Die beiden Mountainbike-Stars gerieten sich einst mächtig in die Haare
Schurter und Flückiger bei Olympia – kann das gutgehen?

Nino Schurter (38) und Mathias Flückiger (35) sind die Schweizer Trümpfe für Paris. Ihre Beziehung ist seit einem Zwischenfall im Zauberwald getrübt.
Publiziert: 28.05.2024 um 11:30 Uhr
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Aktualisiert: 28.05.2024 um 19:41 Uhr
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Mathias GermannReporter Sport

Zwei Häuptlinge und kein Indianer? Das kommt selten gut. Diese böse Ahnung kann man zwei Monate vor dem olympischen Mountainbike-Rennen haben. Denn: Altmeister Nino Schurter (38) und Mathias Flückiger (35) haben das Heu seit längerem nicht auf der gleichen Bühne. Dennoch wurden beide auf Vorschlag von Swiss Cycling für den Saisonhöhepunkt nominiert – sie werden in Frankreich die Schweizer Flagge vertreten. «Das gibt Krieg», prognostiziert ein Insider. Ein anderer meint: «Schurters grösster Gegner in Paris wird Flückiger sein – und umgekehrt.»

Aber warum ist das Tischtuch zwischen den beiden Rad-Stars eigentlich zerschnitten? Tatsächlich kamen sie einst gut miteinander aus – sie waren keine Freunde, aber auch keine Feinde. Dann kam es im Juli 2022 zum berühmt-berüchtigten Zweifach-Sturz im Zauberwald von Lenzerheide GR. Wir erinnern uns: Schurter kämpfte damals bis kurz vor Schluss um seinen 34. Weltcupsieg – ein möglicher Rekord. Dann kam es, abseits der Kameras, zum Rencontre mit Flückiger, der ihn überholen wollte. Beide standen auf und fuhren weiter, aber der Sieg war dahin – Flückiger wurde Dritter, Schurter Vierter. «Du bist nicht normal!», schrie Schurter nach der Zieldurchfahrt.

Die Zahlen zum Selektionsjahr

Bilanz der Olympiaanwärter in der einjährigen Selektionsphase:

Nino Schurter: 2 Siege, 6x Podest, 7x Top 8

Mathias Flückiger: 1 Sieg, 2x Podest, 7x Top 8 (inkl. Andorra, siehe unten)

Marcel Guerrini: 3x Podest, 4x Top 8

Filippo Colombo: 1x Podest, 2x Top 8

Lars Forster: 1 Sieg, 3x Top 8 (inkl. Andorra, siehe unten)

Die Rennen im Detail:

Nove Mesto 2023

3. Schurter

7. Flückiger

8. Forster

25. Guerrini

Colombo verletzt

Lenzerheide 2023

1. Schurter

11. Flückiger

13. Forster

65. Guerrini

Colombo verletzt

Leogang 2023

1. Forster

5. Flückiger

16. Guerrini

21. Schurter

Colombo verletzt

Val di Sole 2023

1. Schurter

2. Flückiger

9. Forster

41. Guerrini

Colombo verletzt

Andorra 2023
(wegen Höhenlage für die Selektion nicht relevant)

1. Flückiger

6. Forster

12. Schurter

13. Guerrini

26. Colombo

Les Gets 2023

2. Schurter

4. Guerrini

9. Flückiger

23. Colombo

40. Forster

USA 2023

2. Schurter

3. Guerrini

4. Flückiger

9. Colombo

36. Forster

Kanada 2023

2. Flückiger

3. Guerrini

14. Schurter

15. Forster

17. Colombo

Maripora 2024

3. Colombo

18. Forster

21. Flückiger

35. Schurter

48. Guerrini

Araxa 2024

4. Colombo

6. Schurter

21. Flückiger

31. Forster

Guerrini krank

Nove Mesto 2024

2. Schurter

3. Guerrini

6. Flückiger

10. Forster

18. Colombo

Bilanz der Olympiaanwärter in der einjährigen Selektionsphase:

Nino Schurter: 2 Siege, 6x Podest, 7x Top 8

Mathias Flückiger: 1 Sieg, 2x Podest, 7x Top 8 (inkl. Andorra, siehe unten)

Marcel Guerrini: 3x Podest, 4x Top 8

Filippo Colombo: 1x Podest, 2x Top 8

Lars Forster: 1 Sieg, 3x Top 8 (inkl. Andorra, siehe unten)

Die Rennen im Detail:

Nove Mesto 2023

3. Schurter

7. Flückiger

8. Forster

25. Guerrini

Colombo verletzt

Lenzerheide 2023

1. Schurter

11. Flückiger

13. Forster

65. Guerrini

Colombo verletzt

Leogang 2023

1. Forster

5. Flückiger

16. Guerrini

21. Schurter

Colombo verletzt

Val di Sole 2023

1. Schurter

2. Flückiger

9. Forster

41. Guerrini

Colombo verletzt

Andorra 2023
(wegen Höhenlage für die Selektion nicht relevant)

