Wilson will durchstarten
«Ich bin nicht mehr der nette Alex»

Alex Wilson geht aufs Ganze: Der Basler Sprinter will eine WM-Medaille! Dafür lässt er sich in Florida drillen. Der Schlüssel zum Erfolg: der Start.
Publiziert: 07.06.2019 um 21:10 Uhr
Alex Wilson quält sich bis Ende Mai in Florida.
Foto: Keystone
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Emanuel Gisi

Vier Monate lang war Alex Wilson von seiner Familie getrennt. In Florida quälte sich der Schweizer Sprinter bis Ende Mai für den Traum von der WM-Medaille. Der EM-Dritte des letzten Sommers hat grosse Ziele: 2019 will er 100 Meter erstmals unter 10 Sekunden laufen, über 200 Meter unter 20 Sekunden bleiben. Und im Oktober in Doha will er aufs WM-Podest.

Und dafür nahm der 28-Jährige die monatelange Trennung von Frau und Kindern auf sich. «Natürlich habe ich sie vermisst. Aber ich habe mir gesagt: Alex, du muesch go schaffe! Das kann ich am besten in meiner Trainingsgruppe.»

Ein besonderer Motivationsschub: «Als ich das erste Mal lange zum Trainieren weggegangen bin, sagte meine Frau: Wenn du schnell läufst, darfst du bleiben. Aber wenn du zu langsam bist, musst du wieder nach Hause kommen.»

Die Ersatzfamilie in der Trainingsphase sind seine Coaches Lloyd Cowan und Clarence Callender und die Trainingskollegen. Eine ziemlich grosse Familie. Während die Wilsons in Basel seit April zu viert sind, umfasst die Trainingsgruppe des Baslers in Übersee 50 Mann plus 10 Betreuer. «Am Schluss war ich vier Wochen allein mit meinen Coaches», erzählt er. «Das war anstrengend, brutal. Ich habe mich jeden Tag gefragt, warum ich mir das antue.»

Das Hauptaugenmerk im Training lag auf seinem Start. «Den musste ich korrigieren. Meine Coaches haben mir unmissverständlich gesagt, dass ich meinen Start komplett umstellen muss, wenn ich eine Medaille will. Die Position, die Haltung, alles ist neu.» Wilson startet nun tiefer, bleibt länger unten. «Es hat sich gelohnt, ich bin jetzt auf den ersten 30, 40 Metern viel schneller.»

«50 Starts am Tag»

Einer, der ihm half, war Sprintstar Justin Gatlin. «Er hat mir Tipps gegeben», sagt Wilson und lacht schallend. «Vor einem Jahr schon, da habe ich sie einfach noch nicht umgesetzt.» In den letzten Monaten gibt es allerdings keine Ausreden mehr. «Meine Trainer haben mich den Start immer und immer wieder trainieren lassen. Manchmal 50 Starts am Tag.»

Am Ende war Wilson so kaputt, dass er nach seiner Rückkehr nach Basel sofort krank wurde - und das Meeting in Stockholm auslassen musste. «Jetzt bin ich wieder fit und schnell wie nie. Ich bin bereit für den Kampf gegen die grossen Jungs.» In Übersee hat Wilson gelernt, nicht immer nur nett zu sein. «Dadurch bin ich schneller geworden. Auf der Bahn bin ich nicht mehr der ­nette Alex. Wenn es ums Sprinten geht, kann ich böse sein.»

Erster Einsatz für den neuen, bösen Alex Wilson: Am Samstag startet er in Zofingen über 100 und 200 Meter. Erstes Ziel: die Wettkampf-Angst überwinden. «Ich habe ein gutes Gefühl, aber wenn du im ersten Rennen langsam bist, nützt alles nichts.»

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