Töff-Experten über Lüthi-Absturz
«Tom hat das Karriereende vor der Nase»

Liegts am Alter? Am Fahrstil? Am Töff? Am neuen Team? Drei Experten analysieren, warum Ex-Weltmeister Tom Lüthi nur noch hinterher fährt.
Publiziert: 03.05.2021 um 16:09 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2021 um 18:17 Uhr
Matthias Dubach

Es ist für die Schweizer Töff-Fans der schockierende Normalfall geworden. Tom Lüthi (34) ist nicht mehr im TV-Bild zu sehen. Zu weit hinten gurkt der Emmentaler im Moto2-Feld herum. In den letzten sieben GPs kommt Lüthi fünf Mal ausserhalb der WM-Punkte ins Ziel.

Woran liegts, dass Lüthi zuletzt in Jerez zwei Sekunden (!) langsamer ist als noch 14 Monate zuvor auf derselben Piste? Für Blick analysieren drei Töff-Experten die Krise des Ex-Weltmeisters. Alles ehemalige GP-Piloten: Töff-Bauer Eskil Suter (53), Moto2-Europameister Jesko Raffin (24) sowie Alex Hofmann (40) von ServusTV, der bekannteste deutschsprachige TV-Experte.

«Die Jungen sind risikofreudiger»

Der Tenor des Trios: Lüthi hat Mühe, sich umzuprogrammieren – vom alten Fahrstil auf den heute wegen des stärkeren Motors und den breiteren Reifen gefragten Fahrweise ohne wilde Drifts. Suter: «Man sollte aber nicht glauben, dass sich das über die Technik lösen lässt. Es ist der Pilot, der fährt. Er muss immer ans Limit. Die Jungen sind risikofreudiger.»

Tom Lüthi steckt in der Krise: 2021 erst ein WM-Punkt aus vier Rennen!
Foto: freshfocus
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Das Alter als Faktor? Hofmann: «Die älteren Piloten wie Tom wollen das Feeling von früher zurück. Die Jungen hingegen vermissen nichts.» Dazu sei die neue Generation sehr gut ausgebildet und trainiert. Der TV-Experte: «Da als älterer Fahrer dagegenzuhalten, wird immer schwieriger.»

Suter hält Teamwechsel für Flop

Dass Lüthi kein Vertrauen zum Vorderrad hat, sieht Raffin als fatal an: «Ein rutschendes Vorderrad ist viel schwieriger zu kontrollieren als hinten, weil du ständig in Sturzgefahr bist.»

Augenfällig: Der Teamwechsel hat Lüthis Misere nochmals verstärkt. Für Suter keine Überraschung: «Wenn du von einem der besten zu einem der schwächeren Teams wechselst, wirkt sich das aus», sagt der Turbenthaler.

Für Hofmann ist der neue Rennstall kein negativer Faktor. Aber dem Deutschen fällt auf, wie sehr Lüthi grübelt. Deshalb sagt er: «Für Tom wäre es gut, wenn er unbeschwert herangehen würde. Er sollte die Zeit, die noch bleibt, bewusst geniessen. Als älterer Fahrer hat man das Karriereende vor der Nase, ob man will oder nicht. Das ist bei Rossi nicht anders.»

«Erfolge sind schnell vergessen»

Auch Raffin sieht die Zukunft bedrohlich. «Die Zeit läuft leider gegen Tom», sagt der Zürcher, «bald planen die Teams schon die nächste Saison. Es ist ein Teufelskreis: Du brauchst Zeit, das Gefühl für den Töff zu finden, aber du hast sie nicht. Und die Erfolge von früher sind schnell vergessen.»

Fährt Lüthi also nie mehr aufs Podest? Ganz abschreiben sollte man einen Fahrer von Lüthis Kaliber nie, finden die Experten, einzelne Highlights seien weiterhin möglich. Suter: «Aber einen WM-Titel gibts nicht mehr.»

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