«Warum geht diese Diskriminierung weiter?»
Giro-Stars protestieren gegen Russen-Ausschluss

Wegen des Ukraine-Kriegs dürfen sieben italienische Rad-Profis nicht mehr ihren Beruf ausüben. Ist das gerecht?
Publiziert: 25.05.2022 um 14:32 Uhr
Mathias Germann

Was haben Richard Carapaz (28, Equ), Vicenzo Nibali (37, It) und João Almeida (23, Por) gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel. Sie zählen zwar zu den Stars beim aktuellen Giro d’Italia, kommen aber aus verschiedenen Ländern und tragen andere Team-Trikots. Es gibt dennoch etwas, das sie vereint: Sie tragen in Italien ein blaues Gummi-Armband mit der Aufschrift «Why?» (Deutsch: Wieso?).

Es ist ein stiller Protest. Carapaz, Nibali, Almeida und viele andere Rad-Cracks sind nicht einverstanden mit der Entscheidung des Rad-Weltverbands UCI, alle Athleten aus russischen und belarussischen Mannschaften zu sperren. Diese Massnahme wurde Anfang März als Reaktion auf den Angriff auf die Ukraine getroffen. Vor allem Gazprom-RusVelo, eine russisches Zweitdivisions-Mannschaft, trifft der Ausschluss hart.

Gianni Bugno (58, It) ist ehemaliger Rad-Profi, er wurde zweimal Weltmeister (1991 und 1992). Heute ist er Präsident der Fahrergewerkschaft CPA (Cyclistes Professionels Associés) und meint: «Wie wir alle sind die 21 Fahrer des Teams komplett gegen den Krieg und auch nicht darin involviert. Aber sie tragen die Konsequenzen. Sollte die UCI nicht sofort eingreifen, werden sie gezwungen sein, für immer mit dem Radfahren aufzuhören.»

Die Fahrergewerkschaft CPA protestiert gegen den radikalen Ausschluss aller russischen und belarussischen Teams.
Foto: SprintCyclingAgency©2022
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«Diskriminierung» angeprangert

Längst nicht alle Athleten von Gazprom-RusVelo sind Russen. Sieben Italiener, zwei Tschechen, ein Spanier, ein Norweger und ein Athlet aus Costa Rica stehen unter Vertrag. Keiner von ihnen darf mehr Rennen fahren – ganz im Gegensatz zu Russen in anderen Equipen. Marco Canola (33, It), der 2014 eine Etappe des Giro gewann, ist verzweifelt. «Warum geht diese Diskriminierung weiter?», fragt er. Er fordert die UCI auf, endlich Lösungen zu finden.

Gemäss CPA wurde allerdings die Anfrage, in einem neutralen Trikot zu starten oder die Fahrer in anderen Teams zu platzieren, abgeschmettert. Der ehemalige Schweizer Nationaltrainer Marcello Albasini kann das nicht verstehen. «Vor allem die ausländischen Fahrer sollten nicht bestraft werden. Die UCI sollte ihnen ermöglichen, zum Beispiel in Nationalmannschaften zu starten», sagt er.

Sicher ist: Die Diskussion – und auch der Protest – werden weitergehen.

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