Töff-Tom wartet weiter auf die MotoGP
Der nächste Gegner fliegt an Lüthi vorbei

Tom Lüthi wartet seit 7 Jahren auf den Töff-Olymp. Sehnsüchtig. Nun könnte ihn das nächste Top-Talent links überholen.
Publiziert: 04.05.2017 um 14:16 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:34 Uhr
Trotz Topform lässt der Aufstieg für Tom Lüthi in die MotoGP-Klasse auf sich warten.
Foto: freshfocus
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Stefan Meier

Tom Lüthi ist so stark wie nie zuvor in seiner Karriere. Saisonübergreifend schafft er es vier Mal in Serie aufs Podest, sechs Mal in den letzten sieben Rennen! Eine beeindruckende Konstanz. Und trotzdem steht ihm – bis jetzt – wieder einer vor der Sonne. Franco Morbidelli gewann die ersten drei Rennen. Führt die WM vor dem Moto2-Vizeweltmeister an.

Gut möglich, dass das auch Ende Saison sein wird. Nicht unbedingt, was die WM betrifft. In 15 ausstehenden Rennen kann viel passieren. Aber es kann gut sein, dass Morbidelli in die MotoGP aufsteigen wird. Und Lüthi wieder einmal zuschauen muss. 

Denn die Liste an jungen Gegner, die statt dem Emmentaler in die Königsklasse berufen werden, ist lang. Die Liste ist lang: Smith, Bradl, Marquez, die Espargaros, Iannone, Rabat, Zarco, Vinales, Redding, Rins, Lowes, Folger. Und und und.

«Das gibt schon einen Stich ins Herz», gestand Tom 2012 ein, als der Hinterherfahrer Bradley Smith heraufbefördert wurde, während er selber wieder in die Röhre guckte. Seit 2010 harrt er in der Moto2 aus. 38 Mal fuhr er aufs Podest in dieser Zeit. Gut, aber nicht gut genug. Lüthi muss zuschauen, wie andere ihren MotoGP-Traum erfüllen.

Und nun könnte also schon der nächste Youngster an Töff-Tom vorbeifliegen. Morbidelli ist ein ernsthaftes Thema in der Königsklasse. Drei GP-Siege – und schon steht der Töff fast parat.

Der Schüler aus der VR46-Academy von Valentino Rossi profitiert von den perfekten Strukturen bei seinem Arbeitgeber Marc VDS. Der belgische Bierbaron Marc van der Straten betreibt nämlich auch ein MotoGP-Team mit zwei Töffs. Tito Rabat weiss dort bisher überhaupt nicht zu überzeugen. Sein Vertrag läuft Ende Saison aus. Und auch Jack Miller könnte Ende Jahr weg sein.

Eigentlich hätte Morbidelli auch für nächste Saison einen Moto2-Vertrag. Sollte der Italiener aber den Titel holen, wird er weg sein. «Für mich ist klar, dass wir ihm im Falle des WM-Titels ein MotoGP-Bike anbieten müssen», sagt Teamchef Michael Bartholemy bei «Crash.net». Und auch sonst winkt der Aufstieg. «Wenn wir finden, dass es Zeit für den Aufstieg ist, werden wir ihm in der MotoGP mit dem bestmöglichen Material versorgen.»

Der Töff-Olymp ist und bleibt auch Lüthis Ziel. «Aber nur auf konkurrenzfähigem Material», betont der 30-Jährige immer wieder. Damit er das bekommt, muss Lüthi Weltmeister werden. Und selbst dann wird’s schwierig.

Das Problem: Die MotoGP braucht schlicht keinen 30-jährigen Schweizer. Weltmeister hin oder her. Bei Morbidelli ist das anders. Italiener. 22 Jahre jung. Und schnell. Das alles in einer Zeit, in der ein Nachfolger von Rossi verzeifelt gesucht wird. Nach Morbidelli lecken sich die Töff-Chefs deshalb die Finger.

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Das sind die Unterschiede zwischen Moto2 und MotoGP

Dass Tom Lüthi fahrerisch in der MotoGP bei den Leuten sein könnte, hat er nicht zuletzt bei den Tests für KTM beweisen können. Der Emmentaler kommt mit den grossen Maschinen bestens zurecht. Stattdessen jagt er in der Moto2 um die Kurven. Doch wie gross ist eigentlich der Unterschied zwischen Königs- und Prinzenklasse? 

64 km/h – Auf den Geraden würde Tom mit seiner Moto2-Kalex heftig eingeteilt. Gut 290 Sachen bringen die Moto2-Einheitsmotoren hin. Der Rekord in der MotoGP 354,9 km/h – aufgestellt von Andrea Iannone 2016 in Mugello.

120 PS – Tom Lüthi kann sich 140 Pferde vor den Töff spannen. Das sind Welten zur MotoGP, wo je nach Fabrikat rund 260 PS unter der Haube stecken. Beim KTM-Test letztes Jahr sagte Lüthi: «Die Beschleunigung war eindrücklich. Das war eine grosse Herausforderung.»»

8 kg – Auf der Waage ist Tom Lüthi ganz nahe dran an der MotoGP. 150 kg wiegt ein Moto2-Renner ungefähr. 158 kg sinds in der MotoGP. 

4 Grad – Nicht extrem ist der Unterschied in der Kurvenlage. Lüthi legt sich mit rund 60 Grad Neigungswinkel in die Kurven. Die MotoGP-Maschinen legen die Maschinen ums Eck bis auf 64 Grad hin. Dabei kratzt regelmässig der Ellbogen am Boden. Zum Verständnis: Mit Strassenmotorrädern liegen rund 50 Grad drin. 

4 Sekunden – So viel verliert Lüthi etwa pro Runde auf die schnellsten der MotoGP. Zumindest in Jerez am Wochenende wird das so sein. In Malaysia, dem längsten Kurs des Jahres, sind es über 7 Sekunden.

15 km/h – Es gibt eine Disziplin in der WM, wo Lüthi die Stars der Königsklasse sogar einteilen kann. Der Kurvenspeed ist in der Moto2 nämlich höher als in der MotoGP. Das können bis zu 15 km/h sein. Allerdings beschleunigen die MotoGP-Piloten dann früher - und vor allem heftiger.

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