Doping bei London 2012
Pumpten die Briten ihre Olympia-Stars mit Wundermittel voll?

Der britische Sportdachverband UK Sport soll für die Heim-Spiele 2012 in London 91 Eliteathleten mit einem Wunderdrink ausgestattet haben – obwohl nicht ausgeschlossen war, dass damit gegen die Dopingregeln verstossen wird.
Publiziert: 13.07.2020 um 13:35 Uhr

Die Briten sollen ihre Sportler für Heim-Olympia 2012 mit einem Wundermittel versorgt haben. Finanziert mit Steuergeldern und ohne zu wissen, ob der Super-Drink mit den Anti-Dopingregeln vereinbar ist und wie die Nebenwirkungen ausfallen würden. Die Sportler hätten im Gegenzug eine Maulkorb-Vereinbarung unterschreiben müssen. Das berichtet die britische «Mail on Sunday».

Konkret habe der Dachverband UK Sport vor den Olympischen Spielen 2012 in London 91 britische Elitesportler mit dem Ketone-haltigen Energydrink «DeltaG» eingedeckt. Die syntethische Substanz Ketone unterstützt den Stoffwechsel und wurde von der Uni Oxford zusammen mit dem US-Verteidigungsministerium entwickelt. Ziel der Forschung: Dass Soldaten hinter feindlichen Linien länger durchhalten und mit weniger Rationen auskommen.

Obs funktioniert hat? Sicher ist: Mit dem Rekordwert von 29 Goldmedaillen wurde Grossbritannien im Medaillenspiegel Dritter.

Höhenflug: Die Briten holten in London 29 Goldmedaillen – so viele wie nie zuvor.
Foto: ASSOCIATED PRESS
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Verband schiebt Verantwortung weg

Die Recherchen der «Mail on Sunday» zeigen: Die Briten gingen jedenfalls mit einem ausgeklügelten Plan ans Werk. «DeltaG» wurde bei Athleten eingesetzt, die mehr als einen Olympia-Einsatz hatten und die jeweils mehr als fünf Minuten Spitzen-Leistung bringen mussten. Vor allem im Radsport, Hockey, Segeln, in der Leichtathletik, im Schwimmen und im Modernen Fünfkampf soll das Mittel eingesetzt worden sein.

Krass: In einem geheimen Papier sagt der Dachverband explizit, dass Doping mit dem Mittel nicht ausgeschlossen ist! «UK Sport garantiert, verspricht und steht auch nicht dafür ein, dass die Verwendung von Ketone-Estern mit dem Welt-Anti-Doping-Code absolut konform ist, und schliesst daher jede Verantwortung für die Verwendung aus», heisst es darin. Für den Kampf um die letzten Zentimeter und Hundertstel ist man bereit, alles zu riskieren. Allerdings sei Ketone-Einnahme auch «schwer zu beweisen», heisst es in dem Papier einigermassen beruhigend ebenfalls.

Unbekannte Folgen des Mittels

Für den deutschen Pharmakologen Fritz Sörgel ist dagegen klar: Das ist Doping. «Wenn ich eine körpereigene Substanz simuliere, ein Ester herstelle, ist das ein pharmakologisches Prinzip», sagt er der «Süddeutschen».

Erschwerend kommt hinzu, dass die Folgen von Ketone-Konsum für den Menschen damals kaum erforscht waren.

UK Sport wehrt sich gegen den Vorwurf, die Sportler als Versuchskaninchen missbraucht zu haben. Man finanziere keine «Forschungsprojekte, die darauf abzielen, unseren Nationalteams einen Leistungsvorteil auf Kosten des Wohlbefindens zu verschaffen», heisst es in einer Mitteilung. (eg)

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