Nicole Büchler mit 4,70 m starke Olympia-Sechste
Besser als die Weltmeisterin und Olympiasiegerin von 2012

Dank eines leichten Schmerzmittels und ihrem Wunderstab kann sich Nicole Büchler (32) trotz vorangegangener sechswöchigen Verletzungs-Pause auf Olympia-Rang 6 zaubern.
Publiziert: 20.08.2016 um 03:54 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 14:10 Uhr
Nicole Büchler überspringt 4.70 Meter.
Foto: REUTERS
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Carl Schönenberger aus Rio de Janeiro

Noch vor zwei Wochen hat sie selbst nicht mehr richtig an einen möglichen Rio-Start geglaubt. Die Verletzung, die sie sich Anfang Juni im finnischen Turku zugezogen hatte, machte ein richtiges Training unmöglich. «Dass ich jetzt doch hier bin, verdanke ich auch dem Vertrauen von Swiss Athletics», sagt sie. «Sie haben auf mich gesetzt, obwohl die Leute beim Verband gar nicht genau wussten, wie es um meine Verletzung wirklich steht.»

Die Bielerin war also in einer ähnlichen Situation wie Kariem Hussein. Im Unterschied zu ihm, hats sie es aber nicht zu früh wieder probiert – wie Kariem nach seiner Fussverletzung in Luzern oder bei der EM. Sein Heilungsprozess ist nicht wirklich vorwärts gegangen, jener bei der geduldigeren Nicole Büchler indes schon. «Ich bin aber auch hier noch mit einem leichten Schmerzmittel gesprungen», gibt sie nach ihrem Coup zu. Und ihr Zauberstab, mit dem sie schon im Frühling bei der Hallen-WM über 4,80 m geflogen ist, funktioniert bei Olympia wieder.

Wie ein Swiss-Flieger vor dem Abheben

Nicoles erster Olympia-Final ist gelungen. Nach ihrer Anfangshöhe von 4,50 m – problemlos im Ersten überflogen –, hat sie eine Zitter-Situation bei 4,60. Zweimal stimmt zwar die Höhe, aber Büchler ist zu nah an der Latte und reisst sie beim «Sinkflug» mit. Es ist aber auch schwierig zu springen. Der Wind im Stadion ist wohl nicht stark, aber er bläst einmal von hinten, nach ein paar Sekunden von der Seite oder sogar von vorn. Zudem pokert die Schweizerin sogar ein bisschen: Um ihren nach wie vor noch nicht ganz schmerzfreien im Übergang von Rumpf zu Oberschenkel nicht gleich bei den ersten Versuchen zu sehr zu reizen, springt sie aus kurzen Anlauf – 12 Schritte. Doch auch so klappt es dann im dritten Anlauf. Büchler streift sich danach mit einer Geste symbolisch den Angstschweiss von der Stirn.

Jetzt ist sie im Flug-Modus, markiert wie in der Quali die Swiss – statt wie die Flugzeuge auf der Heckflosse, trägt sie das Schweizer Kreuz auf ihren Tapes an Rücken und Bauch. Und wie die Swiss-Flieger beim vor dem Abheben, macht sie bei 4,70 m bereits im Anlauf viel mehr Schub. Dazu braucht sie jetzt ihre gewohnte «Startbahn», Anlauflänge 14 Schritte. Und es zahlt sich aus. 4,70 m packt sie auf Anhieb. Damit hat Büchler mindestens Platz sechs in der Endabrechnung schon auf sicher. Ihr vierter Rang von der Hallen-WM im März in Portland (USA) ist also mehr als bestätigt.

Versuchter Lucky Punch über 4,85 m

Jennifer Suhr (USA), die diesjährige Hallen-Weltmeisterin und Olympiasiegerin von London oder Yarisley Silva (Kuba), die letztjährige Weltmeisterin von Peking sind draussen – schon bei 4,70 m von Büchler übertrumpft.

Dann zwingt sie ihr doch noch nicht ganz fitter Körper zu pokern. Zu viele Wettkampf-Sprünge verträgt Nicole noch nicht. Im ersten Anlauf über 4,80 scheitert sie – setzt dann gleich auf einen Lucky Punch mit zwei verbleibenden Versuchen über 4,85 m. Das wäre dann aber doch zu schön gewesen.

«Rang 6 ist mehr als ich mir je hätte erträumen können. Es ist der Wahnsinn, nach meiner ganzen Verletzungsgeschichte. Natürlich ist es schade zu wissen, was hier noch möglich gewesen wäre, wenn ich die letzten sechs Wochen hätte normal trainieren können», sagt Büchler zum «SRF».

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