Wie kompliziert ist ein Profi-Mountainbike gebaut?
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Alessandra Keller erklärt:Wie kompliziert ist ein Profi-Mountainbike gebaut?

«Ich will die Beste sein»
Alessandra Keller ist der unbekannte Schweizer Mountainbike-Star

Alessandra Keller startet am Sonntag in Gränichen AG als Weltnummer 1 in die neue Saison. Nach der verpassten Olympia-Quali 2021 schaffte die Nidwaldnerin mit dem Gesamtweltcupsieg den Durchbruch.
Publiziert: 19.03.2023 um 12:22 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2023 um 13:25 Uhr
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Matthias DubachLeiter Reporter-Pool Blick Sport

Diese Frau weiss genau, was sie will. «Ich bin mein eigener Trainer, ich bin eine selbstbestimmte Athletin. Ich habe gerne die Zügel selber in der Hand», sagt Alessandra Keller (27). Ihre Zielstrebigkeit brachte die Nidwaldnerin auf dem Mountainbike ganz nach oben. Keller startet als Weltnummer 1 in die neue Saison. Und das sieht man auch am Freitag im Velo-Paradies «Swiss Bike Park» in Oberried BE, der Heimat von Zweiradhersteller Thömus und von Kellers Rennteam.

Keller strotzt vor Selbstvertrauen: «Ich bin stolz, dass ich diese Saison die Gejagte bin.» Keller blüht bei der Teampräsentation auf der Bühne auf, wo einigen ihrer Teamkolleginnen und -kollegen eher die Knie zittern. Nach dem offiziellen Teil geht sie offen auf Sponsorvertreter und Teamgäste zu.

Keller liebt es, ihren Horizont zu erweitern. «Ich habe mich dank des Sports auch schon mit Multimillionären unterhalten können. Das ist enorm spannend», sagt sie. Die Nidwaldnerin mit den Zürcher Eltern interessiert sich auch für die Welt ausserhalb ihres Sports. Sie hat auch noch immer Freunde aus ihrer ETH-Zeit, auch wenn sie ihr Pharmazie-Studium 2019 auf Eis legte, Bike-Profi wurde und mittlerweile gut vom Sport leben kann.

Alessandra Keller strotzt vor Selbstvertrauen: Die Nidwaldnerin startet als Weltnummer 1 in die neue Mountainbike-Saison.
Foto: Zamir Loshi
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Beim Schweizer Olympia-Coup sass Keller daheim

Aber sie sagt auch: «Natürlich dreht sich bei mir extrem viel um den Sport. Wenn man die Beste sein will, bringt das Kompromisse mit sich.» Kompromisse im Alltag, weil es bei ihr keine Kompromisse im Sport gibt.

Flückiger startet 9000 km von Schurter entfernt

Nach der Aufhebung seiner provisorischen Doping-Sperre fährt Mathias Flückiger (34) am Sonntag beim Swiss-Bike-Cup-Rennen in Gränichen AG erstmals wieder ein Rennen in der Schweiz: «Ich will wieder vorne mitfahren, schaue aber nicht zu weit in die Zukunft.» Flückiger hat einige Argumente für seine Unschuld, doch der Dopingfall ist nicht abgeschlossen.

Zum grossen Duell mit Nino Schurter (36) kommts aber nicht. Schurter startet seine Saison rund 9000 km von Flückiger entfernt in Südafrika. Der Titelhamsterer aus Chur fährt ab Sonntag das berühmt-berüchtigte Etappenrennen Cape Epic, wo man in Zweierteams antritt. Nach seinen Cape-Epic-Siegen 2017 mit Matthias Stirnemann (31) und 2019 mit Lars Forster (29) bildet Schurter diesmal mit Andri Frischknecht (28) ein Duo.

Das internationale Prestige eines Cape-Epic-Siegs wäre auch für Schurters Ausrüster Scott reizvoll, während Gränichen für die Topfahrer ein reines Vorbereitungsrennen für den Weltcup ist. Bei Flückiger wurde am 17. Dezember die provisorische Sperre aufgehoben, erst danach habe er sich wieder mit dem Sport auseinandersetzen können.

