Fünf Schweizer Teenies machen Dampf
Werner Dietrich ist der Vater des Leichtathletik-Wunders

Fünf noch nicht 20-jährige Schweizer Leichtathleten rangieren unter den Top-Ten der Welt. Einer hat immer die Hände im Spiel: Werner Dietrich (64) – heute Trainer von Yasmin Giger.
Publiziert: 18.06.2017 um 14:16 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:16 Uhr
Carl Schönenberger

Eigentlich ist der auf den ersten Blick kurlige Mann von Beruf Ingenieur. Aber das Herz von Werner Dietrich schlägt seit jeher für Sport. Vor über 30 Jahren hat er den späteren Kugel-stoss-Weltmeister Werner Günthör entdeckt, dann Zehnkämpfer Mirko Spada, Siebenkämpferin Linda Züblin, 400-m-Hürden-Europameister Kariem Hussein, Hürdensprint-Hoffnung Brahian Peña – sein jüngstes Juwel ist Yasmin Giger (17).

Keiner hat die Schweizer Leichtathletik mehr geprägt als Diet-rich. Seit 2008 hat er seinen Sport zum Beruf gemacht, als vollamtlicher Trainer an der Elitesportschule NET in Kreuzlingen und als «Klub-Vater» von Amriswil Athletics.

«Man muss eben immer dranbleiben», erklärt Dietrich gewohnt trocken sein Erfolgsrezept. Er lebt ohne Handy, unscheinbar, kein Typ der grossen Worte. «Als ich 2003 mit der damals 17-jährigen Linda Züblin zur Jugend-WM ins kanadische Sherbrooke reiste, haben wir das aus dem eigenen Sack bezahlt. Swiss Athletics wollte den Anlass nicht beschicken», erinnert er sich. Dass das ein Auslöser war für den heutigen Teenie-Boom, wusste Dietrich damals nicht. «Das wollen wir auch, haben andere Junge danach gesagt.» In diesem Jahr reist Swiss Athletics mit Gross-Aufgeboten an die internationalen Nachwuchs-Grossanlässe.

Werner Dietrich (64) steckt die Jungen mit seiner Leidenschaft an.
Foto: EQ Images
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Girls sorgen für Betrieb

Dietrichs Erklärung klingt simpel. «Unsere Jugendliche sind selbstbewusster geworden. ‹Was andere können, können wir auch›, sagen sie keck. Vor allem die Mädchen geben sich nicht mehr einfach mit der Rolle zufrieden, später einmal Mama zu sein. Wenn ich auf Pausenplätze in unseren Schulen schaue, sind es die Girls, die für Betrieb sorgen, die Buben stehen eher passiv herum.» Im Sport spiegle sich dieses Bild.

Der Leichtathletik-Verband nutzt endlich diese Entwicklung. Die Jungen werden früh ans internationale Niveau herangeführt und mit Nachwuchs-Programmen wie dem UBS Kids Cup zur Leichtathletik geholt. Dietrich bemerkt aber: «Wer von den Jugendlichen heute so gut ist, ist das nicht wegen des Kids Cups. Yasmin Giger, Sales Inglin oder Géraldine Ruckstuhl waren schon bei ihren ersten Starts am Kids Cup die Besten.»

Alles perfekt also? In der Schweizer Leichtathletik ist für die Zukunft angerichtet? Dietrich hebt den Mahnfinger und zeigt auf gefährliche Fallen. «Es ist erschreckend, wie wenige Trainer von ihren Klubs für ihre wichtige Arbeit bezahlt werden. Das ist in anderen Sportarten viel besser.» Skeptisch betrachtet er auch die aus dem Boden schiessenden speziellen Sportschulen. «Swiss Olympic verteilt dafür die wichtigen Labels viel zu grosszügig. Dadurch wird die sportliche Qualität verwässert.» Nicht mehr das Talent sei entscheidend. «Wenn die Eltern dafür bezahlen, sind ihre Kids dabei.» Swiss Olympic habe das zwar erkannt, aber handle nicht.

Handys sind gefährlich

Das schlimmste Handicap sieht Dietrich in den Sozialen Netzwerken. «Die Jungen hängen dauernd am Handy, rund um die Uhr. Einerseits bewundere ich sie, wie sie das neben Schule und Sport alles schaffen. Andererseits wird es schwierig, sich noch aufs Wesentliche konzentrieren zu können.»

Anstatt vor der Gefahr zu warnen, würden sie vom Verband und von Sponsoren zum Tweeten und Posten gedrängt. «Ein Sponsor hat Yasmin Giger kürzlich aufgefordert, via Facebook oder Twitter für die Öffentlichkeit aktiver zu sein.» Dietrich schüttelt den Kopf. «Nach dem ungenügenden Abschneiden der australischen Sportler bei Olympia 2012 in London hat eine Analyse ergeben, dass die Sozialen Netzwerke die Aussie-Sportler zu sehr vom Fokus auf die Wettkämpfe abgelenkt hätten. 

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