«Für mich ist es etwas zu spät, um Tipps von den Rad-Stars abzuholen»
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Schweizer Botschafter in Paris:«Für mich ist es etwas zu spät, um Rad-Tipps abzuholen»

Blick zu Besuch beim Schweizer Botschafter in Paris
In seinem Garten steigen bald Olympia-Partys

Roberto Balzaretti gewährt Einblick in die Olympia-Vorbereitungen der Schweizer Botschaft in Paris. Und der 59-Jährige verrät, warum ihm der Radsport mittlerweile lieber ist als Fussball – und wie er in seiner Freizeit mal eben durch Nevada strampelt.
Publiziert: 17.07.2024 um 20:30 Uhr
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Aktualisiert: 18.07.2024 um 07:33 Uhr

Es sind nur noch acht Tage, bis am 26. Juli auf der Pariser Seine die Olympischen Spiele im grossen Stil eröffnet werden. Längst ist in der Stadt nicht zu übersehen, dass hier bald ein Mega-Anlass über die Bühne geht. Erste Tribünen stehen bereits, Kioske verkaufen Olympia-Fanartikel und Hotels sowie öffentliche Verkehrsmittel werben unübersehbar für die Sommerspiele. 

Auch in der Schweizer Botschaft wird dieser Tage (fertig-)gebaut. Im hauseigenen Garten entsteht das «Maison Suisse». Blick hat Roberto Balzaretti, Schweizer Botschafter und grosser Sport-Fan, im Vorfeld der Spiele besucht. 

Blick: Roberto Balzaretti, Sie sind als Schweizer Botschafter in Paris ein viel beschäftigter Mann. Wie oft kommen Sie da noch dazu, selbst Sport zu treiben?
Roberto Balzaretti: Ich versuche, mir jeden Tag die Zeit dafür zu nehmen. Erst gestern war ich mit dem Velo in Nevada (schmunzelt). Natürlich nur virtuell. Ich habe hier in der Botschaft eine Spinning-Maschine in einem kleinen Kämmerchen, da setze ich mich nach Möglichkeit jeden Tag ungefähr 45 Minuten drauf.

Roberto Balzaretti hofft auf möglichst viele Medaillenfeiern in der Schweizer Botschaft.
Foto: Sven Thomann
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Sie sind ein grosser Rad-Fan, haben im Rahmen des diplomatischen Projekts «En route avec la Suisse» auch schon verschiedene französische Städte mit dem Velo angefahren. Woher kommt diese Leidenschaft?
Früher habe ich auch Fussball gespielt. Zu meiner Studentenzeit kickte ich in Gentilino, etwas oberhalb von Lugano. Dort, wo heute der FC Collina d’Oro beheimatet ist. Ich spielte bis zur 2. Liga. Doch heute bin ich 59 und ich mag am Radsport, dass man ihn betreiben kann, ohne sich beide Knie kaputtzumachen (lacht). Er ist nicht so aggressiv. Im Gegenteil. Wenn man mit dem Velo irgendwo ankommt, empfinden das die Leute immer als sympathisch. Das haben wir auch auf unserer 13-wöchigen Frankreich-Tour gespürt: Es hat sofort das Eis gebrochen – und uns erlaubt, neue Kontakte zu knüpfen und die Schweiz auf positive Art und Weise zu repräsentieren.

Haben Sie vor, sich während der Olympischen Spiele Tipps bei Stefan Küng und Co. abzuholen?
Dafür ist es für mich wohl schon zu spät. Vor ein paar Jahrzehnten wäre ich wohl noch froh darüber gewesen. Aber ich hoffe schon, dass ich hier in der Botschaft möglichst viele Athletinnen und Athleten unseres Landes empfangen darf. Man kann von Sportlern immer etwas lernen.

Woran denken Sie?
Ausdauer, Disziplin, Fokus, die Fähigkeit, zu akzeptieren, dass man nicht immer gewinnen kann. Das Bewusstsein für den eigenen Körper und Geist. Das alles kann jeder für seinen beruflichen Alltag mitnehmen. Sport ist eine Lebensschule.

Wie werden Sie persönlich die Spiele in Paris verfolgen?
Mich wird es in erster Linie hier in der Botschaft brauchen. In unserem Garten entsteht das «Maison Suisse», ein 1100 Quadratmeter grosser Pavillon, in dem wir die Schweiz als vielseitiges Land präsentieren möchten. Als traditionell, aber doch modern und nachhaltig. Speziell wird sein, dass die ansonsten geschützte Atmosphäre einer Botschaft plötzlich für alle offen ist. Und noch spezieller ist zuvor, dass für die Bauarbeiten sämtliches Material durch die nur 1,07 Meter breite Gartentür gebracht werden muss.