Der Berner: «Ich musste mich nicht nur von der Leistung her, sondern auch als Person wieder bereit für einen Start fühlen. So hat sich Gränichen als erster Termin herauskristallisiert. Das Cape Epic zusammen mit meinem Bruder Lukas ist sicher was für die Zukunft.» (md)

Nach der Aufhebung seiner provisorischen Doping-Sperre fährt Mathias Flückiger (34) am Sonntag beim Swiss-Bike-Cup-Rennen in Gränichen AG erstmals wieder ein Rennen in der Schweiz: «Ich will wieder vorne mitfahren, schaue aber nicht zu weit in die Zukunft.» Flückiger hat einige Argumente für seine Unschuld, doch der Dopingfall ist nicht abgeschlossen.

Zum grossen Duell mit Nino Schurter (36) kommts aber nicht. Schurter startet seine Saison rund 9000 km von Flückiger entfernt in Südafrika. Der Titelhamsterer aus Chur fährt ab Sonntag das berühmt-berüchtigte Etappenrennen Cape Epic, wo man in Zweierteams antritt. Nach seinen Cape-Epic-Siegen 2017 mit Matthias Stirnemann (31) und 2019 mit Lars Forster (29) bildet Schurter diesmal mit Andri Frischknecht (28) ein Duo.

Das internationale Prestige eines Cape-Epic-Siegs wäre auch für Schurters Ausrüster Scott reizvoll, während Gränichen für die Topfahrer ein reines Vorbereitungsrennen für den Weltcup ist. Bei Flückiger wurde am 17. Dezember die provisorische Sperre aufgehoben, erst danach habe er sich wieder mit dem Sport auseinandersetzen können.

Der Berner: «Ich musste mich nicht nur von der Leistung her, sondern auch als Person wieder bereit für einen Start fühlen. So hat sich Gränichen als erster Termin herauskristallisiert. Das Cape Epic zusammen mit meinem Bruder Lukas ist sicher was für die Zukunft.» (md)

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Keller gilt in der Bike-Szene als top-seriös, intelligent, reflektiert, fokussiert und professionell. Aber auch als umgänglich und pflegeleicht in der Zusammenarbeit. Sie weiss, was sie will. Und was sie nicht will. «Nebenbei Juniorinnen coachen? Nein, das geht momentan nicht, ich habe genug mit mir zu tun.»

Letztes Jahr räumt die Nidwaldnerin voll ab. Keller gewinnt den Gesamtweltcup im Cross-Country als erst dritte Schweizerin nach Barbara Blatter (52) und Jolanda Neff (30). Blatter und Neff – diese zwei St. Gallerinnen sind zwei grosse Namen im Schweizer Sport.

Keller hingegen ist unser neuer, aber noch unbekannter Mountainbike-Star. Sie hat den Durchbruch in der breiten Öffentlichkeit aus einem einzigen Grund noch nicht geschafft: Keller fehlte wie schon in Rio 2016 auch an den Olympischen Spielen 2021, als die Schweizer Bikerinnen in Tokio mit Neff, Sina Frei (25) und Linda Indergand (29) sich mit ihren drei Podestplätzen in die Herzen der Schweizer Sportfans fuhren.

Mountainbike 2023

Cross Country (Short Track und Olympia-Distanz)

Weltcup:

12./14. Mai: Nove Mesto (Tsch)

9./11. Juni: Lenzerheide (Sz)

16./18. Juni: Leogang (Ö)

30. Juni/2. Juli: Val di Sole (It)

25./27. August: Vallnord (And)

8./10. September: Les Gets (Fr)

29. September/1. Oktober: Snowshoe (USA)

6./8. Oktober: Mont-Sainte-Anne (Ka)

National:

19. März: Auftakt Swiss Bike Cup Gränichen AG

26. März: Auftakt Bike Revolution Tamaro TI

SM:

2./4. Juni: Crans-Montana VS

EM:

25. Juni: Krakau (Pol)

WM:

9.-12. August: Glasgow (Scho)

Olympia:

24. September: Test-Rennen Paris (Fr)

Cross Country (Short Track und Olympia-Distanz)

Weltcup:

12./14. Mai: Nove Mesto (Tsch)

