Spirig schätzt die Chancen von Triathlon-Hoffnung Derron ein
«Der Schlüssel zum Coup ist das Schwimmen»

Triathletin Julie Derron startet zu ihren ersten Olympischen Spielen. Sorgt sie in Paris für einen Exploit wie einst Nicola Spirig?
Publiziert: 30.07.2024 um 18:40 Uhr
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Aktualisiert: 31.07.2024 um 16:35 Uhr
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Patrick MäderAutor Blick Sport

Nicola Spirig ist eine der grössten Sportlerinnen, die die Schweiz je hatte. Wer erinnert sich nicht an 2012, als sich die damals 30-jährige Triathletin in London auf der Zielgeraden diesen unfassbaren Sprint mit der Schwedin Lisa Norden lieferte und am Ende hauchdünn, nur um Zentimeter, Olympiagold gewann. Die Erinnerung daran ist heute noch aufwühlend.

Inzwischen ist Nicola Spirig Hug 42-jährig, dreifache Mutter, Referentin für Unternehmen und in Paris nur noch Zuschauerin ohne offizielle Mission. Trotzdem wird sie als Ratgeberin gebraucht. Denn von ihrer enormen Erfahrung können alle im Schweizer Triathlon-Team profitieren. Was ist besonders an Olympia? Spirig: «Es gibt ganz praktische Sachen, wie beispielsweise die Zeit, um von einem Ort zum anderen zu kommen. Es gibt vermehrte Sicherheitsvorkehrungen, grössere Verkehrsprobleme, die man einberechnen muss. Es gibt aber auch die psychologische Komponente: Komme ich mit dem Druck klar, dass alles klappen muss an diesem einen Tag, auf den ich mich so lange akribisch vorbereitet habe? Die Erwartungen von aussen und an sich selber sind sicher grösser bei Olympischen Spielen.»

Aufs Schwimmen kommts an

Julie Derron (27) ist bei den Frauen mit starken Leistungen in die Rolle der Hoffnungsträgerin gerutscht. Was traut Spirig der Zürcherin zu? «Sie hatte eine wahnsinnig gute Vorbereitung, extrem beeindruckende Trainingsresultate, ist topfit und mental stark. Julie ist sicher nicht unter den Hauptfavoritinnen, aber ich glaube, wenn das Rennen optimal läuft für sie, kann sie um eine Medaille mitlaufen.»

Die Schweizer Triathletin Julie Derron ist so was wie die Geheimfavoritin auf eine Olympiamedaille.
Foto: freshfocus
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Das Triathlonprogramm in Paris

Olympische Sommerspiele, der Triathlon in Paris: 1,5 km Schwimmen (in der Seine), 40 km Velofahren, 10 km Laufen. Bei den Männern für die Schweizer am Start: Adrien Briffod, 2.8.1994, Clarens VD und Max Studer, 16.1.1996, Kestenholz SO. Das Rennen der Männer beginnt am Dienstag um 8 Uhr. Allerdings: Ob wirklich gestartet wird, erfahren die Männer erst um 3.30 Uhr. Grund ist das verschmutzte Wasser in der Seine. Bei den Frauen am Start: Julie Derron, 10.9.1996, Zürich und Cathia Schär, 20.10.2001, Mézières VD. Das Rennen der Frauen findet am 31. Juli statt. Die Mixed-Staffel geht am 5. August über die Bühne.

Max Studer hat sich ein klares Ziel für Paris gesetzt: «Ich will eine Medaille gewinnen.»
Sven Thomann

Olympische Sommerspiele, der Triathlon in Paris: 1,5 km Schwimmen (in der Seine), 40 km Velofahren, 10 km Laufen. Bei den Männern für die Schweizer am Start: Adrien Briffod, 2.8.1994, Clarens VD und Max Studer, 16.1.1996, Kestenholz SO. Das Rennen der Männer beginnt am Dienstag um 8 Uhr. Allerdings: Ob wirklich gestartet wird, erfahren die Männer erst um 3.30 Uhr. Grund ist das verschmutzte Wasser in der Seine. Bei den Frauen am Start: Julie Derron, 10.9.1996, Zürich und Cathia Schär, 20.10.2001, Mézières VD. Das Rennen der Frauen findet am 31. Juli statt. Die Mixed-Staffel geht am 5. August über die Bühne.

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Spirig betont, wie wichtig dabei der Start ist. «Der Schlüssel zum möglichen Coup ist das Schwimmen. Das ist nicht Julies Lieblingsdisziplin, sie kann das Rennen dort nicht gewinnen, aber verlieren.» Wichtig sei, dass sie im Sog der Spitzengruppe den Abstand in Grenzen halten und auf dem Rad dann aufschliessen könne. «Julie kann im Laufen ein sehr hohes Tempo anschlagen und dieses lange durchziehen, das ist ihre grosse Stärke.»

Mit Visualisierung ganz nach oben

Spirig war zu Aktivzeiten für ihren Ehrgeiz bekannt, für ihre Akribie und ihren starken Willen. «Ich habe Verschiedenes ausprobiert. Vor meinen ersten Olympischen Spielen 2004 als ganz junge Athletin habe ich mit einem Sportpsychologen zusammengearbeitet. Zwischendurch habe ich auch Hypnose ausprobiert. Beides hat mir nicht viel gebracht. Was mich wirklich weitergebracht hat, war die Kombination von körperlichem und mentalem Training im Sinn von Visualisierung.»

Sie sei schon drei Jahre vor Olympia in London vor Ort gewesen, habe sich alles eingeprägt, auch den Zieleinlauf. «Danach haben wir uns zu Hause eine vergleichbare Strecke modelliert. Und jedes Mal, wenn ich auf dieser Strecke trainiert habe, habe ich mir vorgestellt, gegen welche Gegnerinnen ich antreten werde, was ihre Stärken, was ihre Schwächen sind und mit welchen unterschiedlichen Taktiken ich sie schlagen könnte. Auch diesen knappen Zieleinlauf hatte ich schon tausend Mal im Training geübt. Ich bin gegen die Männer gelaufen und habe mir vorgestellt, dass es meine Konkurrentinnen wären.»

Olympiaschliff in China geholt

Spirig schwärmt heute noch von ihrem langjährigen Trainer Brett Sutton. Der heute 65-Jährige war derjenige, der bei Spirig die Zielsetzung maximiert hat. «Das war eine grosse Diskussion vor London. Ich dachte, eine Medaille zu gewinnen, wäre doch super. Aber Brett hat darauf gepocht, dass ich die Goldmedaille ins Visier nehmen soll.» Der Australier habe ein feines Gespür für die Athletinnen und Athleten und was für jeden möglich sei.

Julie Derron hat unter der Aufsicht von Brett Sutton ab Februar vier Monate in China verbracht und hart geschuftet. Viel Augenmerk wurde dabei aufs Schwimmen gelegt. Im April siegte sie bei einem Weltcuprennen in Chengdu vor sehr starker Konkurrenz. Sie ist vielleicht in der besten Verfassung ihrer bisherigen Karriere. Wenn sie jetzt noch einen guten Tag erwischt in Paris … Derron sagt, sie wolle ein Diplom gewinnen, also einen Platz unter den ersten acht. Sie sagt aber auch: «Mein ganzes Leben ist momentan auf den 31. Juli 2024 ausgerichtet. Alles ordne ich diesem Tag, diesem Ziel unter.»

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