Emotionen und Tränen in Deitingen
Für Räbmatter geht eine achtjährige Leidenszeit zu Ende

Zwei Sieger dürfen am Nordwestschweizer Schwingfest jubeln. Für Patrick Räbmatter geht mit dem Sieg an seinem Teilverbandsfest eine achtjährige Leidenszeit zu Ende.
Publiziert: 14.08.2023 um 00:52 Uhr
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Aktualisiert: 14.08.2023 um 13:32 Uhr
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Nina KöpferRedaktorin Sport

Angenehme Bedingungen sehen anders aus. Erbarmungslos brennt die Sonne in Deitingen SO vom Himmel. 30 Grad zeigt das Thermometer an, an der prallen Sonne auf dem Schwingplatz wohl noch mehr. Einer aber behält einen kühlen Kopf und überrascht alle, am meisten aber wohl sich selbst.

Patrick Räbmatter (31), der Koloss aus dem Aargau, ist es, der am Schluss seine Fäuste in die Luft reckt und aus voller Kehle seinen Siegesschrei «Jabadabadu» ins feiernde Publikum brüllt. Seine Freude ist derart unbändig, dass ihn die Emotionen schon im Sieger-Interview zu übermannen drohen. «Ich glaube, ich muss mich hinsetzen», sagt er im Sägemehlring ins Mikrofon, was ihm in diesem Moment wohl tatsächlich am liebsten gewesen ist.

Überraschung im Schlussgang

Dass der Sieger des Nordwestschweizer Schwingfests am Schluss Patrick Räbmatter heissen würde, damit rechneten im Vorfeld die wenigsten. Sein Start ins Fest misslang dem Aargauer Sympathieträger. Gegen den Berner Gast, Festfavoriten und späteren Schlussgangteilnehmer Adrian Walther (22) lag er nach wenigen Momenten auf dem Rücken. Doch dann zeigte «Räbi» Konstanz, reihte Sieg an Sieg, bis er vor dem Schlussgang plötzlich punktgleich mit dem zweiten Berner Gast, Matthias Aeschbacher (31), lag.

«Jabadabadu!» Patrick Räbmatter triumphiert am Nordwestschweizer Schwingfest.
Foto: Olivier Jenni
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Zu seinem Glück entschied das Deitinger Einteilungsgericht gegen einen Berner Schlussgang und so stand Räbmatter erneut Walther gegenüber. Spätestens hier war den meisten klar – dieser Sieg würde an den Berner gehen. Doch der Aargauer Chauffeur hielt dagegen, hatte seine Lehren aus dem ersten Gang gezogen: «Es war lange ein Krampf – bis es nach dem Griffwechsel plötzlich ganz schnell ging. Ich bin einfach überglücklich», erzählt Räbmatter nach dem Schlussgang schwer atmend. Nicht unbedingt wegen der Anstrengung, sondern wegen der Emotionen, die ihm die Tränen in die Augen drückten. Dass Aeschbacher auf dem Schlussrang 1b den Sieg mit ihm teilte, ging in diesem Moment beinahe unter.

Räbmatter hat düstere Zeiten hinter sich

Denn dass der Familienvater überhaupt noch einmal einen Festsieg bejubeln darf, war eine Zeit lang alles andere als sicher: «Ich wollte nach dem letzten Eidgenössischen aufhören. Das war der Plan.» Von solchen Rücktrittsgedanken sprach «Räbi» am Sonntag zum ersten Mal. Allzu überraschend kommt diese Aussage jedoch nicht. Das Wettkampfglück blieb dem Uerkheimer in den vergangenen Jahren fern.

Diese Schwinger schickt der Nordwestschweizer Verband ans Unspunnen

Nick Alpiger ***
Joel Strebel ***
Lars Voggensperger ***
Patrick Räbmatter ***
Andreas Döbeli ***
Tobias Widmer ***
Fabian Bader **
Oliver Hermann **
Kaj Hügli **
Sinisha Lüscher **
Jonas Odermatt **
Jan Roth **
Tim Roth **
Samuel Schmid **

Ersatz
Marius Frank **
Simon Schmutz

Nick Alpiger ***
Joel Strebel ***
Lars Voggensperger ***
Patrick Räbmatter ***
Andreas Döbeli ***
Tobias Widmer ***
Fabian Bader **
Oliver Hermann **
Kaj Hügli **
Sinisha Lüscher **
Jonas Odermatt **
Jan Roth **
Tim Roth **
Samuel Schmid **

Ersatz
Marius Frank **
Simon Schmutz

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Zudem fehlten ihm im vergangenen Jahr die finanziellen Mittel, um sein Training bei Königs-Coach Tommy Herzog (46) bezahlen zu können. Erst nach einem öffentlichen Hilferuf im Blick fand Räbmatter Sponsoren, die die Löcher in der Kasse stopften. Dennoch lief es dem Chauffeur in dieser Saison harzig. Seine Ausbeute vor dem Nordwestschweizerischen: gerade mal drei Kränze. Sein letzter Festsieg: acht Jahre her.

Mit viel Mut ans Unspunnen

Nun endlich ist das Glück zum ruhigen Giganten zurückgekehrt. «Acht Jahre habe ich auf diesen Moment gewartet. Jetzt das Teilverbandsfest zu gewinnen, ist schön. Ich freue mich wie ein kleines Kind.» Bis er es realisiert, muss er wohl eine Nacht darüber schlafen. Gross feiern wird er aber nicht – er sei kein Partylöwe, sondern ein Geniesser.

Den Blick richtet er schon Richtung Schwägalp, wo er seinen 60. Kranz in Angriff nimmt. «Und dann geht es gut gepflegt ans Unspunnen.» Welche Rolle er dort spielen wird, weiss er noch nicht. «Auf jeden Fall will ich die Nordwestschweizer unterstützen, gerade die Jungen, die einen grossen Teil der NWS-Mannschaft ausmachen.» Aber wer weiss, vielleicht wird auch in Interlaken BE nach dem einen oder anderen Gang ein «Jabadabadu» erklingen.

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