9./11. Juni: Lenzerheide (Sz)

16./18. Juni: Leogang (Ö)

30. Juni/2. Juli: Val di Sole (It)

25./27. August: Vallnord (And)

8./10. September: Les Gets (Fr)

29. September/1. Oktober: Snowshoe (USA)

6./8. Oktober: Mont-Sainte-Anne (Ka)

National:

19. März: Auftakt Swiss Bike Cup Gränichen AG

26. März: Auftakt Bike Revolution Tamaro TI

SM:

2./4. Juni: Crans-Montana VS

EM:

25. Juni: Krakau (Pol)

WM:

9.-12. August: Glasgow (Scho)

Olympia:

24. September: Test-Rennen Paris (Fr)

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Keller sass daheim. «Für mich persönlich war es hart, auch wenn mir bewusst war, dass dieses Rennen für unseren Sport grossartig war», sagt sie heute. Für die weibliche Nidwaldner Antwort auf Skistar Marco Odermatt wird die Nicht-Quali aber zum Startschuss für das Traum-Jahr 2022. «Tokio hat mich gelehrt, dass Olympia zwar wichtig ist, aber nicht alles.»

Die Tokio-Enttäuschung bricht Keller nicht, sie macht sie stärker. Letztes Jahr besiegt sie nicht nur alle drei Tokio-Überfliegerinnen, sondern die ganze Weltelite. Nach dem ersten Weltcup-Sieg über die Olympiadistanz gibts auch den Gesamtweltcup und den Triumph im Shorttrack-Gesamtweltcup. Und WM-Silber über die Kurzdistanz.

Nach drei Seuchenjahren der Durchbruch

In der Bike-Szene heisst es, dass andere Fahrerinnen hingeschmissen hätten, wenn sie wie die Nidwaldnerin während drei Jahren von Stürzen, schweren Verletzungen (2019 beide Hände gebrochen bei Crash mit Neff und 2020 Knieverletzung) und eben der gescheiterten Olympia-Quali heimgesucht worden wären.

Aufgeben kommt für Keller nicht infrage. Sie weiss, was sie will: Biken. «Das ist und bleibt meine grosse Leidenschaft», sagt die Frau aus Ennetbürgen NW. Die Leidenschaft ist so gross, dass sie sich als Kind vornimmt, alle Schweizer Pässe zu überqueren und alle Schweizer Seen zu umrunden. «40 bis 50 Pässe habe ich geschafft, ich hake sie auf einer Karte immer ab. Das Projekt gibts noch, aber ich habe nicht mehr viel Zeit dafür», sagt Keller schmunzelnd.

Nun kämpfte sich die U19- und U23-Weltmeisterin auch in der Elite-Klasse ganz nach oben. «Meine Familie hatte keine Erfahrung mit Spitzensport. Manchmal hat es schon genervt, dass wir nicht wie andere Familien den ganzen Sommer am Biken waren», sagt Keller, «ich habe mir alles selber erkämpft, weil ich es unbedingt wollte, mir wurde das Velo nie aufgedrängt.» Zumal sich der jüngere Bruder, der heute Jus studiert, nie fürs Velo interessierte.

Die Eltern unterstützen ihre schnelle Tochter aber bis heute sehr. Dazu kommt Freund Nicolas. Keller ist seit vier Jahren mit dem ehemaligen Rennfahrer zusammen, der heute in einem Bike-Shop und als Bike-Coach arbeitet. «Er ist im Sport wie mein persönlicher Berater.»

Die Eltern und ihr Freund sind es auch, die Keller nach dem Olympia-Out neuen Mut machen. «In solchen harten Zeiten lernt man, wer wirklich hinter einem steht und wer nur Teil des Projekts sein will, wenn der Erfolg da ist.»

Der Erfolg soll jetzt dauerhaft bleiben. Keller weiss, was sie will: 2023 auch an der EM und WM auftrumpfen. Und dann ist da natürlich der Olympia-Traum für Paris 2024.

«Die grösste Entwicklung gab es in der Reifenkombination»
5:39
Flückiger zeigt Rennmaschine:«Die grösste Entwicklung gab es in der Reifenkombination»
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