Gebrüder Christen wollen Rad-Feld aufmischen
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Beide bei Profis angekommen:Gebrüder Christen wollen Rad-Feld aufmischen

«Ja, wir sind Ausnahmetalente»
Brüderpaar will bei der Rad-WM für die Schweiz rocken

Im Schweizer Radsport tasten sich zwei Brüder immer mehr an die Weltspitze heran. Jetzt geht es auf eine schöne Bühne: Jan (19) und Fabio (21) Christen bestreiten am Samstag an der Rad-WM in Glasgow zusammen das U23-Rennen.
Publiziert: 11.08.2023 um 21:13 Uhr
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Aktualisiert: 11.08.2023 um 21:51 Uhr
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Mathias GermannReporter Sport

Sich etwas gönnen? Das tun Jan und Fabio Christen nur selten. «Ein bisschen Kuchen», habe es Ende Juni gegeben, als sie Geburtstag feierten. Jan wurde 19 Jahre alt, Fabio 21. Ansonsten leben sie ein asketisches Leben, fast alles ist auf den Radsport ausgerichtet. «Dabei waren wir früher beim FC Klingnau gute Fussballer. Wären wir nicht auf dem Velo, würden wir heute wohl in der Super League spielen», meint Jan. Bruder Fabio nickt.

Wir treffen die Christen-Brüder Mitte Juli im Berghotel Randolins, etwas oberhalb von St. Moritz GR. Hier bereiten sie sich auf einen ganz besonderen Moment vor. Beim WM-Strassenrennen der U23-Kategorie am Samstag bilden sie die Mehrheit des Schweizer Kontingents. Konkret: zwei der drei Startplätze. Gemeinsam mit Fabian Weiss (21) gehen die Christens auf Medaillenjagd. «Wir kennen uns in- und auswendig. Dies hilft natürlich, zwischen uns gibt es keine Geheimnisse», sagt Fabio.

Jan Christen fährt ab sofort für das Pogacar-Team

Es ist das erste Mal, dass die Geschwister aus Leuggern AG gemeinsam bei einer WM starten, letztes Jahr fuhr Jan noch bei den Junioren. Gut möglich, dass Fabio dabei die besseren Chancen auf ein Top-Resultat hat, ist die Strecke für Jan, der besser klettert, zu wenig steil. «Das wird nächstes Jahr bei der WM in Zürich hoffentlich anders sein. Dann werden wir noch einmal gemeinsam am Start stehen und ich hoffe, dass ich Weltmeister werden kann», so Jan.

Gemeinsam auf der Rad-Bühne: Die Brüder Fabio (l.) und Jan Christen posieren für Blick.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Sicher ist: Die Schweiz ist beim U23-Rennen in Glasgow nicht der Top-Favorit. Weil man im UCI-Ranking und im Nations Cup wenige Punkte holte, stellt Swiss Cycling nur eine Mini-Truppe. Gleichzeitig ist aber auch klar: Fabio und Jan sind längst keine Rad-Grünschnäbel mehr.

Fabio ist beim Team Q36.5 in der zweithöchsten Rad-Division engagiert, sagt aber: «Wir trainieren und fahren, als wären wir immer in der World Tour.» Jan dagegen ist auch offiziell in der obersten Kategorie. Seit August offiziell Teil des mächtigen Team UAE Emirates – sein Vertrag läuft bis 2028. Im Juni gewann er die Königsetappe im Baby-Giro, einem der grössten Nachwuchsrennen der Welt und bewies damit einmal mehr, welch grosses Potenzial er besitzt. «Man setzt auf mich und ich bin bereit, alles dem Sport unterzuordnen.»

Ihr Grossvater fuhr die Tour de France

Jan und Fabio stammen aus einer Radsport-Familie, schon ihr Grossvater fuhr die Tour de France, auch die Eltern waren Profis. Das Talent wurde ihnen also in die Wiege gelegt. Und auch der Ehrgeiz. Das merken wir, als wir die Brüder beim Töggelen zusehen. Fabio gewinnt die Tischfussball-Partie knapp. Jan ist angesäuert, schlägt seinen Bruder danach beim Darts-Duell. Ausgleich. Das schmeckt Fabio nicht.

Doch dann gehts aufs Rad, ganz ohne Wettkampf «Ich bin eher der Klassikerfahrer, die Rennen in Belgien liegen mir. Jan dagegen kommt auch mit den grossen Pässen gut zurecht», sagt Fabio. In der Schweiz zählen sie in ihrem Alter längst zu den Besten. Sind sie Ausnahmetalente? «Ja, auf jeden Fall», sagen beide.

Selbstvertrauen für die grossen Siege ist da

Jan ist überzeugt, eines Tages alles zu gewinnen – auch die Tour de France. Wann? «Es kommt. Ich habe Zeit und bin auf dem richtigen Weg», sagt er. Mittlerweile wird er von Iñigo San Millán trainiert. Der Spanier coacht auch Superstar Tadej Pogacar (24, Slo) und gilt als Wundertrainer.

Vor wenigen Tagen wurde Jan am Gotthard Berg-Europameister in der U23-Kategorie, beim Zeitfahren war er 2:40 Minuten schneller als der Zweiplatzierte. Wäre er bei den Profis gestartet, hätte er Silber geholt. UAE-Teamchef Mauro Gianetti: meint «Wir freuen uns sehr, dass wir Jan ermöglichen können, aufzusteigen und zu zeigen, was er drauf hat.»

Zurück ins Engadin. Die Christen-Brüder steigen vom Rad, jetzt dürfen sie entspannen. Aber gibt es das für sie überhaupt? «Sicher. Aber wir verlieren nie unsere Ziele aus den Augen, Pläuscheln gibts weder im Training noch in den Rennen.» Sicher ist: In Glasgow wollen sie der Welt eine weitere Kostprobe ihres Talents abgeben.

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