«Wenn ich eine Medaille gewinne, dann...»
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Kletterin Petra Klingler:«Wenn ich eine Medaille gewinne, dann...»

Kletterin Petra Klingler
Als Kind gehänselt – jetzt Olympia-Hoffnung

Es ist der grösste Wettkampf ihrer Karriere: Petra Klingler ist beim Olympia-Debüt vom Sportklettern als einzige Schweizerin dabei. Dabei hat es die Zürcherin in ihrer Kindheit nicht einfach.
Publiziert: 03.08.2021 um 20:10 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2021 um 09:36 Uhr
Ein Kinderspiel für Petra Klingler: Die Sportkletterin posiert auf dem Uetliberg an einer Felswand.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Matthias Dubach (Text) und Benjamin Soland (Fotos)

Eigentlich liegt Petra Klingler (29) das Klettern im Blut. Schon ihre Eltern Regula und Christof lieben das Klettern. Doch bis die Boulder-Weltmeisterin von 2016 als Kind mit dem Familien-Sport beginnen kann, braucht sie Geduld.

Klingler kommt mit einem Sichel- und einem Klumpfuss zur Welt. «Das war ein Schock, denn auf den Ultraschallbildern war es nicht erkennbar», sagt Mama Regula zu Blick.

Zur Korrektur der Fehlstellung werden Klein-Petra als Baby neun Monate lang die Füsse eingegipst. Jeden Freitag fahren die Klinglers nach Affoltern am Albis ins Kinderspital, um die Gips-Schienen erneuern zu lassen.

Als Kind muss sie Spezialschuhe tragen

Mit neun Monaten ist die Gips-Tortur vorbei. Da legt Petra sofort los. «Mit neuneinhalb Monaten konnte sie schon laufen und ist sofort überall hochgeklettert», erinnert sich die Mutter. Den Bewegungsdrang der Bonstetterin können auch die knöchelhohen Spezialschuhe nicht bremsen, die sie noch jahrelang tragen muss.

In der Schule wird Klingler wegen ihrer klobigen Schuhe gehänselt – nun in Tokio ist sie unsere grosse Hoffnung im Sportklettern, das erstmals olympisch ist. Die Medaillen gibts für die Besten einer Kombi-Wertung aus den drei Disziplinen Speed (auf Zeit klettern) Bouldern (ungesichert knifflige Stellen meistern) und Lead (20-Meter-Wand meistern). Auch deshalb sagt Klingler: «Ich mache mir keinen Druck. Es ist russisches Roulette, wer vorne sein wird.»

Hartes Training statt Hauptprobe

Darum ist sie allergisch gegen Vorhersagen. Sowohl die, die sie als Medaillenanwärterin sehen. Oder auch die wie in der «NZZ», die sie als Podestkandidatin abschreibt. «Es ist extrem schwierig einzuschätzen. Denn es gibt Athletinnen, die auf die Saison verzichtet haben und nur in Tokio starten», sagt Klingler, die selber auch auf den Heim-Weltcup in Villars VD verzichtet, obwohl dieser die Tokio-Hauptprobe ist.

«Ich habe lieber nochmals hart trainiert.» Das heisst: Selbst einzelne Finger werden bis zum blutig-werden malträtiert. Aber auch der Kopf muss ans Limit. Es werden absichtlich unmöglich scheinende Positionen eingenommen – mit dem Ziel, die mentale Kraft aufzubringen, doch irgendwie die nötigen Muskeln zu aktivieren.

Für die Vorbereitung auf den grössten Wettkampf ihrer Karriere hat Klingler drei Monate nicht mehr gearbeitet, ihr flexibler 50-Prozent-Job im Marketing der Swiss liess es zu. Ob ihr Arbeitgeber sie doch bald mit einer Medaille um den Hals zurückfliegt?

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