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Mehr Frauenrechte und kein Alkoholverbot
Saudis bauen für 500 Milliarden eine Sport-Megastadt

In punkto Liberalisierung humpelt Saudi-Arabien der westlichen Welt hinterher. Ein Mittel der Image-Aufpolierung ist der Sport. Und dafür geben die Saudis – entschuldigen Sie den Ausdruck – verdammt viel Geld aus. Eine ganze neue Stadt soll nun gebaut werden.
Publiziert: 04.12.2019 um 16:02 Uhr
Nicolas Ledergerber

«Vision 2030». Unter diesem Namen lancierte der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman 2017 einen grossen Masterplan, um sein Land gesellschaftlich und politisch moderner dastehen zu lassen. Ein grosser Teil dieser Image-Kampagne soll der Sport sein.

In den letzten Monaten und Jahren probiert die arabische Welt, mit Prestige-Anlässen seine Reputation aufzupolieren. «Das Image des Landes wird reingewaschen, obwohl es tatsächlich ein unglaublich repressiver Ort ist», sagte Adam Coogle vor einem Jahr. Coogle ist Nah-Ost-Experte bei der Menschenrechts-Organisation «Human Rights Watch».

Dass der Sport dazu verwendet wird, besser dazustehen, zeigt sich am Beispiel von Manchester City. Der Klub ist schon seit 2008 in arabischen Händen und dank der Gelder in neue Sphären vorgestossen.

So soll Neom dereinst aussehen.
Foto: The Great Middle East
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«Sportwashing» nennt sich das Verfahren. Dazu gehören auch internationale Tennis- oder Golf-Turniere, Motorsport-Ereignisse oder Ähnliches. Im Oktober 2018 spielten die Fussball-Natis von Argentinien und Brasilien ein Testspiel in Saudi-Arabien, im Dezember des gleichen Jahres kams zu einem Show-Match zwischen Novak Djokovic und Rafael Nadal. Und von diesem Jahr ist der italienische Supercup zwischen Juve und Milan in Dschidda noch in Erinnerung. Diesen Samstag findet der vielbeachtete WM-Boxkampf zwischen Anthony Joshua und Andy Ruiz Jr. in der Hauptstadt Riad statt.

Frauen-Rechte und Alkohol-Erlaubnis

Jetzt soll das «Sportwashing» eine ganz neue Dimension erreichen. Eine ganze Megastadt soll im Nordwesten des Landes nahe des Roten Meers errichtet werden – für umgerechnet über 500 Milliarden Franken! «Neom» soll Bin Salman dazu dienen, den Standort Saudi-Arabien für globale Sport-Anlässe noch attraktiver zu machen.

Dabei sollen in «Neom» dann westlichere Strukturen herrschen. Um das überhaupt zu ermöglichen, wird die neue Stadt von den Staatsgesetzen unabhängig werden. Fairere Gesetze für (Gast-)Arbeiter, mehr Rechte für Frauen oder die Lockerung des allgemeinen Alkohol-Verbots.

Real, Barça und die Formel 1

Dass die Marketing-Strategen der westlichen Sport-Welt den arabischen Kosmos längst für sich entdeckt haben und auf Bin Salmans Reize eingehen, ist offensichtlich. In rund einem Monat wird eine ausgedehnte Version des spanischen Supercups in Saudi-Arabien stattfinden. Mit dabei die Creme de la Creme aus LaLiga: Real Madrid, der FC Barcelona, Atletico Madrid und Valencia.

Auch die Formel 1 soll bald bei Bin Salman zu Gast sein. Die Gespräche zwischen der Saudi-Regierung und Liberty Media, dem Besitzer der Königsklasse, laufen schon länger. Und weil die Formel 1 von den Gastgeberländern der Rennen Versicherungen für Arbeitsbedingungen, den Einlass von Frauen oder Pressefreiheit verlangt, müssen die Scheichs entgegen kommen. Auch mit «Neom».

Bis 2025 soll die erste Bau-Etappe fertig sein. Es könnte jedoch zu Verzögerungen kommen, weil ein geplanter Verkauf von Anteilen an die staatliche Öl-Gesellschaft Saudi Aramco verschoben wurde. Mal sehen, ob die «Vision 2030» von Kronprinz Mohammed bin Salman so klappt, wie er sich das vorstellt …

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