Nach diesem Schlag von Khelif gibt die Italienerin auf
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Skandal beim Olympia-Boxen:Nach diesem Schlag von Khelif gibt die Italienerin auf

Zum Box-Eklat bei Olympia
Darum ist dieser Kampf nicht nur unfair, sondern gefährlich

Die Italienerin Angela Carini gibt ihren Boxkampf gegen Imane Khelifi nach 46 Sekunden auf. Der Fall wirft unangenehme (Geschlechter-)Fragen zur Integrität des Sports auf, schreibt Blick-Sportchef Emanuel Gisi.
Publiziert: 01.08.2024 um 21:50 Uhr
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Aktualisiert: 02.08.2024 um 16:02 Uhr
Die taiwanische Boxerin Lin Yu‑ting darf trotz Kontroverse in Paris antreten.
Foto: keystone-sda.ch
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Emanuel GisiSportchef

Die Olympischen Spiele haben ihren ersten echten Eklat. 46 Sekunden bloss dauert der Boxkampf im Weltergewicht zwischen der Algerierin Imane Khelif und der Italienerin Angela Carini. Dann gibt Carini auf – und die Welle der Empörung schwappt hoch. Hintergrund: Khelif wurde vor einem Jahr von der WM ausgeschlossen, weil sie einen Geschlechtstest nicht bestanden haben soll. Bei Olympia darf sie antreten, weil der Weltverband IBA nach allerlei zweifelhaften Vorgängen das Boxturnier nicht mehr durchführen darf – das IOC hat die Sache selber in die Hand genommen.

Und die Herren der olympischen Ringe zeigen, wie man es nicht machen sollte, wenn man sich in das komplizierte Feld von Athletinnen mit männlichen Merkmalen begibt.

Der Fall wirft unangenehme Fragen auf nach der Integrität des Sports. Wer darf an Frauenwettbewerben teilnehmen? Wie weit ist Inklusion mit fairen Wettkämpfen in der Frauenkategorie vereinbar? Denn unbestritten ist: Wenn die Algerierin von der IBA tatsächlich wie kolportiert wegen XY-Chromosomen von der WM ausgeschlossen wurde, ist davon auszugehen, dass sie einen physischen Vorteil hat. Das mag schön sein für sie – ist in einer Sportart wie dem Boxen aber nicht nur unfair, sondern kann auch gefährlich sein.

Eine US-Studie zeigt zum Beispiel: Menschen, die eine männliche Pubertät durchlaufen haben, haben eine um 162 Prozent höhere Schlagkraft im Vergleich zu Frauen. Ein Anhaltspunkt?

IOC wählt falschen Weg

Noch sind nicht alle Fragen abschliessend geklärt, wie der Fall bei Khelif genau liegt, bleibt für den Moment offen. Gemäss Medienberichten wurde sie in Algerien als Frau geboren und wuchs als solche auf, ist also keine trans Frau, wie in den sozialen Medien mancherorts aufgeregt behauptet wird. Möglich, dass sie als intersexuell einzustufen ist.

Ganz sicher zeigt der Fall einmal mehr: In dieser Sache kann man es nicht allen recht machen. Das haben Verbände wie die Leichtathleten, Schwimmer oder der Rugby-Weltverband gemerkt, die sich nach teils wilden Diskussionen mehr oder weniger klar auf die Seite der als biologische Frauen geborenen Athletinnen stellten, Grenzwerte einführten – und sich die Proteste von Aktivistinnen zuzogen, die ihrerseits aber nicht erklären können, wie sie die sportliche Integrität der Frauenkategorie wahren würden.

Das IOC hat einen anderen Weg gewählt. Und dafür gesorgt, dass es nur Verlierer gibt: Die Sportlerinnen, die um ihren olympischen Traum gebracht werden, der Boxsport, der einmal mehr einen Skandal an der Backe hat – und nicht zuletzt Khelif, die sich allerhand Anfeindungen ausgesetzt sieht und sich gefallen lassen muss, dass intimste Details über sie vor den Augen der Weltöffentlichkeit verhandelt werden. Auch wenn das IOC das Gegenteil erreichen wollte: Der Sache der Frau hat es einen mächtigen Bärendienst erwiesen.

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