Was erwartet die Besucher in diesem 4-Millionen-Franken-Projekt?
Das «Maison Suisse» wird täglich von 11 Uhr bis 23 Uhr geöffnet haben – es ist zugänglich für alle, die interessiert sind, aber maximal für 500 Personen gleichzeitig. Wir planen während der Olympischen Spiele wie auch während der Paralympics verschiedene Events und Podiumsdiskussionen auf zwei Ebenen im Pavillon. Die Kantone Basel-Stadt, Waadt und Genf gehören zu unseren Partnern, genauso wie diverse Schweizer Unternehmen. Wir werden musikalische Unterhaltung bieten, von Jodeln bis Beatboxen. Und auch Stand-Up-Künstler werden ihre Auftritte haben. Und am meisten hoffen wir natürlich, dass es viele Schweizer Medaillen zu feiern gibt.

Das «Maison Suisse» ist ein grosser Organisationsaufwand. In Frankreich gilt derzeit die höchste Terrorwarnstufe, die Olympischen Spiele gelten als mögliches Ziel für neue Attacken. Sorgen Sie sich um die Sicherheit in Paris während der Spiele?
Nun, wenn man das «Maison Suisse» im Garten hat, muss man natürlich auch daran denken. Wir treffen viele Sicherheitsvorkehrungen und stehen im Austausch mit der französischen Polizei, mit Fedpol sowie mit unserem Krisenmanagement-Zentrum. Alles wird getan, um die Risiken zu minimieren. Wir spüren ganz allgemein, dass in Paris schon im Vorfeld viele Massnahmen eingeleitet werden.

Worin zeigt sich dies?
Die Behörden sprechen von etwa 30'000 Polizisten und 25'000 Soldaten, die während der Spiele im Einsatz stehen werden. Und schon seit Wochen ist die Stadt daran, gewisse öffentliche Plätze zu sperren. Ein paar Brücken sind bereits geschlossen – und die Einwohner werden gewisse Bereiche nur noch mit QR-Codes betreten können.

Persönlich

Roberto Balzaretti ist seit Dezember 2020 Schweizer Botschafter in Frankreich und dem Fürstentum Monaco – mit Sitz in Paris. Davor war der Jurist und Diplomat als Staatssekretär des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sowie Direktor der Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA) tätig. Zudem wirkte er als Sonderbeauftragter der Schweiz beim UNO-Menschenrechtsrat. Der 59-jährige Tessiner ist grosser Sport- und insbesondere Rad-Fan.

Roberto Balzaretti ist seit Dezember 2020 Schweizer Botschafter in Frankreich und dem Fürstentum Monaco – mit Sitz in Paris. Davor war der Jurist und Diplomat als Staatssekretär des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sowie Direktor der Direktion für europäische Angelegenheiten (DEA) tätig. Zudem wirkte er als Sonderbeauftragter der Schweiz beim UNO-Menschenrechtsrat. Der 59-jährige Tessiner ist grosser Sport- und insbesondere Rad-Fan.

Mehr

Spüren Sie in der Stadt mehr Vorfreude oder mehr Besorgnis?
Man spürt beides, da muss man ehrlich sein. Ich glaube, die Pariser werden sehr stolz sein, wenn alles gut gelaufen ist. Die Olympischen Spiele sind schliesslich ein riesiges Schaufenster. Doch im Moment überwiegen vielleicht noch die Bedenken. Es gibt viele Baustellen, viele Verkehrshindernisse. Wie so oft im Sommer, wenn es sie ans Meer zieht, werden viele Einheimische die Stadt während der Spiele verlassen.

Die Terrorgefahr ist das eine, das andere ist die Angst vor einem Verkehrschaos. Wie denken Sie darüber?
Sollte es tatsächlich Streiks oder technische Schwierigkeiten geben, dann gibt es ein Problem. Gerade, weil die Sportstätten dezentral organisiert und über die ganze Stadt verteilt sind. Doch Frankreich hat verschiedene Massnahmen getroffen, damit das Transportangebot sichergestellt und im Notfall schnell reagiert werden kann. Ausserdem hat das Land bei der Rugby-WM im Vorjahr bewiesen, dass ein Grossanlass auch reibungslos möglich ist. Den Schweizer Fans würde ich einfach raten: Plant euren Olympia-Trip gut. Alle möglichen Tickets schon im Voraus kaufen! Das reduziert die Unannehmlichkeiten vor Ort. Und dann hoffen wir, dass die Spiele für alle ein grosses Fest werden.

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