Das ist die richtige Technik beim Gewichtheben
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Scheila Meister erklärt:Das ist die richtige Technik beim Gewichtheben

Gewichtheberin Scheila Meister
Wie aus der Miss Latina die stärkste Frau der Schweiz wurde

Die Gewichtheberin Scheila Meister hat einen ungewöhnlichen Weg hinter sich. In ihren Zwanzigern liebte sie Partys und gewann sogar eine Miss-Wahl. Dann entdeckte sie Crossfit für sich – und verschrieb sich ganz und gar dem Gewichtheben.
Publiziert: 02.04.2024 um 18:15 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2024 um 14:06 Uhr
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Nina KöpferRedaktorin Sport

Es gibt Sportarten, die zur Schweiz gehören wie die Löcher zum Emmentaler: Ski, Schwingen oder Eishockey. Und dann gibt es die Aussenseiter: olympisches Gewichtheben zum Beispiel. Eine Nischendisziplin mit marodiertem Ruf. Zu oft machte der Sport mit Korruptionsaffären oder Dopingskandalen auf sich aufmerksam. Besonders bedauert dies die stärkste Frau der Schweiz, Scheila Meister (36). Sie ist eine von ganz wenigen Schweizerinnen, die im olympischen Gewichtheben eine internationale Erfolgsstory schreibt.

Blick trifft sie in ihrem zweiten Zuhause, einem Crossfit-Gym in Oberwinterthur ZH. Sehr schnell wird klar: Meister ist das Gegenteil sämtlicher Klischees aus der Szene. Ihre langen Haare hat sie zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden, ihr Lachen ist breit und ansteckend. Und die Trainingsjacke, die sie trägt, verschleiert, welche Kraft in ihrem Körper schlummert.

Es sieht ganz leicht aus

Etwas hinten im Raum hat Meister ihren eigenen Trainingsbereich. An der Wand prangt sie selber, links davon türmen sich die Gewichte in allen Farben und Grössen. Meister schnappt sich zwei rote Platten und befestigt sie an der Langhantelstange. Sie macht einen Schritt zurück, reibt sich die Hände nochmals mit Magnesium ein und greift konzentriert die Metallstange.

Ein Bild aus einem anderen Leben: 2005 wird Scheila Meister (links, daneben brasilianische Mama Leda Meister) zur Miss Latina gewählt.
Foto: z.V.g.
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Und dann reisst Meister sie mit einer solchen Wucht und Schnelligkeit in die Höhe, dass man glatt vergessen könnte, wie schwer das Ganze ist: 65 Kilo. Im Wettkampf kommen nochmals 20 Kilo dazu. Einmal über dem Kopf, lässt sie die Stange donnernd nach vorne auf den Boden krachen und grinst. So geht das.

Krasser Lebenswandel

Die Leidenschaft fürs Gewichtheben hat die Winterthurerin spät entdeckt. Jahrelang hatte Leistungssport keinen Platz in ihrem Leben. Sie besuchte höchstens das Fitnessstudio, aber ging viel lieber tanzen. «Ich liebte Partys, war jedes Wochenende in Zürich im Ausgang, in den Ferien flogen mein Bruder und ich extra nach Ibiza zum Feiern», erzählt sie und muss dann laut lachen: «Sogar eine Miss-Latina-Wahl habe ich mal gewonnen, vor Ewigkeiten. Unvorstellbar, oder?»

Scheila Meisters Weg ist wirklich unvorstellbar. Erst mit 27 beginnt sie mit Crossfit. «Da machte mir das Gewichtheben schon Spass. Und dann wurde ich überredet, mal an einem Wettkampf mitzumachen.» Gerade mal fünf Jahre ist das her. Innert kürzester Zeit qualifizierte sie sich für die EM, später für die WM. Und das mit einem 100-Prozent-Arbeitspensum nebenbei.

Mit ihrem Freund Marc Vöge, der sie coacht, reist sie erst quer durch Europa, dann quer durch die Welt, um an Wettkämpfen teilzunehmen. Dabei wird sie zwar vom Verband von Beginn weg unterstützt, nicht aber von Swiss Olympic. «Obwohl ich an der EM 2023 Vierte wurde, erhalte ich keine individuelle Förderung. Swiss Olympic unterstützt lediglich den Verband», erzählt sie.

Dauergast in der Dopingkontrolle

Zu Beginn war die Reiserei nicht immer ganz einfach. Meisters Freund war damals noch nicht offiziell Coach. Aber Not macht erfinderisch: «Einmal haben wir Marc darum sogar als Journalisten angemeldet, damit er Zugang zu allen Bereichen hatte», erinnert sich die Gewichtheberin schmunzelnd. Bei internationalen Wettkämpfen ist sie als Schweizerin eine absolute Exotin. Das hat Konsequenzen in der von Osteuropäerinnen dominierten Sportart.

«Ich musste bislang an jedem einzelnen Wettkampf in die Dopingkontrolle. Während die Top-Athletinnen aus Osteuropa oft durchgewinkt werden», erzählt die gelernte Detailhandelsfachfrau. Und Partner Marc ergänzt: «Dabei sind es genau diese Nationen, die alle paar Jahre wieder in Dopingfälle verwickelt sind.»

Scheila Meisters Weg an die internationale Spitze ist gespickt mit Hindernissen. Aber die Winterthurerin lässt sich davon nicht aufhalten. Nur um Haaresbreite hat sie soeben in Thailand die Qualifikation für die Olympischen Sommerspiele verpasst. Doch aufgeben liegt nicht in ihrer Natur. Meister wird weiter munter Gewichte in die Höhe stossen, und ihren einzigartigen Weg weitergehen.

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