Wer hat überzeugt, wer hat überrascht?
Die Saison-Zeugnisse von Kambundji, Ehammer & Co.

Die Spikes sind im Schrank, Diskus, Kugel und Speer weggesperrt: Der Leichtathletik-Sommer 2022 ist vorbei. Blick sagt, wie die Schweizer Stars abgeschnitten haben.
Publiziert: 14.09.2022 um 20:42 Uhr
Emanuel Gisi

Die Grösste

Sie strahlt in diesen Tagen weit über die Schweiz hinaus: Mujinga Kambundji (30). Neue Schweizer Rekorde über 100 und 200 m, dazu Gold und Silber an der Europameisterschaft und der WM-Titel in der Halle, Platz 5 und 8 an der WM in den USA. Das ist die sensationelle Bilanz der Schweizer Sprint-Pionierin. Wermutstropfen: Weil die Staffel schwächelt, bleiben ihr zwei weitere Medaillenchancen verwehrt. Und in München lässt sie sich über 100 m auf den letzten Zentimetern von Überraschungs-Europameisterin Gina Lückenkemper überholen.

Der Lauf der 200-m-Königin Kambundji
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In 22,32 Sekunden zu EM-Gold:Der Lauf der 200-m-Königin Kambundji

Der Aufsteiger

Simon Ehammer (22) schlägt dreimal an Grossanlässen zu: WM-Bronze im Weitsprung, Silber an der EM im Zehnkampf und an der Hallen-WM im Siebenkampf. Dazu gelingt ihm ein Schweizer Rekord im Weitsprung. Der Appenzeller hat in diesem Sommer bewiesen, dass er das Gesicht sein kann, das der Schweizer Leichtathletik bei den Männern seit der Doping-Sperre gegen Alex Wilson fehlt. Wenn er nun bei den Würfen endlich die ersehnte Steigerung schafft, ist alles möglich.

Simon Ehammer stellt neuen Schweizer Rekord auf
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8,30 Meter im Weitsprung:Simon Ehammer stellt neuen Schweizer Rekord auf

Die Aufsteigerinnen

Sie ist abgeklärter, als es ihre grosse Schwester in ihrem Alter war: Ditaji Kambundji (20). Mit EM-Bronze über 100 m Hürden beweist sie, dass auch sie noch einmal aufdrehen kann, wenn es ernst gilt. Zehnmal läuft sie 2022 unter 13 Sekunden. Und ihr Potential ist noch lange nicht ausgeschöpft. Mit Annik Kälin (22) räumte das nächste Mehrkampf-Talent mit viel Courage an der EM Bronze ab. Noch nicht so weit, aber ebenfalls hoffnungsvoll: Sprinterin Nathacha Kouni (21) und Audrey Werro (18, 800 m).

Gold und Silber: Mujinga Kambundji räumte an der EM ab.
Foto: AFP
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Hier läuft Ditaji Kambundji sensationell zu EM-Bronze
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Über 100 Meter Hürden:Hier läuft Ditaji Kambundji sensationell zu EM-Bronze

Der Rätselhafte

Ricky Petrucciani (22, 400 m) hatte eine schwierige Saison, wurde an den Schweizer Meisterschaften von Publikumsliebling Lionel Spitz (21) übertrumpft. Doch dann passte es in München: EM-Silber. Macht er nächstes Jahr den nächsten Schritt?

Ab hier legt Petrucciani einen Mega-Schlussspurt hin
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Silber-Sensation über 400m:Ab hier legt Petrucciani einen Mega-Schlussspurt hin

Die Rückkehrerinnen

Verletzungen warfen Géraldine Frey (25) in den letzten Jahren zurück, sogar ihren Platz im Förderkader verlor die ETH-Studentin. Diesen Sommer blieb sie gesund, prompt lief sie die drittschnellste 100-m-Zeit einer Schweizerin des Sommers. Hürdensprinterin Noemi Zbären (28), ebenfalls lange von Verletzungen gebeutelt, lief erstmals seit 2015 wieder unter 13 Sekunden.

Die Suchenden

Manchmal liegen nur ein paar Hundertstel zwischen Okay und Bronze: 0,02 Sekunden fehlten Jason Joseph (23) in München zur EM-Medaille. Der Baselbieter mit dem Riesen-Talent wird sich nun Gedanken machen müssen, ob die Lösung mit US-Trainingscamps bei Star-Coach Rana Reider wirklich der Weisheit letzter Schluss ist, oder ob er sein Potential woanders besser ausschöpfen kann. Nicht auf die nächste Stufe kamen Stabspringerin Angelica Moser, 800-m-Läuferin Lore Hofmann und die Sprinter Salomé Kora und William Reais. Bei der Ostschweizerin darf man gespannt sein, wie sie in der zweiten Saison unter Coach Adrian Rothenbühler funktioniert.

Die Absteigerinnen

Auf den besten Sommer ihrer Karriere folgt für Ajla Del Ponte (26) 2022 der grosse Rückschlag. Die Tessinerin kommt nach ihrer Oberschenkelverletzung in der Vorbereitung nie auf Touren, bleibt jeweils 4 oder 5 Zehntel über ihrer persönlichen Bestzeit (10,90) aus dem letzten Jahr. An der WM scheidet die Olympia-Finalistin von 2021 im Vorlauf aus, später bricht sie die Saison ab. Schwer hats auch die Frauen-Staffel: Das eigentliche Aushängeschild der Schweizer Leichtathletik verpasst sowohl an der WM als auch an der EM die angestrebten Medaillen klar. Vor allem der EM-Absturz mit dem Out im Vorlauf muss den Verantwortlichen zu denken geben. Und dann ist da noch Hürdler Kariem Hussein (33): Dem Ex-Europameister gelingt das Comeback nach neunmonatiger Sperre nicht.

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