Sprint-Rakete vor der WM
Del Ponte läuft aktuell der Weltspitze hinterher

Ajla Del Ponte kann derzeit nicht mit der Weltspitze mithalten. Das hat kuriose Folgen: Die Tessiner Sprint-Rakete nutzt die WM zum Formaufbau. Zuschlagen will sie dann an der EM.
Publiziert: 14.07.2022 um 01:11 Uhr
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Aktualisiert: 14.07.2022 um 13:17 Uhr
Emanuel Gisi

Plötzlich ist alles anders im Leben von Ajla Del Ponte (25). Seit die Tessinerin im letzten Sommer in den Olympia-Final über 100 m stürmte und mit der Spitzenzeit von 10,90 die Sprintwelt eroberte, ist sie im ganzen Land bekannt. «Sogar in Zürich halten mich Leute auf der Strasse an und erzählen mir, dass sie mich haben sprinten sehen», sagt sie. «Sie wissen zum Teil noch, wo sie waren, als ich im Olympia-Final gelaufen bin.»

Eine neue Welt für die Tessinerin. «Ich bin nicht für das Rampenlicht gemacht, aber man gewöhnt sich daran. Und ich finde es auch schön.» Beim Diamond-League-Meeting in Stockholm zum Beispiel öffnete Zimmerkollegin Natacha Kouni (21) ihr Herz, erzählte ihr, welch Inspiration Del Ponte für sie sei. «Es treibt mich an, wenn ich merke, dass ich andere inspiriere. Als ich als Kind angefangen habe, habe ich es für mich selber gemacht; und ich glaube auch nicht, dass ich jemand Besseres bin, weil ich schnell laufe. Aber es gibt mir Kraft.»

Birmingham war ein Weckruf

Die kann Del Ponte in diesen Monaten gut gebrauchen. Auf den Traum-Sommer 2021 folgt ein schwieriges Jahr, eine Oberschenkelverletzung im Frühjahr wirft sie weit zurück, noch immer ist sie nicht voll auf Touren. «Als ich in Birmingham chancenlos war – das war ein Weckruf.» In 11,7 Sekunden lief sie da zum Saisonauftakt die 100 m, mit fünf Schnelligkeitstrainings in den Beinen. «Das hat wehgetan. Ich musste akzeptieren, dass ich einen Schritt nach dem anderen machen muss. Im Kopf ist das klar, aber man muss es sich trotzdem immer wieder sagen.»

Im Moment sind andere schneller: Ajla Del Ponte (l.).
Foto: freshfocus
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Bei der WM in Eugene (USA), die am Wochenende beginnt, wird sie sich darum strecken müssen, wenn sie es in den 100-m-Final schaffen will. Die gute Nachricht: Mit der Staffel hat sie trotz allem eine Medaillenchance.

Erst in München wird sie wieder ganz schnell sein

Und danach kommt noch einmal eine goldene Gelegenheit: Im August steht in München die EM auf dem Programm. «Das Ziel in München ist eine 10,90er-Zeit», sagt ihr Trainer Laurent Meuwly. «Dann ist sie konkurrenzfähig für eine Medaille. Ich traue ihr das zu.» Zuletzt sei sie in der fliegenden Phase des Sprints bereits wieder so schnell gewesen wie im Camp vor Olympia. «Eugene ist der nächste Schritt im Formaufbau.»

Seltsam, dass eine WM nicht der Saisonhöhepunkt ist. Del Ponte: «Dinge passieren halt, das habe ich jetzt gelernt. Wir hatten einen Plan A, dann mussten wir auf Plan B umschwenken. Jetzt haben wir Plan München.»

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