolle übernehmen.

Und zweitens?
Die Finanzen müssen stimmen. Sprich, wir versuchen über neue Partnerschaften und eine grössere Community, neue Einnahmen zu generieren. Wir wollen mit dem Handball nachweisbar 250'000 Menschen in der Schweiz erreichen. Geschätzt sind wir jetzt bei etwas mehr als der Hälfte.

Pascal Jenny ist seit Anfang 2022 Präsident des Schweizer Handballverbands.
Foto: keystone-sda.ch
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Gibt es keine sportlichen Ziele?
Doch, natürlich. Mit der Frauen- und der Männer-Nati wollen wir uns regelmässig für EM- und WM-Turniere qualifizieren. Für mehr – also eine Medaille – müsste alles zusammenpassen. Und wir müssen bei der Aus- und Weiterbildung von Funktionären, Trainern und Schiris vorwärtskommen. Swiss Olympic ist in diesem Bereich als Dachverband führend. Da wollen wir mit dem Handball auch hin.

Wie soll der baldige Nati-Trainer Andy Schmid beim Erreichen dieser Ziele helfen?
Andy wird einen massiven Einfluss auf den Verband haben. Er kommuniziert überzeugend, denkt übers Spielfeld hinaus, weiss, wie man Jungen die richtigen Werte vermittelt. Auf Instagram protzt er nicht mit einem neuen Auto, sondern zeigt seine Patenschaft eines Baby-Giraffen im Knies Kinderzoo. Ich wünsche mir in der Handball-Community mehr Leute wie ihn.

Auch bei der Nachfolge von Martin Albertsen als Trainer der Frauen-Nati?
Genau. Wobei Martins Abgang zuerst ein Schock war. Der Schweizer Frauen-Handball hat ihm viel zu verdanken. Aber wir können die Anforderungen nun neu definieren. Gefragt sind nicht nur sportliche Qualitäten, sondern eine Persönlichkeit, die auch ausserhalb vom Spielfeld Menschen von unserer Verbands-Vision überzeugen kann.

Wo sehen Sie die grössten Baustellen im Schweizer Handball?
Unsere Community wird zu wenig eingebunden, kann zu wenig partizipieren. Zweitens ist unser Einzugsgebiet zu klein. Chênois steigt zwar wieder in die NLA auf. Trotzdem findet in der Westschweiz, in Graubünden und im Tessin Handball kaum statt. Zudem sollen unsere Events innovativer werden. Da bietet sich an der Frauen-EM 2024 in Basel eine grosse Möglichkeit.

Wie sollen die beiden Heim-EM der Frauen 2024 und der Männer 2028 nachhaltig genutzt werden?
Nachhaltig heisst für mich wirkungsvoll in allen vier Dimensionen: Organisation, Ökonomie, Ökologie und Soziales. Wir werden rund um die EM im November und Dezember 2024 beispielsweise mit unseren Nationalspielerinnen in Schulen und Plätzen, wo sich die heutige Jugend trifft, präsent sein. Sie sollen den Mädchen (und Jungs) von ihren Erlebnissen erzählen. Wenn danach beim lokalen Handballklub nicht zehn neue Juniorinnen und Junioren ins Schnuppertraining kommen, haben Verband und Vereine ihren Job nicht erledigt.

Pascal Jenny persönlich

Der Aargauer machte in den 90er- und Nuller-Jahren für den TV Suhr, die Kadetten Schaffhausen und GC über 300 NLA-Spiele. 73 Mal trug der linke Flügel das Nati-Leibchen, so auch an der Heim-EM 2006. Nach seiner Handball-Karriere wurde er Tourismusdirektor in Arosa. Seit dem 1. Januar 2022 ist der 49-jährige Jenny ehrenamtlicher Präsident des Schweizerischen Handballverbands SHV.

Der Aargauer machte in den 90er- und Nuller-Jahren für den TV Suhr, die Kadetten Schaffhausen und GC über 300 NLA-Spiele. 73 Mal trug der linke Flügel das Nati-Leibchen, so auch an der Heim-EM 2006. Nach seiner Handball-Karriere wurde er Tourismusdirektor in Arosa. Seit dem 1. Januar 2022 ist der 49-jährige Jenny ehrenamtlicher Präsident des Schweizerischen Handballverbands SHV.

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