«Wird auch wieder glückliche Momente im Leben geben»
Jetzt machen Behindertensportler Auberson Mut!

Sein neues Leben im Rollstuhl kann Motocross-Pilot Killian Auberson nur schwer akzeptieren. Ex-Ski-Star Silvano Beltrametti, Paralympics-Legende Heinz Frei und Rollstuhl-Armwrestler René Hübner kennen dasselbe Schicksal. Sie erzählen, wie sie sich zurück gekämpft haben.
Publiziert: 16.10.2020 um 09:22 Uhr
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Aktualisiert: 16.10.2020 um 09:35 Uhr
Matthias Dubach und Mathias Germann

Das Schicksal vom schwer verunfallten Schweizer Motocross-Star Killian Auberson (27) bewegt die Menschen. Vor allem, weil der nach einem Supercross-Trainingssturz gelähmte Waadtländer seine Gefühlswelt brutal offen und ehrlich schildert. «Ich habe dieses Scheiss-Behindertenleben satt», schrieb Auberson auf Instagram.

Der Motocross-Pilot hadert mit seinem neuen Leben. Er kann den Rollstuhl nicht akzeptieren. Als René Hübner (44) davon liest, meldet er sich bei BLICK. «Ich will ihm Mut machen», sagt der mehrfache Schweizer Meister im Rollstuhl-Armdrücken. «Spitzensport ist auch nach einem solch schlimmen Unfall möglich. Mich hatte es schlimmer erwischt als ihn, ich hatte 64 Operationen. Aufgeben gab es für mich nicht. Wie vorher American Football spielen kann ich natürlich nicht mehr. Aber im Armwrestling bin ich an der EM und WM dabei. Man kann auch im Rollstuhl viel erreichen», sagt der Ostschweizer, der als Präsident von «Strong Man Säntis» fleissig auf der Suche nach neuen Rollstuhl-Wrestlern ist.

Heinz Frei: «Eine Entdeckungsreise»

Viel erreichen im Rollstuhl? Anruf bei Heinz Frei (62). Der 15-fache Paralympics-Goldgewinner ist einer der erfolgreichsten Schweizer Athleten überhaupt. Frei zeigt Verständnis für Aubersons mentales Tief: «Ich hatte auch meine Krisen. Die Anfangsphase ist eine riesige Challenge, weil man noch den Vergleich zu vorher macht und die Zukunft völlig offen ist. Mir hat damals die Zusage meines Arbeitgebers, mich weiterzubeschäftigen, neue Zuversicht gegeben.»

Seine letzten Spiele: Paralympics-Legende Heinz Frei 2016 in Rio.
Foto: Keystone
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Auch die Rollstuhl-Legende macht Auberson Hoffnung: «Die Zeit heilt tatsächlich Wunden. Irgendwann geht man auf eine Entdeckungsreise und lernt seinen neuen Körper gern zu haben, weil man feststellt: Ich kann immer noch viel machen.»

Frei ist im Paraplegiker-Zentrum in Nottwil LU stark engagiert. Dort sind ihm schon einige Motocross-Fahrer begegnet. Auch der Genfer Marc Ristori (38), der 2007 wie Auberson beim Supercross stürzte – mittlerweile aber trotz Lähmung auf einem Spezial-Töff sogar wieder Motocross fährt. Heinz Frei: «Spitzensportler hadern am Anfang mehr, weil sie ihren Körper nicht mehr so wie vorher nutzen können. Aber auf dem Weg zurück ins Leben ist der Sport als Lebensschule ein Vorteil, da harte Arbeit und kämpfen für ein Ziel bestens bekannt ist.»

Beltrametti: «Gibt härtere Schicksale»

Ein solcher Spitzensportler war auch der 2001 verunglückte Ski-Star Silvano Beltrametti (41). Er rät Auberson aus seiner eigenen Erfahrung: «Ich konnte mich in den ersten Monaten immer wieder ermuntern und lernen, die kleinen Siege im neuen Alltag zu schätzen. Mir hat auch geholfen zu sehen, dass es Menschen gibt, die viel Schlimmeres durchmachen müssen und härtere Schicksale zu tragen haben.»

Beltrametti fährt heute Monoski und führt ein Hotel in Lenzerheide GR. «So tragisch eine Querschnittlähmung ist, man kann sich gut im Leben zurechtfinden», sagt der Bündner zu BLICK. Und auch er macht Auberson Mut: «Wenn er akzeptiert, dass nichts mehr gleich ist wie früher und sich neu orientiert, wird er mit Bestimmtheit wieder sehr glückliche Momente im Leben haben.»

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