1. Flückiger

6. Forster

12. Schurter

13. Guerrini

26. Colombo

Les Gets 2023

2. Schurter

4. Guerrini

9. Flückiger

23. Colombo

40. Forster

USA 2023

2. Schurter

3. Guerrini

4. Flückiger

9. Colombo

36. Forster

Kanada 2023

2. Flückiger

3. Guerrini

14. Schurter

15. Forster

17. Colombo

Maripora 2024

3. Colombo

18. Forster

21. Flückiger

35. Schurter

48. Guerrini

Araxa 2024

4. Colombo

6. Schurter

21. Flückiger

31. Forster

Guerrini krank

Nove Mesto 2024

2. Schurter

3. Guerrini

6. Flückiger

10. Forster

18. Colombo

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Im SRF-Gespräch bedauerte Flückiger danach den Vorfall, war sich aber keiner Schuld bewusst: «Gerade von Nino habe ich gelernt, frech zu fahren und zu überholen.» Dass es «gechlepft» habe, sei schade, komme aber hin und wieder vor – sie seien ja schliesslich nicht in einem Zeitfahren. Schurter dagegen sprach davon, dass Flückiger eine Niederlage, die er im Vorjahr erlitten habe, wohl noch nicht verkraftet hatte. «Er hat mich einfach abgeschossen. So etwas darf nicht passieren.»

Keine Freunde: Mathias Flückiger (l.) und Nino Schurter (r.). Seit einem Vorfall in Lenzerheide ist ihre Beziehung belastet.
Foto: KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER
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Die beiden trafen sich zum Gespräch

Nun könnte man einwenden: Das ist längst Geschichte. Und: Die beiden sind Profis und werden sich in Paris als solche verhalten. Daran besteht kein Zweifel. Aber würden sie sich im Fall der Fälle gegenseitig unterstützen? Gemäss Blick-Informationen trafen sich die beiden tatsächlich (inklusive Mediator) einmal zu einem Friedensgipfel, wo Flückiger erneut sein Bedauern wegen des Zwischenfalls geäussert hat. Auf eine öffentliche Entschuldigung verzichtete er danach aber, was wiederum Schurter enttäuschte.

«Math hatte die letzten 21 Monate viel grössere Probleme zu lösen», sagt sein Sprecher Christian Rocha. Er spricht das Doping-Theater an, das Flückiger begleitete und belastete. Mittlerweile ist er freigesprochen. «Es stimmt, dass Nino und er den Vorfall im Zauberwald ausführlich besprochen haben. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.»

Für Mountainbike-Nati-Trainer Beat Müller ist das Olympia-Zweierticket Schurter/Flückiger unproblematisch. «Mountainbike ist ein Individualsport. Nino und Mathias sind äusserst professionell unterwegs und beide stehen altersbedingt vermutlich vor ihrer letzten Chance, an Olympischen Spielen eine Medaille zu gewinnen.» Beide wüssten genau, dass sie sich auf sich fokussieren müssen, damit sie in der Lage sind, das Maximum abzurufen und auf diesem Level um die Podestplätze zu kämpfen. Und die (fehlende) Chemie zwischen ihnnen? «Sie waren schon in Trainingslagern zusammen, gingen am Abend auch aus. Aber ein Doppelbett teilen sie nicht», sagt Müller schmunzelnd. Er macht klar: Eine Stallorder werde es in Paris nicht geben, keiner müsse für den anderen fahren oder ihm helfen.

Schurter hätte es gerne gesehen, wenn Filippo Colombo (26) ein Olympia-Ticket erhalten hätte – ganz unabhängig von seinem Verhältnis zu Flückiger. Denn: Der Tessiner ist im Weltcup nicht nur sein Teamkollege bei Scott-Sram, sondern wäre auch bereit gewesen, für ihn in Paris zu schuften – so wie es Schurter auch für Colombo tun würde.

Flückiger: «Ziel ist eine Medaille»

Die Vorteile würden also nicht nur in der Vorbereitung, wo Schurter und Colombo wochenlang gemeinsam auf dem Berninapass trainiert hätten, für Schurter auf der Hand liegen. Colombo: «Wir wären die einzige Top-Nation gewesen, bei der zwei Weltcup-Teamkollegen an den Start gegangen wären. 90 Prozent der Fahrer gingen davon aus, dass ich nominiert würde. Es ist anders gekommen, nun muss ich mit dieser Enttäuschung leben.»

Schurter will derzeit öffentlich nichts sagen. Flückiger lässt dagegen ausrichten: «Ich habe viel Erfahrung und weiss, wie ich mich vorbereiten muss, um am Tag X in Bestform am Start zu sein.» Sein Ziel in Paris sei klar: «Eine Medaille.» Auch Schurter träumt an seinen 5. und letzten Sommerspielen von Edelmetall – das liess er längst verlauten. Bleibt aus Schweizer Sicht zu hoffen, dass beide Wünsche aufgehen.

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